Ingolstadt
"Wir müssen umdenken"

ERC-Aufsichtsratschef Jürgen Arnold unterstreicht Wert der Nachwuchsarbeit

28.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:22 Uhr

Mit gutem Beispiel voran: Aufsichtsratsvorsitzender Jürgen Arnold (rechts) will beim ERC Ingolstadt die Ausbildung junger Spieler vorantreiben. Der neue Cheftrainer der Panther, Emanuel Viveiros, soll diesen Weg mitgehen - Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Heute will der ERC Ingolstadt offiziell sein neues Trainerteam bekannt geben. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der bisherige Assistenztrainer Emanuel Viveiros den Chefposten vom scheidenden Larry Huras übernimmt. Unabhängig davon befragten wir den ERC-Aufsichtsratsvorsitzenden Jürgen Arnold zur Entwicklung des Klubs, der nun seit 13 Jahren in der DEL spielt.

Erst Meister, dann Vizemeister, das gab es in der Geschichte der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) bisher nicht oft. Was bedeuten diese Erfolge für den ERC Ingolstadt?

Jürgen Arnold: Das Wichtigste für uns ist, dass wir die Erfolgsgeschichte der Meisterschaft fortgeschrieben haben. Damit haben wir bewiesen, dass wir uns zu Recht unter den sechs Topklubs der Liga etabliert haben.

 

Was können die Panther aus diesen Erfolgen schöpfen? DEB-Präsident Franz Reindl hat schon von einer möglichen neuen Eishockey-Hochburg Ingolstadt gesprochen. Wie kann der Weg dahin aussehen?

Arnold: Dieser Erfolg hat große Strahlkraft auf den Nachwuchs in unserem Klub. Wir merken das bei uns alleine schon daran, dass wir so viel Zulauf bei den Jüngsten haben, dass wir teilweise sogar nicht alle interessierten Kinder aufnehmen konnten, weil wir nicht genügend Eiszeiten anbieten können. Die Situation lässt sich erst mit einer dritten Eisfläche verbessern.

 

Es ist aber noch nicht so weit, dass die Panther aus dem eigenen Nachwuchs Spieler in das Profiteam übernehmen können.

Arnold: Das ist sicher richtig. Aber was sich in Ingolstadt in den vergangenen vier Jahren entwickelt hat, ist aller Ehren wert. Als Petr Bares die Nachwuchsleitung übernommen hat, spielten wir mit unseren Mannschaften in den untersten Ligen. Jetzt sind wir in verschiedenen Altersklassen in den höchsten Ligen angekommen und mit der Jugend in dieser Saison in die DNL2 aufgestiegen. Das haben wir innerhalb von nur vier Jahren geschafft. Daran erkennt man, dass es möglich ist, Nachwuchsspieler in einem überschaubaren Zeitraum auszubilden. Das ist nicht nur bei uns möglich, sondern in ganz Deutschland. Was man dafür einsetzen muss, sind kompetente Trainer, und man braucht natürlich auch die finanziellen Mittel.

 

Der ERC propagiert den sogenannten Ingolstädter Weg, das heißt, mit jungen Talenten zu arbeiten. Trainer Larry Huras sagt, es sei nicht möglich, in der DEL mehr als zwei junge Spieler in eine Mannschaft einzubauen, wenn man an der Spitze mitspielen will. Widersprechen Sie ihm?

Arnold: Das Wichtigste ist, dass man Spieler entwickelt. Das ist das Kernthema bei unserem Ingolstädter Weg. Da ist es nicht so bedeutend, dass zwei, drei oder fünf Spieler gleichzeitig spielen, sondern, dass man die richtigen Schritte macht. Die Talente sollen zunächst in den Profibereich reinschnuppern und immer mehr Eiszeit auf hohem Niveau erhalten. Nach und nach sollen dann ihre Eiszeiten steigen und sie ihre Rolle finden. Wenn man zwei Blöcke mit Neulingen besetzt, wird es schwer. Da gebe ich Huras Recht, und ich habe auch Verständnis für einen Trainer. Aber ich habe bei unseren Talenten Fabio Wagner, Stephan Kronthaler oder Marc Schmidpeter in dieser Saison läuferisch keinen Unterschied zu anderen Spielern in der vierten Reihe gesehen. Die Grundfähigkeiten sind bei allen vorhanden, aber sie müssen eben reinwachsen in diesen Sport. Anders geht es nicht.

 

Also ist ist möglich, sich auf diese Weise wieder für die Play-offs zu qualifizieren?

Arnold: Ich bin der Überzeugung, dass es geht. Es ist ein Spagat, keine Frage. Und auch der Trainer muss es wollen.

 

Es fällt auf, dass die Panther ihre beiden größten Erfolge feierten, aber die Trainer danach jeweils den Verein verließen. Warum?

Arnold: Larry Huras hatte ein tolles Angebot aus der schwedischen Extraliga, das musste er annehmen. Wir wollen grundsätzlich mit jedem Trainer, der zu uns kommt, längerfristig arbeiten. Das ist unser Ziel. Er muss aber jetzt auch den Weg mitgehen, dass wir junge Spieler ausbilden wollen. Wenn nicht mehrere Klubs wie wir umdenken und das auch umsetzen, wird es mit der Entwicklung im deutschen Eishockey weiterhin so aussehen, wie in den vergangenen 15 Jahren.

 

Sie sind auch DEL-Aufsichtsratsvorsitzender. Welche Anreize haben denn die Klubs, diesen Weg zu gehen? Kann man die Ausländerstellen bereits reduzieren oder müssen zuerst mehr deutsche Spieler ausgebildet werden?

Arnold: Zuerst muss man am Nachwuchskonzept arbeiten. Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass es in Deutschland zu wenige Eishockeyspieler gibt. Das muss man so ehrlich sagen. Die Anzahl zu erhöhen schaffen wir aber nur, wenn das Vereine tun, die sich das leisten können. Sie müssen zudem von der Infrastruktur so ausgestattet sein, dass das überhaupt möglich ist. Dazu brauchen wir mehrere Standorte. Die Mannheimer Jungadler sind das Leuchtturmprojekt und in dieser Größenordnung hierzulande leider einmalig. Aber, wenn wir es nicht schaffen, mehr deutsche Spieler in den Profibereich zu bringen, dann können wir auch nicht die Zahl der Ausländerstellen reduzieren. Wir müssen erst den Bedarf decken, das ist das Entscheidende.

 

Das Interview führte

Gottfried Sterner.