Tierischer Held aller Kinder

23.01.2007 | Stand 03.12.2020, 7:07 Uhr

−Foto: Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Plötzlich steht Janina in der Umkleide. Sie ist vier Jahre alt und ist natürlich nicht alleine unterwegs, hier in den Katakomben der Saturn-Arena. Papa Franz Wagner steht ihr zur Seite bei ihrer großen Suche. Wer der Held des Mädchens ist, das verrät schon ihre Kappe: Xaver, das Maskottchen des ERC Ingolstadt.

Auch um das Mädchen herum. Vier Jugendliche sind in der Kabine. Sie heißen Christian, Rudi, Patrick und nochmal Patrick. Sie sind alle vier Xaver, sie stecken abwechselnd in dem Fell der Großkatze, wenn die irgendwo auftritt. Natürlich bei allen Heimspielen des ERC. So wie an diesem Tag bei der Partie gegen Duisburg.

"A utogramm, bitte", sagt Janina. Die Jungs greifen zum Filzstift und schreiben ihr alle einen Xaver aufs Trikot. "Das ist eine Spezialanfertigung, das gibt es normalerweise gar nicht", erklärt Franz Wagner. Der Xaver-Dress war ein Weihnachtsgeschenk, so weit geht Janinas Begeisterung.

Dann muss sie mit ihrem Papa los, das Spiel beginnt gleich, und auch für die Xavers wird es jetzt Zeit. Flugs schlüpft Rudi in den Fellanzug, nichts drunter als die Boxershorts . Mit den Schlittschuhen helfen Christian und einer der Patricks. "Da kann man sich nicht mehr ganz so gut bewegen", sagt Rudi. Dann stampft er los, den großen Pantherkopf unter dem Arm geht‘s in Richtung Eisfläche.

Heute darf Rudi mit vor die Fans , mit Hallensprecher Italo Mele den Anhang begrüßen, etwas winken und dann den Schal zum Himmel recken bei der Hymne "You‘ll never walk alone". Schließlich gilt es, die ERC-Spieler beim Einlauf zu empfangen. Krachend kommt die Musik aus den Lautsprechern. Die Spieler flitzen durch den Kunstnebel heran und klatschen mit der Großkatze ab, bevor es heiß wird auf dem Eis. Das Spiel beginnt.

Xaver kann sich eine Ruhepause gönnen. Er wird erst wieder in der zweiten Drittelpause angreifen. Dann ohne Schlittschuhe vor dem Fanstand im Hallenumlauf. Genauso flugs wie beim Anziehen hat Rudi das Fell in der Kabine auch schon abgelegt. Der Schweiß steht ihm auf der Stirn: "Das schlaucht ganz schön." Anschließend kann er mit den anderen mal in einer ruhigen Minute über Xaver plaudern.

Der ist ein Entwurf von Fans und hat im Oktober 2003 gleichzeitig mit der Saturn-Arena seinen Einstand gegeben. Seitdem sind auch die vier Jungs im Alter von 16 bis 18 Jahren dabei. "Wir sind die einzigen Jugendlichen in der Eishockey-Liga, die das machen", erklärt Christian. In den Maskottchen der Konkurrenz würden Erwachsene stecken. "Einige machen das sogar hauptberuflich", sagt Patrick.

Bis nach Frankfurt, Hamburg oder Krefeld sind sie mit der Katze schon gekommen. In Köln waren einer der Patricks und Christian zudem bei der Maskottchen-WM in Stefan Raabs Sendung dabei. Knapp 100 Spiele hat Xaver schon auf dem Buckel. Der Helm ist schmutzig, die Barthaare verzwirbelt. Eine Dusche bräuchte Xaver auch mal. Es hat sich mit der Zeit etwas Routine eingeschlichen, das geben die Jungs offen zu. Xaver könnte etwas kreativer sein, finden viele Fans. Die ganz große Stimmung will an diesem Tag in der Halle ohnehin nicht aufkommen, obwohl der ERC im zweiten Drittel in Führung geht.

Zeitgleich wirft sich nun einer der Patricks ins Fell. Vor dem Fanstand wartet eine Schar Kinder sehnsüchtig auf den Panther und umringt ihn. Janina ist wieder mit dabei. Sie will gar nicht mehr weg. Doch Xaver muss ein letztes Mal sein Innenleben tauschen.

Der ERC gewinnt, Xaver Rudi macht in der Reihe der Spieler kurz La Ola , die Welle, vor der Fankurve . Dann ist er aber ziemlich schnell alleine auf dem Eis. Die Fans auf den Rängen gehen nach Hause. Eine Ehrenrunde der Spieler will die Mehrzahl heute nicht mehr sehen. Dann macht auch Xaver Feierabend.

Rudi packt die Neontaschen mit den Einzelteilen auf die Schulter, schleppt sie den Gang entlang zu Xavers Käfig, einem R egal in der Abstellkammer. Hier bleibt die Katze bis kommenden Sonntag. Dann wird sie wieder zum Leben erweckt.