Ingolstadt
Kämpferherz aus Kanada

Brock Trotter soll den Angriff des ERC Ingolstadt verstärken seine Karriere stand zweimal auf der Kippe

25.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:44 Uhr

Bis auf 350 Watt Leistung brachte es Panther-Neuzugang Brock Trotter beim Fitnesstest im Rehazentrum Passauer Wolf am Ingolstädter Klinikum. Physiotherapeut Dominik Gerzer überprüfte die Herzfrequenz, die Laktatwerte und die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit des 30-Jährigen Kanadiers. Am 3. August steht das erste Eistraining der Vorbereitung in der Saturn-Arena auf dem Programm. - Foto: Petri

Ingolstadt (DK) Vorgestern landete er in Deutschland, gestern absolvierte er den obligatorischen Fitnesstest vor der Saisonvorbereitung - und künftig soll Brock Trotter die Fans des ERC Ingolstadt mit Treffern und Vorlagen verzücken. Der 30-jährige Kanadier hat seinen Torriecher in einigen der besten Eishockey-Ligen der Welt bewiesen - musste aber auch zwei schwere Verletzungen verkraften.

Auf den ersten Blick ist die Karriere Trotters eine typische für einen Nordamerikaner in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL): Nachwuchsteam, Hochschulmannschaft, ein paar Jahre in der zweitklassigen American Hockey League, zwei NHL-Einsätze für die Montréal Canadiens. Als der Durchbruch in der besten Liga der Welt ausbleibt, folgt der Wechsel nach Europa. So weit, so bekannt. Auf den zweiten Blick jedoch weist die Vita des Angreifers aus der Provinz Manitoba zwei Einschnitte auf. Zwei schwere Verletzungen, die andere womöglich zum Karriereende gezwungen hätten.

Hier sehen Sie ein Video von Neuzugang Darin Olver im Fitnesstest" tag="" target="_blank" type="Artikel" id="3473867" %>

2005, zu Beginn seiner College-Zeit, muss Trotter erstmals monatelang aussetzen, als eine Schlittschuhkufe seine rechte Achillessehne durchtrennt. "Es war ein unglücklicher Zufall. Der Fuß eines anderen ist an meiner Wade heruntergerutscht, und dann hat er sich abgedrückt. Der Schnitt war wirklich tief", berichtet Trotter. In einer Not-Operation richteten Ärzte die Sehne, die Saison war gelaufen, monatelang humpelte Trotter auf Krücken herum. Noch heute erinnert eine große Narbe an den Unfall.

 

Doch Trotter, der vier Brüder hat ("Mein größter Fanklub") kämpft sich zurück, steigert seine Punktausbeute Jahr für Jahr. 2008 nehmen ihn die Canadiens unter Vertrag, Trotter wird gemeinsam mit den späteren NHL-Stars David Desharnais, Max Pacioretty und P.K. Subban zu einem der Gesichter von Montréals Farmteam Hamilton Bulldogs. Der Rechtsschütze steigt sogar zu einem der treffsichersten Scorer der AHL auf.

Doch Trotters NHL-Karriere will trotz der beiden Einsätze nicht ins Laufen kommen, obwohl die Canadiens große Stücke auf den 1,78 Meter großen Angreifer halten. "Montréal hatte häufig kleinere, technisch gute Spieler", erzählt Trotter. "Manchmal spielt auch das Timing eine Rolle. Sie hatten eine gute Mannschaft, es hat nicht geklappt für mich."

Nach einem erfolgreichen Abstecher in die russische KHL zu Dinamo Riga und der Rückkehr nach Nordamerika bekommt Trotter in der Saison 2011/12 Rücken- und Nackenprobleme. "Es waren viele kleinere Dinge, die sich zu einem größeren Problem summiert haben", berichtet er. Trotter muss erneut pausieren - quälende zwei Jahre lang. Die Zweifel an einer Rückkehr aufs Eis wachsen. "Diese Gedanken kriechen in dein Gehirn, je länger es dauert. Aber als ich erste Fortschritte und Licht am Ende des Tunnels gesehen habe, hab' ich nicht mehr zurückgeblickt. Nur wenn ich in Interviews darüber spreche, denke ich noch daran", sagt Trotter, der 2014 einen Neuanfang bei Medvescak Zagreb wagt.

Nach Stationen in Schweden und in der vergangenen Saison Finnland, wo Trotter zu seiner Form zurückfand und fleißig punktete, heißt sein Arbeitgeber in der kommenden Saison ERC Ingolstadt. Panther-Sportdirektor Larry Mitchell hatte es als "Traum" bezeichnet, Trotter im Team zu haben. Der wiederum beteuert, Mitchell habe ihn mit seinem Konzept und der Kaderplanung überzeugt. "Keiner, mit dem ich geredet habe, hat etwas Schlechtes über die DEL gesagt. Hier geht es nordamerikanischer zu als in Russland oder Skandinavien", weiß der Crossfit-Fan.

Obwohl Trotter bisweilen auch als Mittelstürmer agierte, "fühle ich mich auf dem Flügel wohler", sagt er. Der Kanadier könnte damit die gesuchte Ergänzung zu Brandon Buck und John Laliberte in der ersten Angriffsformation des ERC sein. "Wir haben ein paar gute Spieler hier. Genau weiß man aber erst nach den ersten Trainings, ob die Chemie passt", meint Trotter, der ohne Familie nach Ingolstadt kommt. "Ich spiele, wo der Trainer mich aufstellt und das Team mich braucht."

Ein Grund, warum Mitchell Trotter unbedingt verpflichten wollte, sind dessen Play-off-Statistiken: Fast immer legte der Fan des NHL-Klubs Detroit Red Wings in der K.-o.-Runde noch eine Schippe drauf. "In den Play-offs finde ich vielleicht einen zusätzlichen Gang", sagt die neue Nummer 19 der Panther.