Prag
Dem Auftaktsieg folgt das Debakel

Deutsche Eishockey-Nationalmannschaft besiegt Frankreich – und geht 0:10 gegen Kanada unter

03.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:21 Uhr

Prag (DK) Am Ende wurde es zweistellig: In ihrem zweiten Spiel bei der Eishockey-WM in Prag war die deutsche Nationalmannschaft beim 0:10 (0:4, 0:5, 0:1) gegen Kanada nicht konkurrenzfähig. Im Kampf gegen den Abstieg aus der Weltgruppe stehen die Chancen trotzdem nicht schlecht.

Zu den Eigenheiten einer Eishockey-WM gehört es, dass am Ende jeder Partie der jeweils beste Spieler beider Mannschaften ausgezeichnet wird. Gegen Kanada fiel die Wahl bei Deutschland auf Marcus Kink – doch angesichts der 60 Minuten zuvor hätte eigentlich kein DEB-Spieler eine Würdigung verdient gehabt. Schon nach wenigen Minuten war die Partie vor 15 046 Zuschauern entschieden. NHL-Superstar Sidney Crosby (9.) profitierte in Unterzahl von einem Fehler des Ingolstädters Patrick Köppchen, 23 Sekunden später erhöhte Taylor Hall (9.). Noch im ersten Drittel schenkte das DEB-Team den effektiven Kanadiern mit haarsträubenden Fehlern zwei weitere Treffer durch Cody Eakin (17., 20.), ehe das Starensemble die in Auflösung begriffene deutsche Auswahl endgültig zerlegte. Hall (23., 40.), Aaron Ekblad (25.), Claude Giroux (28.), Tyler Ennis (36.) und Matt Duchene per Penalty (43.) besorgten den 10:0-Endstand. „Wir haben eine Lehrstunde erhalten. Die Tore fielen zu einfach, da haben wir uns unter Wert verkauft“, sagte Köppchen. Und fügte süffisant hinzu: „Da sieht man mal, was auf Kufen alles möglich ist.“

Das für das DEB-Team weitaus wichtigere Spiel hatte allerdings schon 24 Stunden zuvor stattgefunden. Gegen Frankreich – ein Konkurrent im Kampf gegen den Abstieg – zitterte sich die Mannschaft von Bundestrainer Pat Cortina zu einem glücklichen 2:1, obwohl sie auch da schon über weite Strecken eine äußerst dürftige Vorstellung bot. Bezeichnend: Der Gitarrist, der in den Spielunterbrechungen bekannte Rockklassiker anstimmte, begeisterte die 14 903 Zuschauer mehr als das Geschehen auf dem Eis. „Das war ein unglaublich wichtiger Sieg“, befand der erleichterte Köppchen, der an der Seite des gebürtigen Ingolstädters Stephan Daschner noch der sicherste Verteidiger war. „Die Punkte sind das Wichtigste“, sagte Tobias Rieder, der einzige deutsche NHL-Profi.

Die Franzosen verbuchten in der mäßigen Partie gleich zu Beginn einen Pfostentreffer. Auch danach stand Deutschlands Torhüter Dennis Endras immer wieder im Zentrum des Geschehens. „Wir haben phasenweise nicht das gespielt, was wir wollten“, sagte Köppchen. Dennoch ging das DEB-Team in Führung: Patrick Hagers Einsatz hinter dem Tor brachte Rieder in Position, und dessen starke Vorarbeit nutzte Kapitän Michael Wolf per Nachschuss zu seinem 50. Länderspieltor.

Die erhoffte Sicherheit brachte das nicht: Mit zunehmender Spielzeit drängten die Franzosen auf den Ausgleich, der ihnen neun Minuten vor der Schlusssirene auch gelang. Damien Fleury verwertete einen Abpraller zum 1:1. Zwar traf Rieder im Gegenzug die Latte, doch die Ernüchterung war den Deutschen anzumerken.

Unverhoffte Aufbauhilfe leistete Sacha Treille, der sich kurz vor Schluss eine Strafzeit erlaubte. Und im vierten Powerplay des Tages schlug das DEB-Team zu: Hager setzte sich geschickt durch, passte auf den völlig freistehenden Patrick Reimer, und der Nürnberger Torjäger vollendete 60 Sekunden vor Schluss eiskalt. Am Jubel war abzulesen, wie erleichtert die Deutschen waren. „Man hat es auch auf der Bank gesehen, dass alle miteinander feiern. Wir haben eine super Truppe“, sagte Hager.

Doch auch der Ingolstädter wusste, dass der Auftakt ebenso gut hätte schiefgehen können. „Wir haben phasenweise unser Spiel durchgezogen und die Franzosen unter Druck gesetzt – aber phasenweise eben auch nicht.“ Die Offensive zeigte insgesamt gute Ansätze, während die Defensive – mit Ausnahme von Endras – bedenklich wackelte. „Wir haben aus unseren Powerplay-Situationen nicht genug gemacht. Zum Glück hat es zum Schluss funktioniert“, sagte Rieder. „Jeder wusste ganz genau, dass ein Sieg in der Partie schon richtungsweisend sein kann“, sagte Hager. „Der Sieg beruhigt das Nervenkostüm ein bisschen.“ Das Debakel gegen die Kanadier dürfte dazu allerdings nicht beigetragen haben.