„Ich bin voll im Angriffsmodus“

13.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:33 Uhr
Der ehemalige ERC-Kapitän Patrick Köppchen. −Foto: Bösl

Ingolstadt (dk) Kapitän Patrick Köppchen will nach seiner Rückenverletzung und der verkorksten Vorsaison beim ERC Ingolstadt beweisen, dass er auch mit 36 Jahren und nach 876 Spielen in der Deutschen
Eishockey-Liga noch längst nicht zum alten Eisen gehört.

Als einer der ersten Eishockey-Profis des ERC Ingolstadt hat Köppchen gestern den obligatorischen Fitnesstest vor dem Trainingsauftakt in knapp drei Wochen absolviert – und das darf durchaus als Zeichen gewertet werden. Nach der schwachen vergangenen Saison – sowohl für den Klub als auch für Köppchen persönlich – brennt wohl kaum ein Panther stärker auf Wiedergutmachung als der Kapitän. Eine Rückenverletzung, die er nicht richtig auskurierte, behinderte Köppchen über weite Strecken der Spielzeit und ließ den Verteidiger nie konstant zu seiner Form finden. Nun ist der mit 36 Jahren älteste ERC-Profi wieder vollständig fit. Wie der gebürtige Berliner sein Sommertraining umstellte, warum er von einem Vereinswechsel nichts wissen wollte und was er von der Mannschaft für die kommende Spielzeit hält, hat er uns im Interview verraten.

Herr Köppchen, kribbelt es schon wieder?
Patrick Köppchen: Absolut. Erst dachte ich, dass ein Fitnesstest am 12. Juli ganz schön früh ist. Aber weil unsere Sommerpause ziemlich früh angefangen hat, ist es schön, dass es endlich wieder losgeht. Für mich persönlich war der lange Sommer zwar nicht schlecht, um mich auf meinen Körper zu konzentrieren. Aber für den Verein war es nicht schön.

Sie hatten in der vergangenen Saison lange mit Rückenbeschwerden zu kämpfen. Haben Sie etwas am Sommertraining geändert?
Köppchen: Ja. Ich hatte die Verletzung erst relativ spät ernst genommen. Das war ein Großteil meines Problems. Aufgrund dessen habe ich im Sommer mein Training umgestellt – und es hat mir getaugt. Maritta (Fitnesscoach Becker, d. Red.) hat einen ganz tollen Job gemacht. Muskeln brauche ich in meinem Alter nicht mehr groß aufbauen, stattdessen haben wir viel an meiner Beweglichkeit und Explosivität gearbeitet. Mein Körper hat sich zum Positiven verändert. Es zwickt nichts mehr.

Die Verletzung ist also nicht mehr im Hinterkopf?
Köppchen: Überhaupt nicht. In den vergangenen Wochen habe ich auch wieder mit schweren Gewichten gearbeitet, da ist alles stabil geblieben.

Die vergangene Saison war eine der schlechtesten Ihrer DEL-Karriere...
Köppchen: Es war wahrscheinlich die schlechteste. Da müssen wir nicht drum herum reden. Wenn du nach acht oder neun Jahren zum ersten Mal wieder richtig verletzt bist, ist das eine neue Situation. Ich muss zugeben, dass ich nicht wusste, wie ich damit umzugehen habe. Ich habe trotz meines Alters und meiner Erfahrung nicht ausreichend auf meinen Körper gehört. Jeder Profisportler hat nach Jahren auf hohem Niveau mal eine Saison, in der es nicht so läuft. Die Herausforderung ist, danach wieder aufzustehen und in den Spiegel zu schauen, was man selbst verbessern kann. Das habe ich in diesem Sommer so gut umgesetzt, wie ich konnte.

Was entgegnen Sie denjenigen, die Sie nach der vergangenen Saison schon aufs Altenteil schieben wollten?
Köppchen: Wollten sie das (lacht)?

Es gab unter den Fans schon Diskussionen, ob Sie in der kommenden Saison wieder zu alter Form finden werden...
Köppchen: Das ist doch normal. Nach einer schlechten Saison werden alle infrage gestellt. Thomas Greilinger beispielsweise wurde auch mal kritisiert und in der folgenden Saison war er dann Topscorer. Damit muss man leben. Ich kann allen Kritikern gerne meine Ergebnisse vom Fitnesstest zukommen lassen. Die sind nämlich immer noch so gut wie die eines Spielers, der zehn Jahre jünger ist.

Spornt Sie die Kritik zusätzlich an?
Köppchen: Die enttäuschende vergangene Saison hat natürlich an mir genagt. Deswegen bin ich gewillt, das wettzumachen. Ich werde alles daran setzen, dass mir das nicht mehr so passieren wird. Ich nehme das als Extramotivation mit. Auf der anderen Seite werde ich aber auch nicht mehr spielen, wenn ich verletzt bin.

Die 1000 DEL-Spiele machen Sie also noch voll?
Köppchen: Wenn der Körper das will, dann auf jeden Fall.

Nach Informationen unserer Zeitung soll Ihnen der damalige Trainer Kurt Kleinendorst nach der abgelaufenen Saison mitgeteilt haben, dass er künftig nicht mehr so auf sie bauen wird. Durch die Blume hat er Ihnen damit einen Vereinswechsel nahegelegt. Wie haben Sie das aufgefasst?
Köppchen: Das war sicherlich nicht das schönste Gespräch. Ich habe mit den Verantwortlichen beim ERC geredet, und es stand nicht zur Diskussion, dass ich den Verein wechsele. Ich bin ein Kämpfertyp.

Aber als Gesicht des Klubs, als Kapitän und Führungsspieler muss Sie das doch getroffen haben, oder?
Köppchen: Wen würde das nicht treffen? Da kam einiges zusammen. Meine Verletzung ist aufgetreten, als Kurt kam. Er hatte nie die Chance, mich richtig kennenzulernen – und vielleicht habe ich ihn auch nicht richtig kennengelernt. Für mich wäre die kommende Saison ein Neuanfang gewesen. Es war wahrscheinlich auch nicht unberechtigt, was er da sagte. Aber ich war mir sicher, dass er nicht an mir vorbeikommt, wenn ich meine Leistung wieder bringe.

Hätten Sie sich angesichts Ihrer Verdienste bei den Panthern mehr Rückendeckung vom Verein und speziell von Sportdirektor Jiri Ehrenberger gewünscht?
Köppchen: Wie gesagt: Ich habe mit den Verantwortlichen beim ERC geredet und es stand nicht zur Diskussion, dass ich den Verein wechsele.

Doch es gab ein Angebot von den Krefeld Pinguinen.
Köppchen: Aufgrund der vergangenen Saison, der Verletzung, und auch weil sich im Sommer meine private Situation geändert hat, habe ich mir das alles angehört. Aber ich bin zu glücklich in Ingolstadt und habe noch viel vor. Es waren drei Wahnsinns-Jahre. Auch aus dem vergangenen Jahr kann man viel Lehrreiches ziehen. Ich bin immer noch fest davon überzeugt, dass in diesem Klub riesiges Potenzial steckt. Ich bin deswegen zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht gehen will. Ich bin voll im Angriffsmodus und möchte die Mannschaft zu einer besseren Saison als zuletzt führen.

Als Kapitän?
Köppchen: Das liegt ja nicht nur an mir. Wenn es so gewollt ist, würde ich es gerne bleiben, klar. Wenn die Mannschaft oder der Trainer andere Pläne haben, werde ich mit Sicherheit nicht tobend durch die Kabine rennen. Ich bin und bleibe einer, der vorangeht – ob ich einen Buchstaben auf dem Trikot habe oder nicht. Ich bin ja jetzt der Älteste, hab’ ich festgestellt. Deswegen werde ich in der Kabine auch meinen Mund aufmachen.

Ihre besten Freunde, Alexander und Björn Barta, sind zur Düsseldorfer EG beziehungsweise zu den Füchsen Duisburg gewechselt. Spielte das in Ihren Überlegungen für einen möglichen Abschied auch eine Rolle?
Köppchen: Es war mit Sicherheit eine Randerscheinung. Das hätte für mich aber nicht den Ausschlag gegeben. Wir haben ja auch jahrelang nicht zusammengespielt. Ich kann mich von Ingolstadt nicht lösen. Ich bin stolz, für den Verein zu spielen. Ich habe hier das gefunden, was mich glücklich macht. Ich wäre dumm, wenn ich das einfach aufgebe.

In der kommenden Saison sind mit Thomas Oppenheimer und Martin Buchwieser unter anderem zwei deutsche Nationalspieler neu dabei. Wie stark ist die Mannschaft?
Köppchen: Ich glaube, dass wir ganz gut aufgestellt sind. Darryl Boyce kenne ich persönlich noch nicht. Thomas ist für mich eine unglaubliche Verpflichtung. Er wird uns sehr bereichern. Gegen „Buchi“ zu spielen war immer sehr unangenehm. Petr Pohl war auch immer ein dynamischer, unbequemer Gegenspieler. Ich hoffe, dass sich das Team in den ersten Wochen schnell findet. Wenn da jeder seine Rolle einnimmt, kann man auf jeden Fall etwas bewegen.

Mit dem Schweden Tommy Samuelsson gibt es auch einen neuen Trainer. Haben Sie ihn während seiner Stippvisite in Ingolstadt schon kennenlernen können?
Köppchen: Ich habe ihn eben kennengelernt, er macht auf mich einen sympathischen und kompetenten Eindruck. Wenn man seine Vita liest, ist das schon fantastisch. Für mich als Abwehrspieler ist es gar nicht so schlecht, dass wir einen ehemaligen Weltklasse-Verteidiger als Coach bekommen. Er kann uns da mit seiner Erfahrung sicher weiterhelfen. Das war damals schon mit Petri (Ex-Co-Trainer Liimatainen, d. Red.) so. Ich habe bislang weder als Spieler noch als Trainer einen aufgeregten Schweden erlebt, mit dem man nicht klarkommt.