Ingolstadt
Samuelsson fliegt vom Schleudersitz

ERC Ingolstadt entlässt Trainer nach sieben Niederlagen in Serie - Sportdirektor Mitchell wird Interimscoach

07.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:15 Uhr
Chef-Trainer Tommy Samuelsson (ERC Ingolstadt), Adler Mannheim - ERC Ingolstadt, Eishockey, DEL, Deutsche Eishockey Liga, Spieltag 10, 06.10.2017, Foto: st-foto.de / Johannes Traub −Foto: Johannes Traub

Ingolstadt (DK) Für Trainer sei Ingolstadt "das heißeste Pflaster der Liga", schrieb das Magazin "Eishockey News" kürzlich - und die Panther machen ihrem Ruf weiter alle Ehre: Mit Tommy Samuelsson muss im 16. Jahr in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) der 14. Coach seinen Stuhl beim ERC räumen.

Der Klub reagierte damit auf die "sieben Niederlagen in Serie, durch die die Mannschaft auf den neunten Tabellenrang abgerutscht ist", wie die Panther gestern Nachmittag in einer Pressemitteilung verkündeten. Sportdirektor Larry Mitchell präzisierte gegenüber unserer Zeitung: "Es gab ausführliche Gespräche am Montagabend und Dienstagfrüh, dann ist die Entscheidung getroffen worden." Mitchell und Geschäftsführer Claus Gröbner dankten Samuelsson in der Mitteilung ausdrücklich: "Tommy hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahren über die Trainertätigkeit hinaus mit Herzblut und seinem Netzwerk für die Panther engagiert."

Mit der Entlassung Samuelssons zum jetzigen Zeitpunkt wollte der ERC offenbar den Fehler aus dem Jahr 2015 vermeiden: Damals hielt der ans Tabellenende gestürzte Klub seinem Trainer Manny Viveiros in der Länderspielpause die Treue - um ihn nach einem 2:5 gegen Iserlohn im ersten Spiel danach zu beurlauben. Damit hatte der ERC wertvolle Zeit für die Suche nach einem Nachfolger vergeudet. Der Trainerwechsel bei den Panthern ist der dritte der DEL-Saison: Zuvor ersetzte Rob Daum in Iserlohn Jari Pasanen, und Tom Pokel folgte in Straubing auf Bill Stewart.

Mitchell übernimmt die Mannschaft ab Freitag als Interimstrainer gemeinsam mit Torwartcoach Fabian Dahlem. Co-Trainer Clayton Beddoes, der in seiner Funktion als italienischer Nationaltrainer heute mit den "Azzurri" zu einem Turnier nach Budapest reist, stößt kommende Woche dazu.

"Wir werden das so lange zu dritt machen, bis ein passender Trainer gefunden ist", sagte Mitchell. "Wir wollen keinen Schnellschuss. Wenn ich den richtigen Trainer gefunden habe und wir uns alle einig sind, werden wir ihn ohne Verzögerung einstellen." Ein konkretes Anforderungsprofil wollte Mitchell gestern noch nicht festlegen: "Den perfekten Mann gibt es leider nicht", sagte er. "Natürlich wäre es ein Bonus, wenn er die Liga kennen und Deutsch sprechen würde. Aber wir werden alle Kandidaten genau analysieren." Namen wollte der 50-Jährige nicht kommentieren - obschon bereits zahlreiche Bewerbungen eingegangen seien, mit denen er sich heute beschäftigen werde. Denkbar, dass der Ex-Straubinger Dan Ratushny (zuletzt in Lausanne) und der Vizemeister-Coach der Panther von 2015, Larry Huras (zuletzt in Fribourg), unter den Kandidaten sein könnten.

Für den ehemaligen Weltklasse-Verteidiger Samuelsson ist es unterdessen die erste Entlassung seiner Trainerkarriere. "Es ist eine neue Situation für mich, aber alles im Leben ist eine Erfahrung", sagte der hörbar enttäuschte 57-Jährige, der in seiner Heimat Schweden weilt, gestern unserer Zeitung. Samuelsson blieb in dieser persönlich bitteren Stunde trotzdem Ehrenmann: "So ist unser Geschäft, ich mache der Mannschaft keinen Vorwurf. Die Defensivleistung war sehr gut. Leider haben wir vorne nicht die Kurve bekommen."Mit seiner rund 15-monatigen Amtszeit übertrifft er immerhin die durchschnittliche Verweildauer eines Panther-Trainers, die bei rund elf Monaten liegt (siehe Grafik) . Man darf gespannt sein, wer nun als Nächster auf dem Schleudersitz beim ERC Platz nimmt.
 

Kommentar von Alexander Petri

Am Ende war es keine Überraschung mehr: Der ERC Ingolstadt hat als Reaktion auf den DEL-Negativrekord von sieben Niederlagen in Serie Trainer Tommy Samuelsson entlassen. Von Kontinuität kann in Ingolstadt also weiter keine Rede sein – in nicht einmal 16 DEL-Jahren der Panther muss der 14. Coach seinen Hut nehmen. Der Klub fängt wieder von vorne an – zum fünften Mal seit der Meisterschaft 2014. Der sympathische und menschlich tadellose Samuelsson hatte angesichts der Torflaute, des katastrophalen Powerplays und der eklatanten Heimschwäche wenige Argumente für eine Weiterbeschäftigung – auch wenn manche Niederlage sicher unglücklich zustande kam. Mit der Entlassung des Schweden rückt nun Sportdirektor Larry Mitchell in den Blickpunkt. Er muss jetzt beweisen, dass er tatsächlich „Charakterstärke“ und die „richtigen Typen“ in seine Mannschaft geholt hat – wie er vor der Saison mehrfach betont hatte. Angesichts bislang nicht überzeugender Schlüssel-Neuzugänge wie Kael Mouillierat und Darin Olver sowie der beispiellosen Niederlagenserie sind zumindest leise Zweifel angebracht – vom Eklat um den bereits vor dem Trainingsauftakt wegen einer Alkoholfahrt suspendierten Brock Trotter ganz zu schweigen. Mitchell ist nun gefordert, einen geeigneten Nachfolger Samuelssons zu präsentieren. Die gute Nachricht: Zeit ist noch genug, das angestrebte Ziel Viertelfinale ist längst noch nicht aus den Augen verloren.