Ingolstadt
"Die Mannschaft hat sich gewehrt"

FCI-Sportdirektor Angelo Vier erkennt beim 1:1 in Darmstadt die richtige Reaktion

12.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:42 Uhr
In regem Austausch: FCI-Sportdirektor Angelo Vier (links) und Chefcoach Stefan Leitl. −Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Der FC Ingolstadt wartet seit fünf Spielen auf einen Sieg. Zuletzt gelang den Schanzern nach drei Niederlagen in Folge wenigstens ein 1:1 beim Tabellen-17. SV Darmstadt 98. FCI-Sportdirektor Angelo Vier äußert sich zur aktuellen Situation.

Was ist der Punkt gegen Darmstadt wert?

Angelo Vier: Wenn wir das Spiel anschauen, ist das 1:1 viel wert, weil die Mannschaft eine ordentliche Leistung gezeigt hat. Die Spieler haben sich in die Zweikämpfe reingehauen, haben sich gegenseitig unterstützt und sind auch nach dem Gegentor stabil geblieben. Die Mannschaft hat sich gewehrt. Wenn sie das weiter so macht, wird sie auch ihre Punkte holen.

"Wenn Kutschke die beiden Elfmeter verwandelt, sprechen wir nicht über die ganze Situation."

 

 

 

 

Also stand das Auftreten über dem Ergebnis?

Vier: So ist es. Wir müssen die Situation nüchtern analysieren. Wir waren zuletzt ja nicht die schlechtere Mannschaft, sondern haben die Spiele in den entscheidenden Momenten nicht in unsere Richtung schieben können. Das haben wir dieses Mal gemacht, obwohl fünf Stammspieler gefehlt haben.

 

Die Gegner werden aber nicht leichter. Hat man in Darmstadt nicht eine Chance verpasst, das Polster zu vergrößern? Die Situation bleibt gefährlich, der Abstand auf den Relegationsplatz beträgt weiterhin nur vier Punkte.

Vier: Das ist in der Liga einfach so. Bis zu Platz fünf muss sich jeder mit dem Abstieg beschäftigen. Wir haben noch acht Spiele. Wenn wir mit einer solchen Leidenschaft in diese Begegnungen reingehen wie in Darmstadt, werden wir noch genügend Punkte holen. Da bin ich sicher. Wir müssen nur auf uns schauen und nicht auf andere Dinge.

 

Hat das Trainerteam mit der taktischen Umstellung richtig reagiert?

Vier: Ja, sicher. Das Trainerteam hat die Mannschaft gut eingestellt und den richtigen Matchplan mitgegeben. Die Spieler haben das gut umgesetzt.

 

Man wollte nach der Winterpause mit spielerischen Mitteln und mehr Ballbesitz den Gegner dominieren. Das hat nicht funktioniert. Hätte man früher zur ursprünglichen Ausrichtung zurückkehren müssen?

Vier: Da muss man mal die Kirche im Dorf lassen. Die Ausrichtung wurde zusammen mit der Mannschaft erarbeitet. Durch die Erfolge vor der Winterpause wurde das Spiel anders, weil sich die Gegner darauf eingestellt haben, tiefer standen und wir dadurch mehr Ballbesitz hatten. Wir hatten gegen Duisburg und Bochum auch die Chance durch die Elfmeter in Führung zu gehen. In der Hinrunde ist uns das öfter gelungen, und dann haben wir auch gewonnen. In den Spielen hängt es oft nur von Kleinigkeiten ab, wie sie verlaufen.

 

Durch die Umstellung zu mehr Ballbesitz hat die Mannschaft aber doch nicht mehr klare Chancen kreiert als in der Vorrunde. Die Tore entstanden häufig nach Standardsituationen.

Vier: Da widerspreche ich. Wir hatten am Anfang nicht so viel Ballbesitz und Chancen. Das hat sich die Mannschaft Schritt für Schritt erarbeitet. Dann kam immer mehr Ballbesitz, wir hatten Freistöße und Standards und verzeichneten immer mehr Torschüsse als der Gegner. Diese Chancen muss man dann eben auch nutzen. Das ist sicher ein Manko in dieser Saison, dass sich die Mannschaft für ihren Aufwand nicht belohnt. Auch in Darmstadt sind wir wieder vier Kilometer mehr gelaufen als der Gegner. Aber wir hatten zuletzt nicht das Glück auf unserer Seite. Das müssen wir uns wieder erarbeiten. Jedes Wochenende.

Durch die Saison zieht sich aber auch eine Abschlussschwäche. Hätten Sie da im Angriff in der Winterpause nicht zwingend nachbessern müssen? Der nächste Gegner Dynamo Dresden hat mit Moussa Koné ja auch eine Verstärkung gefunden.

Vier: Gut, Koné hat jetzt einige Male getroffen. Aber wir haben mit Stefan Kutschke und Dario Lezcano Stürmer mit besonderer Qualität. Wir haben auch noch andere gute Offensivspieler. Da hat vor der Saison jeder gesagt, wie gut wir personell aufgestellt sind, und wir wurden in die Favoritenrolle geschoben. Außerdem sieht man, dass sich auch andere Mannschaften schwer tun, wenn ein solcher Stürmer wegbricht. So wie in Nürnberg mit Mikael Ishak oder Berlin mit Sebastian Polter.

 

Das war aber nach dem Ende der Transferperiode.

"Die Mannschaft hat wieder ein Gefühl dafür bekommen, wie sie erfolgreich ist."

 

 

Vier: Man muss festhalten: Wir haben es versucht, uns zu verstärken. Aber es ist nicht so einfach, es gab keine Möglichkeit, einen sinnvollen Transfer zu realisieren. Außerdem ist es bei uns einfach nicht optimal gelaufen. Lezcano hat sich verletzt, und Kutschke hat die beiden Elfmeter nicht verwandelt. Macht er das, sprechen wir jetzt nicht über diese ganze Situation. Aber da müssen wir durch, auch Kutschke.

Jetzt kommt am Sonntag mit Dynamo Dresden das nächste wegweisende Duell im Abstiegskampf. Danach ist Länderspielpause. Werden Sie im Fall einer Niederlage auf der Trainerposition reagieren?

Vier: Mit diesem Fall beschäftige ich mich nicht. Wir gehen den Weg mit unserem Trainerteam weiter. Es war für alle Beteiligten wichtig zu sehen, wie die Mannschaft in Darmstadt auftritt. Ich bin überzeugt, dass das Team die Marschroute weiter umsetzt.

 

Sie haben in der Winterpause angekündigt, die Verträge mit Alfredo Morales, Max Christiansen und Tobias Levels verlängern zu wollen. Wie ist der Stand?

Vier: Wir sind in Gesprächen auf einem bestimmten Stand, aber mehr gibt es dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu sagen. Die Spieler haben dazu auch ihre Gedanken.

 

Max Christiansen kam erst in den vergangenen beiden Spielern wieder zum Einsatz, hat davor aber keine Rolle im Team gespielt. Wie bewerten Sie seine Entwicklung?

Vier: Wir haben mit Max geredet, was uns fehlt. Er hat dann angefangen, an den Defiziten im physischen Bereich zu arbeiten. In Darmstadt hat er sich reingehauen. Das muss sein Anspruch sein, da weiterzugehen. Wie viel Einsatzzeit er bekommt, liegt vor allem an ihm.

 

Wenn Sie auf die Tabelle schauen und sehen, dass der Tabellendritte immer noch nicht vom Fleck kommt, ärgern Sie sich da um so mehr über die verpassten Gelegenheiten?

Vier: Das bringt nichts. Darauf verschwende ich keine Energie. Wir müssen einfach weiter arbeiten. Die Liga ist so eng, dass man erst vom Aufstieg redet und zwei Wochen später dann auf einmal vom Abstieg. Ich blicke da nicht zurück. Wir können in den acht Spielen noch viele Punkte holen, das ist unser Ziel.

 

Ist die letzte Saisonphase für Sie auch ein Charaktertest, auf welche Spieler Sie in der kommenden Saison bauen können?

Vier: Das ist für jeden einzelnen ein wichtiger Hinweis für seine Entwicklung. In solchen schwierigen Phasen lernt man am meisten. Jetzt liefen zwei, drei Wochen nicht so gut, und schon ist alles schlecht. Das ist mir zu extrem. So bewerten wir das auch nicht. Wir sehen das im Ganzen. Wir können immer noch zeigen, wozu wir in der Lage sind. Das hat die Mannschaft in Darmstadt getan. Sie hat wieder ein Gefühl dafür bekommen, wie sie erfolgreich ist. Das ist das Wichtigste.

 

Die Fragen stellte

Gottfried Sterner.