Berlin
Stimmungstief in Köpenick

Trotz Tabellenplatz vier rumort es bei Union Berlin Mit dem neuen Trainer Hofschneider soll der Aufstieg gelingen

14.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr

Berlin (DK) Diese Personalentscheidung war ein deutliches Zeichen. Auf Platz vier in der 2. Fußball-Bundesliga liegend, entließ Union Berlin zu Beginn der vergangenen Woche für viele überraschend Cheftrainer Jens Keller. "Das zeigt, wie hoch der Anspruch der Berliner ist. Dort will man offensichtlich unbedingt aufsteigen", kommentierte Stefan Leitl, Cheftrainer des FC Ingolstadt, die Vorgänge.

Das Vertrauen der Verantwortlichen in die Arbeit Kellers, der zuvor mit seiner Mannschaft dreimal nicht gewonnen hatte, war offenbar dahin. Die erhoffte Weiterentwicklung der ambitionierten Köpenicker schien zu stocken - das reichte. Denn in der Tabelle rangierte Union zu diesem Zeitpunkt als Vierter punktgleich mit dem Dritten 1. FC Nürnberg und hatte somit noch alle Chancen.

Leitl wunderte sich deshalb über die Freistellung: "Wenn ein Trainer mit seiner Mannschaft auf Rang vier liegt und dann gehen muss, kommt man schon auf den Gedanken, dass vielleicht nicht alles richtig ist in unserer Gesellschaft." Starke Worte.

André Hofschneider, der im Jahr 2017 gemeinsam mit Leitl den Fußballlehrer-Lehrgang in Köln absolvierte, steht unterdessen vor einer großen Herausforderung. So ließ die Mannschaft bei seinem Debüt in der Vorwoche bestenfalls aufgrund der etwas solideren Defensivarbeit eine gewisse Steigerung erkennen. Insgesamt wirkte die Mannschaft aber weiterhin ideenlos und ohne Selbstvertrauen. Das 0:1 gegen Dresden, die erste Heimniederlage für Union, war die logische Folge.

Im Anschluss meldeten sich mit Stürmer Sebastian Polter und Abwehrchef Toni Leistner zwei wichtige Spieler zu Wort und monierten die mangelnde Kritikfähigkeit innerhalb des Teams. "Wenn man jemandem etwas sagt, ist es schwierig bei dem einen oder anderen. Man muss mit Kritik umgehen können, sich etwas sagen lassen. Das ist ein Lernprozess", hatte Leistner im "Kicker" gehadert.

Polter schlug in die gleiche Kerbe: "Es geht darum, von dem einen oder anderen einzufordern, kritikfähig zu sein im Umgang miteinander, dass man auch etwas annimmt, wenn ein Mitspieler etwas sagt."

Neben der taktischen Ausrichtung dürfte es somit zu den ersten Aufgaben Hofschneiders gehören, wieder eine Erfolg versprechende Struktur in den Kader zu bringen. Von Aufstiegseuphorie ist bei den "Eisernen" derzeit jedenfalls wenig zu spüren.

Beim Jahresausklang heute Abend gegen Ingolstadt (18.30 Uhr) hoffen die Berliner dennoch auf den Stimmungsumschwung und einen versöhnlichen Abschluss. Nach inzwischen vier Spielen ohne Sieg steht die Mannschaft des neuen Trainers gehörig unter Zugzwang. Mit einem Erfolg könnten die Köpenicker den unmittelbaren Tabellennachbarn distanzieren und Boden im Aufstiegskampf gutmachen. "Wir haben jetzt ein total wichtiges Spiel, um mit einer gewissen Stimmung in die Winterpause zu gehen. Diesem Spiel gilt meine ganze Konzentration", sagte Hofschneider.

Im neuen Jahr warten auf Union nacheinander gegen Holstein Kiel, den 1. FC Nürnberg, Arminia Bielefeld und Fortuna Düsseldorf vier weitere richtungsweisende Spiele. Diese hat Hofschneider noch nicht im Blick. "Da ist eine Vorbereitung dazwischen. Da ändert sich für mich so viel. Das Spiel jetzt gegen Ingolstadt hat für mich einhundertprozentige Priorität", sagte Hofschneider.