"Wir haben wieder eine Überzeugung"

FCI-Sportdirektor Thomas Linke spürt nach dem Trainerwechsel neuen Glauben im Team

29.11.2016 | Stand 02.12.2020, 18:59 Uhr

Dario Lezcano (links) schleppt sich schon seit Beginn der Sommervorbereitung mit Oberschenkelproblemen durch die Saison. - Fotos: Bösl

Ingolstadt (DK) Zwei Spiele, vier Punkte - die Ausbeute des neuen FCI-Trainers Maik Walpurgis ist bereits doppelt so groß wie die seines Vorgängers Markus Kauczinski in zehn Partien. Trotzdem müssen die Ingolstädter bis zur Winterpause weiter Boden gutmachen, um in der Rückrunde eine realistische Chance auf den Klassenerhalt zu haben. Sportdirektor Thomas Linke (kleines Foto) zog nach dem Trainerwechsel ein erstes Zwischenfazit und sprach über . . .

 

den vergebenen Sieg beim 1:1 gegen den VfL Wolfsburg: Ich glaube, mit dem Punkt war am Ende keiner zufrieden, aber mit der Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, schon. Das war sehenswert. Jeder Fan war begeistert und wird wiederkommen. Das ist das Wichtigste, dass wir wieder eine Überzeugung in der Mannschaft haben, dass wir Spiele gewinnen und gegen jeden Gegner mithalten können.

die Punktausbeute seit dem Trainerwechsel und Hochrechnungen bis zur Winterpause: Wir möchten so viele Punkte wie möglich holen, aber rechnen hilft in diesem Moment wenig. Wenn vorher jemand gesagt hätte, dass wir gegen Darmstadt und Wolfsburg vier Punkte machen, hätte das jeder unterschrieben. Man muss beide Spiele zusammen sehen. Klar tut das 1:1 gegen Wolfsburg weh, aber wir hätten in Darmstadt auch verlieren können.

die Veränderungen unter Maik Walpurgis: Die Mannschaft war auch vorher nicht desolat. Es haben am Ende ein, zwei Prozent an Überzeugung gefehlt. Das ist schon viel. In Darmstadt hatten wir einfach das Glück, dass wir gleich im ersten Spiel mit dem neuen Trainer die Überzeugung zurückgewonnen haben. Man hat dann gegen Wolfsburg gesehen, dass deutlich mehr Überzeugung da war, den Gegner bezwingen zu können. Das hat in der Vergangenheit aufgrund der Negativserie gefehlt, die natürlich am Glauben gezehrt hat. Wenn man ein Erfolgserlebnis hat, explodieren plötzlich die gleichen Spieler, und man kennt sie nicht wieder. Jetzt haben wir den ersten Sieg, und schon geht es in die andere Richtung. Die gleichen Spieler, die vorher nur 98 Prozent ihres Leistungsvermögens ausschöpfen konnten, sind jetzt wieder bei 100 Prozent. Im Fußball ist der Kopf sehr wichtig.

die Rückkehr zum Pressing: Nach der erfolgreichen Zeit, die eng mit dem Namen Ralph Hasenhüttl verbunden war, gab es ein Vakuum in den Köpfen der Spieler. Man hat in in den letzten fünf Spielen der vergangenen Saison nicht gewinnen können. Das hat sich dann übertragen auf die neue Saison, und schließlich kommt man an einen Punkt, wo einem nur Erfolgserlebnisse helfen. Dann ist die Frage: Wie bekommt man den Glauben zurück? In der Mannschaft steckt das aktive nach vorne verteidigen, aber dafür muss man die Kampfzone eng bekommen.

die Aussagen von Spielern, dass sie jetzt wieder wüssten, wohin sie laufen sollen: Ich war in den meisten Besprechungen dabei und hatte das Gefühl, dass ich als Spieler wüsste, wo ich hinlaufen müsste. Auf die Frage, was der neue Trainer anders macht, wird dann die Antwort gleich so ausgelegt, dass das vorher nicht so war. Diese Diskussion will ich aber nicht zulassen. Ich bin immer noch der Überzeugung, dass Markus Kauczinski ein richtig guter Trainer ist. Wir hatten kein Spielglück, warum auch immer. Ich führe es zurück auf den abhanden gekommenen Glauben. Alles andere finde ich unfair.

den Kandidatenkreis und wodurch Maik Walpurgis überzeugt hat: Wir hatten zu Beginn 30, 40, 50 Namen auf der Liste, später waren es noch fünf bis zehn, aber es gab keinen Favoriten. Wir waren für alles offen. Man konnte das in unserer Situation nicht richtig abschätzen, deswegen waren die Gespräche so interessant, um Eindrücke zu gewinnen. Für uns ging es in erster Linie darum, überhaupt jemanden zu finden, der von dem überzeugt ist, was wir in den vergangenen Jahren hier angestellt haben. Und der den absoluten Glauben daran hat, das Ziel Klassenerhalt zu schaffen. Maik war in diesen Gesprächen am überzeugendsten.

den Zeitpunkt des Trainerwechsels: Wichtig war ein neuer Impuls. Am Ende war es der naheliegendste Schluss, den Trainer auszutauschen, auch wenn man der Überzeugung ist, dass er gut ist. Ob es der richtige Zeitpunkt war, werden wir nach der Saison wissen.

die Bedeutung von Cotrainer Michael Henke: Für die beiden neuen Trainer ist es nicht verkehrt, wenn einer dabei ist, der das Ganze einschätzen kann, Erfahrung mitbringt und die Jungs näher kennt. Insofern profitiert Maik von Michael, von dem die Mannschaft ja auch schon die Arbeitsweise kennt. Am Ende entscheidet aber der Cheftrainer, mit wem er zusammenarbeiten will. Der Cotrainer ist sein wichtigster Ansprechpartner, da muss man als Verein offen dafür sein, dass der neue Chef sich den selbst aussuchen kann. Maik und Michael haben sich zusammengesetzt und gespürt, dass die Chemie stimmt. Das war auch für uns schön, dass das in der Konstellation so gekommen ist.

die anhaltenden Verletzungssorgen bei Dario Lezcano, der seit der Vorbereitung über Probleme am Oberschenkel klagt: Wir versuchen, einen Spagat hinzubekommen. Auf der einen Seite hat er die Qualität, die die Mannschaft braucht. Auf der anderen Seite braucht er eine 100-prozentige Fitness, um die Qualität in die Mannschaft zu bringen. Aktuell ist er immer wieder leicht angeschlagen. Im laufenden Bundesligabetrieb ist es schwierig, ihn auf 100 Prozent zu bekommen. Generell haben es die Nationalspieler nicht leicht, weil sie in den Länderspielpausen, in denen man mit den Spielern arbeiten könnte, weite Reisen zurücklegen müssen.

die neue Rolle von Anthony Jung auf der linken Außenbahn: Anthony ist sehr variabel. Er kann auf der Sechs spielen, im Nachwuchs habe ich ihn schon in der Innenverteidigung gesehen oder auch links hinten und links vorne. Was der Trainer daraus macht, muss er wissen. Wichtig ist, dass er Spieler hat, die auf mehreren Positionen einsetzbar sind.

Transfers: Wir haben absolutes Vertrauen in unseren Kader und sind überzeugt, dass wir in dieser Besetzung in der Bundesliga bestehen können. Es ist nicht zwingend notwendig, im Winter etwas zu ändern. Ich kann es aber nicht kategorisch ausschließen, weil wir auch auf etwaige Verletzungen reagieren können müssen.

das kommende Spiel in Bremen: Wenn man die Werder-Offensive mit Gnabry, Pizarro und Kruse anschaut, ist die schon außergewöhnlich. Von daher müssen wir schauen, dass wir gut verteidigen und unsere Stärken einsetzen, um wieder punkten zu können.