Nürnberger "Punkteklau"

12.12.2010 | Stand 03.12.2020, 3:21 Uhr

Sinsheim (DK) Eigler! "Ausgerechnet Christian Eigler! Das werden jetzt viele sagen", meinte Nürnbergs Torschütze nach dem 1:1 bei der TSG 1899 Hoffenheim. Seine Augen leuchteten, der erfolgreiche Joker, so schien es, grinste sich eins.

Ausgerechnet Eigler hatte einer aus Club-Sicht unbefriedigenden Begegnung am Ende noch eine unerwartete Wendung gegeben. "Bei allem Respekt vor Nürnberg, so ein Spiel darfst du dir nicht mehr nehmen lassen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Nürnberger kurz vor ihrem Ausgleich selbst noch dran geglaubt hätten", klagte Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick hinterher.

Eine einzige Szene hatte dem Club gereicht, um den vollends überlegenen und verdient durch Marvin Comppers Kopfballtor (56.) führenden Hoffenheimern "zwei Punkte zu klauen" (Rangnick). Ein blitzgescheiter Pass des zuletzt auf der Bank schmorenden, diesmal aber von Start weg guten Bayern-Leihspielers Mehmet Ekici und der kaltschnäuzige Abschluss des zehn Minuten zuvor eingewechselten Eigler brachten in der 87. Minute den glücklichen Ausgleich und machten den gebürtigen Schwabacher zu einem kleinen Helden dieses 16. Erstliga-Spieltags.

Seit der 26-Jährige 2008 aus Bielefeld nach Nürnberg gekommen war, sind die beinharten "Clubberer" mit dem fränkischen Angreifer nicht so recht warm geworden. Dass er einst seine Tore für den Erzrivalen Greuther Fürth schoss, hat ihm mancher nie verziehen. Dabei ist Eigler doch der Mann für die wahrhaft wichtigen Treffer, das hat er schon mehrfach bewiesen.

Zuletzt schoss er das arg nötige 1:0 im Relegations-Hinspiel gegen Augsburg. Seitdem gelang ihm nur wenig, und auf der Tribüne wurde er vielfach mal wieder für kaum erstliga-tauglich befunden. Jetzt beendete Eiglers Treffer den Negativtrend, zog einen Schlussstrich unter die Serie von vier Niederlagen. "Wichtige Tore zu machen, ist ein tolles Gefühl. Zwischendrin mal ein unwichtiges Tor wäre mir aber auch Recht", so Eigler.

Über dessen Stärken und Schwächen FCN-Coach Dieter Hecking in Hoffenheim gar nicht groß reden mochte: "Einige Leute haben Christian Eigler schon längst in eine Schublade gesteckt. Mir geht Schubladen-Denken immer auf den Geist."

Deshalb wollte Hecking am Samstag auch nicht so sehr über Eiglers Treffer jubeln: "Ich habe mich viel zu sehr geärgert, um mich richtig zu freuen."

All die Begeisterung nach Nürnbergs Erfolgen im Herbst, den Siegen gegen Schalke, Bremen und Wolfsburg, war dem Westfalen genauso suspekt wie die tiefe Depression nach zuletzt vier Niederlagen. Hecking mags eher nüchtern: "Wir haben schon besser gespielt und verloren. Diesmal haben wir glücklich gepunktet. Wir müssen aus Fehlern lernen, und diesmal haben wir zu viele Fehler gemacht."

Vor allem die zahlreichen Fehlpässe der schwächelnden Mittelfeld-Stützen Ilkay Gündogan und Timmy Simons nervten den Coach. Dass ausgerechnet Gündogan, den Hoffenheim bereits im letzten Sommer verpflichten wollte und an dem die Kraichgauer noch immer Interesse haben, diesmal einen schwachen Tag hatte, sei eben "eine Geschichte, die ein solches Spiel schreibt", so der Club-Coach.

Auf das kommende Wochenende indes freut sich Hecking ganz besonders. Denn dann gibt es für ihn ein Wiedersehen mit seinem Ex-Klub Hannover 96, und der könnte derzeit sogar eine Niederlage in Nürnberg verschmerzen. An Gastgeschenke glaubt Nürnbergs Trainer, der noch immer in Bad Nenndorf, 30 Kilometer vor den Toren Hannovers, seinen Wohnsitz hat, freilich nicht.

Und daher ist er auch ganz froh, dass Javier Pinolas Sperre nach der Spuckerei im Derby bei den Bayern nun abgelaufen ist. Zwar vertrat der 18-jährige Marvin Plattenhardt den Linksverteidiger in Hoffenheim so gut, dass sich ernsthaft die Frage stellt, ob Pinolas Rückkehr ins Team tatsächlich eine logische Folge ist. Doch daran ließ Hecking keinen Zweifel. Zuvor aber werde er sich den Argentinier noch einmal zur Brust nehmen. "Ich habe ihn seit dieser Geschichte in Ruhe gelassen, habe über dieses Thema mit ihm nie gesprochen. Jetzt werde ich ihm schon noch einmal klar machen, dass er nun unter besonderer Beobachtung stehen wird."