Der
Daums Psychotricks

26.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr

Der VfB Stuttgart sucht einen neuen Trainer. Anforderungsprofile werden erstellt und Namen in den Lostopf geworfen, ehemalige Spieler befragt und auch die Fans geben ihren Favoriten preis. „Wir brauchen einen Trainer, der den Spielern auf dem Platz die Eier einimpft“, forderte VfB-Legende Hansi Müller bei „Sport 1“. „Er muss die Mannschaft so ansprechen, dass die Spieler den Funken überspringen lassen auf das Publikum.“ Emotionen, Leidenschaft, Feuer also. Auf wen trifft das zu? Stimmt. Es kann nur einen für diese Mission geben: Christoph Daum, der Motivator und Um-Ein-Haar-Bundestrainer. Denn seit März 2014 ist der Meistercoach ohne Job. Seither ist es still geworden um den Mann, der Spieler über glühende Kohlen und Glasscherben spazieren ließ. „Wichtig ist, dass er jetzt eine klare Linie in sein Leben bringt“, sagte einst Lothar Matthäus zu Daum – allerdings zu seinem damaligen Kokain-Problem. Aber Matthäus’ Zitat passt auch zur derzeitigen Entwicklung von Daums Trainerkarriere. Schließlich könnte sich dessen Linie nun ja beim VfB Stuttgart fortsetzen.

Daum jedenfalls ist nicht abgeneigt. „Robin Dutt kann mich jederzeit anrufen, ich würde abheben“, sagte er jetzt mit Blick auf den Sportvorstand des Bundesligisten. Aus seinem reichen Erfahrungsschatz hat er auch bestimmt das richtige Werkzeug parat, um den Traditionsverein aus dem Tabellenkeller zu führen – vielleicht ja sogar mit der Staubsaugervertreter-Mentalität. Als Daum noch Trainer in Leverkusen war, prägte er diesen Begriff und half Ulf Kirstens Ladehemmung damit zu überwinden. Was dahinter streckt? Einfach immer wieder auf das Tor schießen (so wie die Vertreter den Fuß in den Türspalt klemmen), irgendwann wird der Ball schon reingehen, lautete die Psychobotschaft des Trainers. Es half: Kirsten schoss aus allen Rohren und bald zappelte der Ball wieder im Netz. Aber vielleicht gilt die Staubsaugervertreter-Mentalität auch für Daum höchstpersönlich: Bei jedem freien Trainerjob sich anbieten, irgendjemand wird einen dann schon einstellen. Vielleicht ja sogar der VfB Stuttgart. Timo Schoch