Ingolstadt
"Ich denke wie ein Spieler"

Der Eishockey-Bundestrainer beim ERC Ingolstadt zu Gast: Marco Sturm spricht über seinen neuen Job

06.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:56 Uhr

Austausch unter Fachmännern: ERC-Sportdirektor Jiri Ehrenberger (links) empfing den neuen Bundestrainer Marco Sturm gestern zum Training der Panther in der Saturn-Arena. - Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Prominenter Tribünengast in der Saturn-Arena: Gestern hat der neue Eishockey-Bundestrainer Marco Sturm – in der Saison 2004/05 für den ERC Ingolstadt aktiv – den Panthern einen Besuch abgestattet. Gemeinsam mit ERC-Sportdirektor Jiri Ehrenberger verfolgte der 36-jährige Dingolfinger aufmerksam das Eistraining, ließ sich die Fitnesseinrichtungen zeigen und unterhielt sich mit dem Trainerteam um Manny Viveiros sowie einigen Profis.

Wir haben mit Sturm über seine neue Aufgabe, sein zukünftiges Trainerteam und die Ingolstädter Nationalspieler gesprochen.

 

Herr Sturm, sind Sie zurzeit auf Sommertour, um alle Klubs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) kennenzulernen?

Marco Sturm: (lacht) Nein, alle Klubs werde ich jetzt nicht besuchen. Aber Ingolstadt ist ja keine Entfernung, da ich in Landshut wohne. Ich nutze jetzt die Gelegenheit, verschiedene Klubs zu besuchen und die Trainer, Manager und Spieler kennenzulernen.

 

Ihr Hauptwohnsitz bleibt Florida, doch Ihr Arbeitgeber, der Deutsche Eishockey-Bund, sitzt in München. Wie funktioniert das?

Sturm: Alle vier Wochen werde ich nach Deutschland kommen, um mir einige Spiele anzuschauen. Auch bei der U 20-B-WM im Dezember in Wien will ich dabei sein. Es ist immer was geboten. Ich freue mich, dass es so langsam endlich wieder losgeht. Das ganze Drumherum ist ok, das gehört auch dazu, aber im Endeffekt denke ich wie ein Spieler.

 

Haben Sie inzwischen Klarheit, wer Sie als Co-Trainer unterstützen wird?

Sturm: Nein. Ich habe mit einigen Leuten Gespräche geführt. Aber da lasse ich mir Zeit. Es gibt noch so viele Kandidaten, mit denen ich reden möchte, da lerne ich immer was dazu. Es gibt keine Eile.

 

Zum Deutschland-Cup Anfang November in Augsburg soll Ihr Team aber komplett sein?

Sturm: Genau. Ich schätze, dass ich im Oktober, wenn der Kader für den Deutschland-Cup steht, auch das Trainerteam präsentieren kann.

 

Haben vielleicht sogar Ingolstädter Trainer eine Chance? Planen Sie mit Manny Viveiros oder Peppi Heiß?

Sturm: (lacht) Mal schauen. Es gibt einige Kandidaten, aber für mich ist ganz wichtig, dass er zu mir passt. Die Kleinigkeiten müssen einfach stimmen. Es gibt interessante Leute, aber nicht nur in Deutschland. Ich werde mich auch in Amerika mit einigen Kandidaten treffen. Dann schaue ich, was das Beste für das Nationalteam ist.

 

Der Kern der DEB-Auswahl wird sich wohl kaum verändern. Haben auch ältere Spieler wie ERC-Stürmer Thomas Greilinger, der zuletzt unter Ihrem Vorgänger Pat Cortina nicht mehr berücksichtigt wurde, wieder eine Chance? Oder setzen Sie voll auf die Jugend?

Sturm: Junge Spieler will ich fördern, das ist ganz klar. Aber für mich ist wichtig, die beste Mannschaft, die Deutschland hat, zusammenzubringen. Das ist mein Job. Wir haben leider nicht so viele Möglichkeiten, gemeinsam zu trainieren. Es gibt nur den Deutschland-Cup, dann steht schon die WM an und danach die Olympia-Qualifikation. Für mich bleibt daher nicht viel Zeit, das macht es schwierig. Ich muss schauen, wer topfit und bereit ist, für die Nationalmannschaft zu spielen.

 

Macht Ihnen die Entwicklung in der nordamerikanischen Profiliga NHL Sorgen, weil dort weniger Deutsche Führungsspieler sind als noch vor einigen Jahren? Christian Ehrhoff und Marcel Goc haben noch keinen neuen Verein.

Sturm: Bei Christian mache ich mir keine Sorgen, dass er einen neuen Verein findet. Bei Marcel hoffe ich es auch, obwohl es sehr schwierig ist. Es freut mich aber, dass junge Spieler wie Tobias Rieder oder Leon Draisaitl in der NHL Fuß fassen. Wir wollen so viele Spieler wie möglich entwickeln, die die Chance haben, in Nordamerika zu spielen. Aber generell sind wir – nicht nur bei den NHL-Spielern, sondern auch beim Nachwuchs – in einem kleinen Loch. Was man in den letzten zehn Jahren versäumt hat, müssen wir uns jetzt alles wieder erarbeiten.

 

Sind Sie für eine Reduzierung der Ausländerlizenzen in der DEL, um mehr deutschen Nachwuchsspielern eine Chance zu geben? Oder sind Sie der Meinung, dass sich Qualität ohnehin durchsetzen wird?

Sturm: Das wird immer ein Thema bleiben. Natürlich habe ich da meine Meinung, aber das hilft ja nicht. Es ist nicht meine Entscheidung. Jeder deutsche Trainer will, dass deutsche Talente mehr Eiszeit bekommen. Ich muss mit den Spielern arbeiten, die da sind.

 

Was denken Sie, wenn Sie hören, dass Ihr Heimatverein und ehemaliger Ingolstädter Partnerklub, der EV Landshut, keine Lizenz für die DEL2 bekommt?

Sturm: Es ist traurig, dass so was an einem Standort wie Landshut passiert. Ich hoffe, dass sich die Lage in der Oberliga ein wenig beruhigt.

 

Das Gespräch führte

Alexander Petri.