Schwäbisch Hall
Football-Spektakel ohne Happy End

Ingolstadt Dukes verlieren nach starker Leistung 53:65 beim Bundesliga-Tabellenführer Schwäbisch Hall

18.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:56 Uhr

Sensation verpasst: Lorenz Regler (rechts) erzielte beim Gastspiel in Schwäbisch Hall für die Ingolstadt Dukes zwei Touchdowns. Am Ende mussten sich die Gäste knapp geschlagen geben. ‹ŒArch - foto: Rimmelspacher

Schwäbisch Hall (DK) "Das ist für mich auf jeden Fall ein Play-off-Kandidat." Jordan Neumann, der Headcoach der Schwäbisch Hall Unicorns, war nach dem 65:53-Erfolg seines Team gegen die Ingolstadt Dukes voll des Lobes über den Aufsteiger in die 1. Football-Bundesliga.

In der Tat boten die Herzöge eine überragende Leistung und bereiteten dem zweifachen deutschen Meister große Probleme. Da konnte auch der sonst eher zurückhaltende Dukes-Headcoach Eugen Haaf nicht widersprechen. "Ich kann ja nach diesem Spiel nicht mehr sagen, dass für uns nur der Klassenerhalt zählt. Klar, wir wollen in die Play-offs", sagte er mit einem Schmunzeln.

Haaf sah sich im Nachhinein auch in seiner Personalpolitik bestätigt: "Es war richtig, dass wir unsere Imports wieder geholt haben und nicht umgeschwenkt sind", unterstreicht er, dass Spieler wie Quarterback Rick Webster, Richard Samuel oder Joshua Morgan zu Recht wieder verpflichtet wurden. Dass Neuzugänge nicht immer so einschlagen wie erhofft, hat sich bei Xavier Ajuwon gezeigt, den die Dukes in der vergangenen Woche wieder nach Hause schickten, weil er die Erwartungen nicht erfüllt hat.

Angefeuert von rund 300 mitgereisten Fans begannen die Dukes furios, und schon der zweite Spielzug brachte die Führung. Webster spielte Jan Hochschild an, der - statt sofort loszulaufen - den Ball weiterspielte auf Lorenz Regler, der in die Endzone durchstartete. Es war nur einer von vielen Trickspielzügen, mit denen die Truppe des TV Ingolstadt den hochfavorisierten Gegner überraschte. Was auch Neumann begeisterte: "Ich habe noch nie in meinem Leben so viele Trickspielzüge in einem Spiel gesehen. Die Dukes haben mit ihrer Offense einen unglaublich guten Job gemacht."

Frank Roser, der Offense-Koordinator der Dukes, hatte eine simple Erklärung für die unkonventionelle Spielweise seines Teams: "Wir haben uns überlegt, dass wir unter die Räder kommen, wenn wir hier versuchen, normal zu spielen. Deshalb habe ich alles ausgegraben, was ich in den vergangenen Jahren gesammelt habe. Aber ich muss ehrlich sagen, dass ich schon überrascht war, dass das alles so funktioniert hat."

"Die Mannschaft hat einen unglaublich guten Job gemacht. Von mir aus sollen sie jetzt die ganze Nacht feiern", freute sich Haaf über den couragierten Auftritt seines Teams. Einzig die Tatsache, dass zahlreiche Verletzte hinzugekommen sind, trübte die gute Stimmung nach dem beeindruckenden Football-Spektakel beim Tabellenführer. Keith Hilson wird mit einer Schulterverletzung mindestens drei Wochen ausfallen, was den aus München gekommenen US-Amerikaner genauso ärgerte wie die Niederlage. "Heute haben wir uns selbst geschlagen, wir waren so nah dran an der Sensation", meinte er, nachdem er die Notaufnahme im Haller Krankenhaus wieder verlassen hatte.

Im ersten Viertel, als die Gastgeber mit 17:7 den am Ende entscheidenden Zehn-Punkte-Vorsprung herausholten, lief bei den Dukes nämlich noch einiges schief. Vor allem die Snaps waren ein ständiges Ärgernis, weil dadurch immer wieder wertvoller Boden verloren ging. "Wir mussten unseren verletzten Center Marvin Biegert ersetzen, der normalerweise die Snaps macht. Als Vertreter standen Antonius Walvis und Daniel Heraucourt zur Auswahl. Nach den Trainingseindrücken haben wir uns für Antonius entschieden, aber er hat dem Druck nicht standgehalten. Deshalb haben wir dann gewechselt, und danach saß jeder Snap", erklärte Haaf.

Heraucourt wird diese Position wohl auch weiter besetzen, weil Biegert nach dem Spiel gegen Frankfurt in die USA gehen wird, wo er ein Stipendium für ein College erhalten hat. Was die personelle Lage bei den Dukes, die in Schwäbisch Hall schon nur noch 35 Akteure dabeihatten, weiter verschlechtert. Denn auch Jan Hochschild, Jerome Morris und Sebastian Fürbacher erwischte es am Samstag. Physiotherapeut Mattias Klein muss nun versuchen, die Spieler so schnell wie möglich wieder hinzubekommen. "Ihm wird es in dieser Woche sicher nicht langweilig", meinte Haaf und hofft, gegen Stuttgart wieder eine schlagkräftige Truppe aufs Feld schicken zu können. "Jetzt lecken wir uns die Wunden, und am Mittwoch beim Training werden wir eine Bestandsaufnahme machen."

In Schwäbisch Hall gingen die Touchdowns auf das Konto von Lorenz Regler (2), Richard Samuel (2), Dominique Kandolo, Jan Hochschild und Sebastian Fürbacher, hinzu kam ein Fieldgoal durch Zoran Sisak. Bei den Gastgebern waren die neben Quarterback Marco Ehrenfried überragenden Nathaniel Robitaille (3), Adegbesan Aurieus, Jerome Manyema und Tyler Rutenbeck (alle 2) erfolgreich.

Auch wenn die Niederlage sicher wehtat, so machten sich die Dukes hochzufrieden auf den Heimweg. "Ihr könnt stolz auf euch sein. Schaut nicht auf das Ergebnis, sondern auf eure Leistung", gaben die Coaches den völlig erschöpften Spielern mit. Immerhin hatten sie als Gast im Optima-Sportpark vor rund 1700 Zuschauern mit 53 Punkten erstmals seit 2010 mehr als 50 Zähler geholt. Damals gewannen die Dresden Monarchs im Play-off-Viertelfinale mit 56:45.