Mainz
Eine Mannschaft ohne Stars

28.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

Mainz (DK) Seit Jahren klingeln im Sommer die Kassen des FSV Mainz 05 lauter als die Glocken des Doms in der Altstadt. Allein die beiden Verkäufe von Shinji Okazaki und Johannes Geis haben dem Fußball-Bundesligisten in der aktuellen Transferperiode 23 Millionen Euro eingebracht. Fuchs, Szalai, Holtby, Schürrle, Müller. Nun Okazaki und Geis. Sie alle sind als No-Names an den Bruchweg gekommen und haben ihn in Richtung eines großen Vereins verlassen. Für die Rheinhessen, beim Saisonstart Gastgeber für den FC Ingolstadt, war das finanziell ein Reibach. Manager Christian Heidel ist angesichts der Transfererlöse längst der Star bei den Nullfünfern. Zumal die Mainzer die Abgänge immer gut kompensiert haben. Vieles deutet darauf hin, dass ihnen das erneut gelingt.

Kann Mainz 05 die Lücken von Johannes Geis und Shinji Okazaki füllen? Geis war für seine 21 Jahre ein herausragender Sechser. Einer mit tollen langen Bällen und hervorragenden Freistößen und Eckbällen. Allerdings auch einer, dem die Dynamik fehlte. Insofern steckt in dem Weggang des U 21-Nationalspielers die Chance, variabler zu werden. Geis-Nachfolger Fabian Frei interpretiert die Rolle offensiver und hat mehr Tempo in seinen Aktionen. Wesentlich schwieriger dürfte es sein, die Lücke zu füllen, die Okazaki hinterlässt. Der Japaner traf in 70 Spielen 29-mal für Mainz. Neuzugang Florian Niederlechner hat noch keine Minute Bundesliga-Erfahrung. Pablo de Blasis wartet noch auf seinen Durchbruch.

 

Wer wird der nächste Top-Verkauf von Manager Christian Heidel? Drei Kandidaten tun sich hervor: Yunus Malli, wenn er endlich zu mehr Konstanz findet. Loris Karius, wenn er die Leistungen der Hinrunde der vergangenen Saison bestätigt. Und Stefan Bell, wenn seine Entwicklung weiter so rasant voranschreitet. Alle drei eint: Sie sind jung und mit langfristigen Verträgen ausgestattet. Da ließe sich jeweils eine hohe Ablösesumme herauskitzeln.

 

Ist Trainer Martin Schmidt mehr Klopp oder mehr Tuchel? Der Schweizer ist eine Mischung aus beiden. Vom Menschlichen her kommt er Jürgen Klopp näher. Seine Spielphilosophie ähnelt der von Thomas Tuchel, den die Mainzer Fans immer respektiert, aber nie geliebt haben. Das ist bei Schmidt anders. Sein lockeres Auftreten, seine spannende Vita (vom Schafhirten zum Bundesligatrainer) und seine coolen Sprüche bringen ihm viele Sympathien ein.

 

Nutzt sich der Schmidt-Stil ab? Als Nachfolger von Kopfmensch Kasper Hjulmand hatte es Bauchmensch Martin Schmidt im vergangenen Februar verhältnismäßig leicht. Im Gegensatz zum etwas drögen dänischen Fußballfachmann aktivierte der Eidgenosse die Mainzer Tugenden und hauchte der verunsicherten Mannschaft rasch neues Leben ein. In dieser Saison wird sich zeigen, wie nachhaltig das Konzept von Schmidt ist. Er selbst sagte kürzlich: „Das Feuer muss man immer wieder neu entfachen.“ Der 48-Jährige ist intelligent genug, sich stets zu hinterfragen. Die Mannschaft steht voll hinter ihrem Coach. In der Vorbereitung ist bislang eine große Begeisterung zu spüren.

 

Bleibt Christian Heidel ewig beim FSV Mainz 05? Er ist der Transferkönig der Liga, entdeckt seit Jahren Spieler- und Trainertalente und erwirtschaftet immer wieder Überschüsse. Eigentlich müsste Hei-del von anderen Klubs umgarnt werden. Doch die Konkurrenz kann sich einen Anruf wohl sparen. Es dürfte schwer werden, den früheren Automobilhändler aus der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt loszueisen. Das ist seine Heimat, hier ist er aufgewachsen, hier hängt sein Herz. Sein Vater war jahrelang Bürgermeister und Baudezernent. Mainz einmal den Rücken zu kehren, käme für ihn wohl nicht infrage, zumal Heidel kürzlich betonte: „Titel reizen mich gar nicht.“

 

Abgänge: Johannes Geis (Schalke/12 Mio.), Shinji Okazaki (Leicester City/ 11 Mio.), Sebastian Polter (Queens Park Rangers/2,3 Mio.), Stefanos Kapino (Olympiakos Piräus, 2 Mio.), Julian Koch (Düsseldorf, 300 000), Damian Roßbach (Sandhausen/ablösefrei), Dani Schahin (FSV Frankfurt/Leihe), Besar Halimi (FSV Frankfurt/Leihe), Sami Allagui (Hertha/Leihende), Jonas Hofmann (Dortmund/Leihende), Nicolas Cas-tillo (FC Brügge/Leihende), Nikolce Noveski (Ziel unbek./ablösefrei), Júnior Díaz (Ziel unbek./ablösefrei).

 

Zugänge: Fabian Frei (FC Basel/3,6 Mio.), Yoshinori Muto (FC Tokio/2,8 Mio.), Florian Niederlechner (Heidenheim/2 Mio.), Besar Halimi (Stuttgarter Kickers/400 000), Danny Latza (Bochum/ablösefrei), Maximilian Beister (Hamburg/ablösefrei), Leon Balogun (Darmstadt/ablösefrei), Henrique Sereno (Kayserispor/ablösefrei).

 

 

Nächste Folge: Trainer Viktor Skripnik setzt mit dem SV Werder Bremen weiter auf junge Spieler. Allerdings muss er auch das Abwehrproblem lösen.