Ingolstadt
"Für mich ist das nicht angenehm"

ERC-Sportdirektor Jiri Ehrenberger über die Anfeindungen gegen seine Person und den Saisonstart

27.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr
ERC-Sportdirektor Jiri Ehrenberger. −Foto: Traub

Ingolstadt (DK) Es hätte ein perfekter Saisonstart sein können: Der ERC Ingolstadt gewann sein Auftaktspiel in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) mit 4:0 gegen Schwenningen und Klublegende Jakub Ficenec wurde mit einer emotionalen Zeremonie in den Eishockey-Ruhestand verabschiedet. Doch weil einige Fans mit Sprechchören und einem Flugblatt erneut die Ablösung des ungeliebten Sportdirektors Jiri Ehrenberger forderten, herrschte sofort wieder Unruhe bei den Panthern. Im Interview mit unserer Zeitung verrät der 61-jährige Ehrenberger, wie er mit den anhaltenden Protesten gegen seine Person umgeht. Vor allem aber lobt er die Arbeit von Trainer Tommy Samuelsson.

 

Herr Ehrenberger, nach dem frühen Aus in den Pre-Play-offs gegen Straubing im vergangenen März haben viele Fans Sie als Sündenbock ausgemacht. Am ersten Spieltag forderten erneut Teile der Anhänger Ihre Ablösung. Wie sehr lassen Sie das an sich ran?

Jiri Ehrenberger: Ich halte mich weitgehend im Hintergrund, aber es gibt einige Fans, die unzufrieden sind. Sei es, weil einige Spieler nicht mehr da sind oder weil ich noch da bin, ich weiß es nicht. Für mich ist das natürlich nicht angenehm. Es ist für mich manchmal schwierig nachzuvollziehen, was die Leute erwarten. Die Ansprüche in Ingolstadt sind hoch, das müssen wir akzeptieren. Ich hoffe nur, dass diese Dinge keine Unruhe in die Mannschaft bringen. Das wäre wirklich schlecht. Wir wollen alle Erfolg haben.

 

Nach der vergangenen Saison hatten Sie sich mit dem damaligen Trainer Kurt Kleinendorst auf eine Arbeitsteilung in Bezug auf die Neuzugänge geeinigt. Wie ist das jetzt? Sind Sie wieder allein für die Kaderplanung verantwortlich oder teilen Sie sich diese Aufgabe mit Trainer Samuelsson?

Ehrenberger: Egal, wer Trainer ist: Wir haben die zu besetzenden Positionen immer gemeinsam besprochen. Was machbar ist, welchen Spielertyp man braucht. Manchmal ist es so, dass der Trainer einen bestimmten Spieler schon kennt, den der Sportdirektor nicht kennt und umgekehrt. Dann tauscht man sich aus.

 

Also ist der Job des Sportdirektors keine One-Man-Show.

Ehrenberger: Das hat mit Respekt für den Trainer zu tun.

 

Tommy Samuelsson kommt im Team offenbar gut an. Sie sehen viele Trainingseinheiten und sind in ständigem Austausch. Wie ist Ihr Eindruck bisher?

Ehrenberger: Tommy hat eine ruhige Art, er hört zu und argumentiert sehr sachlich. Er weiß auch, welche individuelle Ansprache der eine oder andere Spieler braucht, und er ist gerecht. Tommy hat sehr schnell erkannt, wie er die Mannschaft anpacken muss. Ich finde, dass er ein gutes Training macht. Er weiß, wann er Gas geben und wann er bremsen muss. Wir haben mit ihm einen Coach, der auch im Spiel sehr gut erkennt, wann er welche Spieler bringen muss. Auch dass er eine Auszeit nimmt, wenn die Mannschaft sie braucht, zeigt seine Erfahrung. Die Mannschaft funktioniert.

 

Wie erleichtert waren Sie nach dem 5:1-Erfolg in Iserlohn am vergangenen Sonntag?

Ehrenberger: Wichtig war, dass wir die Startphase nicht verschlafen. Beim ersten Auswärtsspiel in Straubing ist es uns nicht gelungen, direkt im Spiel zu sein. Das haben wir in Iserlohn besser gemacht, wo es von der Stimmung her ähnlich wie in Straubing ist. Das war eine hundertprozentige Steigerung. Wir haben vielleicht die eine oder andere Strafzeit zu viel bekommen, aber insgesamt war das eine ordentliche Leistung. Der Sieg war meiner Meinung nach verdient. Es waren sehr wichtige Punkte, damit wir nicht mit leeren Händen aus dem Wochenende gehen.

 

Haben Sie vor der Partie mal kurz an die vergangene Saison gedacht? Damals startete der ERC ebenfalls mit zwei Niederlagen und einem Sieg, und nach der Niederlage am vierten Spieltag hingen die Panther dann im Tabellenkeller fest.

Ehrenberger: Die Startphase der letzten Saison vergessen wir lieber mal (lacht). Da ist es uns nicht gelungen, konstant gute Leistungen zu bringen. Aber ich möchte eigentlich nicht mehr so viel an die vergangene Saison denken, das ist Schnee von gestern. Wichtig ist, was in dieser Saison passiert. Ich finde, dass die Trainer das sehr gut hingekriegt haben, die Mannschaft war bereit.

 

Mit Heim-Kapitän John Laliberte fällt ein Leistungsträger allerdings länger aus, dazu kommt die Verletzung von Youngster Marc Schmidpeter.

Ehrenberger: Es tut weh, dass uns zwei Stürmer fehlen. Marc (Adduktorenverletzung, d. Red.)

wird vielleicht im Dezember zurückkommen. Johnny (acht Wochen Pause wegen eines Bruchs des Außenknöchels, d. Red.) war in der Vorbereitung vielleicht unser bester Spieler. Er hat aber ein bisschen Glück im Unglück gehabt, weil keine Bänder beschädigt sind. Die anderen müssen nun eben enger zusammenrücken. Wichtig ist, dass nach hinten alles dicht ist. Das gelingt uns sehr gut. Wir haben nicht so viele Zwei-gegen-Eins- oder Drei-gegen-Zwei-Situationen gegen uns wie in der vergangenen Saison. Das ist ein riesiger Unterschied, da sind wir viel organisierter. Ich möchte nicht mit Statistiken anfangen, aber wir haben im Angriff mit Sicherheit mehr Zwei-gegen-Eins-Situationen als unsere Gegner. Vielleicht hätten wir das eine oder andere Tor mehr schießen können.

 

Trotzdem: Wenn sich noch ein Stürmer verletzen sollte, können Sie keine kompletten vier Sturmreihen mehr aufbieten. Halten Sie schon Ausschau nach einer Verstärkung?

Ehrenberger: Wenn man die Meldung veröffentlicht, dass sich ein ausländischer Stürmer verletzt hat, schicken die Agenten sofort eine Mail mit allen Spielern, die noch einen Klub suchen. Aber wir haben jetzt Ende September. Mit Christoph Kiefersauer haben wir einen jungen, ehrgeizigen Spieler (vom Kooperationspartner Kaufbeuren, d. Red.) in den Kader geholt und ein Trainerteam, das mit solchen Spielern arbeiten kann und will. Es wäre überstürzt, sofort zu handeln.

 

Im Vorjahr haben zu viele Neuzugänge die Erwartungen nicht erfüllt. Wie ist Ihr bisheriger Eindruck von den Neuen in dieser Saison?

Ehrenberger: Spieler öffentlich individuell bewerten möchte ich zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht. Alle arbeiten hart und haben schon angedeutet, was sie können. Wir haben aber generell einige Spieler, die noch Luft nach oben haben.

 

Auffällig ist, dass viele Experten den Panthern vor allem läuferische Klasse bescheinigen.

Ehrenberger: Das ist immer der Wunsch, eine schnelle Mannschaft zu haben.

 

Nürnberg verfolgt aber einen etwas anderen Ansatz, indem sie gerne groß gewachsene und körperlich starke Profis holen.

Ehrenberger: Das gehört auch dazu. Du brauchst Spieler, die richtig in die Zweikämpfe gehen, wie Fabio Wagner. Die müssen nicht zwei Meter groß, aber sie müssen kompromisslos sein. Diese physische Komponente haben wir mit Martin Buchwieser oder Darryl Boyce auch. Da haben wir im Vergleich zum letzten Jahr nicht verloren. Wir haben einen guten schlittschuhläuferischen Standard im Team, aber schnell zu spielen heißt nicht nur schnell zu rennen, sondern auch schnell zu handeln. Wenn wir das machen, spielen wir echt schnelles Eishockey. Wir hatten schon ein paar Drittel, die sehr gut ausgesehen haben.

 

Das Gespräch führte

Alexander Petri.