"Ich bin ein Fan dieses Teams"

Ex-ERC-Sportdirektor Boni freut sich über den Erfolg der Panther und erklärt seinen fluchtartigen Abschied

23.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:47 Uhr
Der ehemalige ERC-Sportdirektor Jim Boni −Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Am 15. Januar, exakt dem Tag, an dem sich die Vereinsgründung des ERC Ingolstadt zum 50. Mal jährte, verließ Sportdirektor Jim Boni die Panther vorzeitig und kehrte in seine Heimat Kanada zurück. Der 50-Jährige, der ursprünglich bis Saisonende seinen Vertrag erfüllen sollte, fiebert aber weiter mit dem ERC-Team mit.

Herr Boni, die Panther greifen nach dem deutschen Meistertitel und Sie sind nicht dabei. Bedauern Sie, dass Sie Ingolstadt schon im Januar verlassen haben?

Jim Boni: Ein bisschen traurig bin ich schon, weil es immer noch meine Mannschaft ist. Ich bin ein Fan dieses Teams und schaue mir alle Spiele live im Internet an. Es freut mich sehr, dass der Verein zu seinem Jubiläum einen solchen Erfolg hat.

 

Sind Sie überrascht, dass die Panther ins Finale gekommen sind?

Boni: Keiner kann vor der Saison sagen, was in den Play-offs passiert. Aber die Mannschaft hatte jedes Jahr das Potenzial, Meister zu werden. Dieses Jahr war sie zum richtigen Zeitpunkt fit und gesund und jetzt hat sie einen richtigen Lauf. Bevor ich Ingolstadt verlassen habe und das Team einige Spiele verloren hatte, haben viele nicht mehr an die Spieler geglaubt. Ich schon, ich wollte mit einigen den Vertrag verlängern.

 

Was geschah dann?

Boni: Aus meiner Sicht gab es keine Probleme mit der Mannschaft. Als sie nach sechs Niederlagen in Straubing wieder gewann, habe ich gesagt: Wir sind voll im Soll. Das hat einigen nicht gefallen, und dann haben die Probleme begonnen.

 

Welche?

Boni: Ich hatte ja bereits im Oktober angekündigt, dass ich am Saisonende aufhören will. Aber ich hatte die Aufgabe, für die neue Saison noch die Mannschaft zusammenzustellen. Ich habe die Verträge mit Timo Pielmeier und John Laliberte verlängert und ich habe noch zwei neue Spieler verpflichtet. Auch mit Tim Conboy, Robert Sabolic und Travis Turnbull war ich über einen neuen Vertrag einig. Aber die ERC-Gesellschafter wollten die Verträge nicht absegnen. Das habe ich mir nicht gefallen lassen, weil Glaubwürdigkeit in meinem Geschäft das Wichtigste ist. Ich nehme mein Wort nicht zurück. Deshalb war keine Basis mehr vorhanden, weiterzuarbeiten.

 

Es heißt, Sie hätten den Etat für die neue Saison mit den Verpflichtungen soweit ausgeschöpft, dass Ihr Nachfolger kaum noch Möglichkeiten gehabt hätte, weitere Spieler zu verpflichten.

Boni: Das ist Quatsch. Das ist eine Ausrede. Ich glaube, dass es ein großer Fehler war, dass man Sabolic, Conboy und Turnbull nicht für das Geld, das ich vorgesehen hatte, weiterverpflichtet hat.

 

Sie stehen immer noch in Verbindung mit Trainer Niklas Sundblad. Worüber reden Sie mit ihm?

Boni: Wir tauschen uns aus, wie wir das immer gemacht haben. Ich habe mich nicht viel in seine Arbeit eingemischt und bin immer zu ihm gestanden. Dafür hat er sich bei mir bedankt. Niklas ist ein junger, hungriger Trainer. Wir wollten eine Mannschaft haben, die in den Play-offs topfit ist. Uns war egal, ob wir in der Punktrunde Vierter oder Achter werden.

 

Worauf kam es Ihnen bei der Mannschaft an?

Boni: Ich habe seit fünf Jahren daran gearbeitet, die Mannschaft zu verbessern. Zuletzt haben wir Joe Motzko ausgetauscht und mit Turnbull einen Stürmer mit mehr Biss geholt. Wir haben mit Verteidiger Benedikt Schopper ein physisches Element für die Defensive gewonnen. Und wir haben einen Spieler wie Patrick Köppchen verpflichtet, der sehr viel Charakter hat.

 

Trotzdem taten sich die Panther in der Punktrunde schwer. Was hat für die Wende gesorgt?

Boni: Der Charakter der Mannschaft. Die Leute haben nicht an die Spieler geglaubt, jetzt sind sie ihre größten Fans. Der Fanboykott war für Trainer und Mannschaft eine Horrorgeschichte. Wenn das Team keinen Charakter gehabt hätte, wäre es zusammengebrochen und hätte nicht in den Pre-Play-offs mit den Eisbären Berlin den amtierenden Meister geschlagen. Und das, obwohl die Mannschaft weiß, dass sie in der nächsten Saison so nicht mehr zusammenspielt.

 

Was trauen Sie dem Team jetzt zu? Die Panther haben in der Finalserie einen 0:2-Rückstand aufgeholt. Ist Ingolstadt nun im Vorteil?

Boni: Das Momentum ist bei den Panthern. Aber das muss man von Spiel zu Spiel sehen, manchmal sogar von Wechsel zu Wechsel. Das kann sich ganz schnell ändern. Tatsache ist, dass die Mannschaft jetzt viel defensiver spielt, als zu Saisonbeginn. Es ist sehr schwer, gegen Ingolstadt zu spielen und ein Tor zu schießen. Das haben Berlin, Krefeld und Hamburg schon erfahren müssen. Auch gegen Köln kann das das richtige Rezept sein.

 

Geben Sie Trainer Sundblad noch einige Tipps?

Boni: Nein, jetzt lasse ich ihn in Ruhe. Wir haben vor der Finalserie gesprochen. Ich glaube, Niklas hat in dieser Saison viel gelernt. Das war eine gute Schule für ihn. Er ist ein toller Typ. Vielleicht hat er zu lange zu hart trainiert. Aber als er einen Gang zurückgeschaltet hat, hat die Mannschaft den Turbo eingelegt.

 

Sundblads Vertrag läuft aus. Würden Sie ihm raten, beim ERC Ingolstadt zu bleiben?

Boni: Das muss er entscheiden. Ich habe mit ihm im Dezember über einen Zweijahresvertrag gesprochen. Für den ERC wäre das ein Gewinn.

 

Der Verein will aber nur noch Jahresverträge abschließen.

Boni: Dazu sage ich nichts.

 

Gibt es ein finanzielles Problem im Verein?

Boni: Ich sage dazu nur, dass der Etat reduziert wurde, als ich beim ERC angefangen habe. Und jetzt bin ich stolz darauf, dass ich den ERC besser zurücklasse als ich ihn damals vorgefunden habe.

 

Sie haben Ingolstadt im Januar sehr schnell den Rücken gekehrt. Bedauern Sie nicht, dass Sie sich nicht von den vielen ERC-Anhängern verabschiedet haben?

Boni: Für Abschiede bin ich nicht der Typ.

Werden Sie Ingolstadt wieder einmal besuchen?

Boni: Irgendwann sicher. Ich habe dort fast zehn Jahre lang gelebt und bin nicht im Groll gegangen. Ich kenne in Ingolstadt einige Menschen, die ich immer wieder gerne sehe. Die wichtigen Leute, mit denen ich gearbeitet habe, haben sich nie in den Vordergrund gedrängt. Reinhard Büchl zum Beispiel, ohne den das Nachwuchsprogramm nicht möglich gewesen wäre, und auch die professionelle Arbeit mit Leopold Stiefel hat mich richtig beeindruckt.

 

Was machen Sie in der kommenden Saison?

Boni: Ich habe keine Pläne. Ich nehme eine Auszeit und will mich weiter erholen. Ich brauche das. Ansonsten arbeite ich ein bisschen in unserem Haus und Garten. Meine Frau sagt, ich bin jetzt ein ganz braver Hausmann. Und ich freue mich auch, dass ich mit meinen Eltern viel Zeit verbringen kann. Mein Vater ist jetzt 91 Jahre alt und meine Mutter 85.

 

Und morgen drücken Sie den Panthern wieder die Daumen?

Boni: Natürlich. Ich würde mich riesig für die Mannschaft freuen, wenn sie die Meisterschaft gewinnt.

 

Das Gespräch führte Gottfried Sterner.