Ingolstadt
Die zweite Chance für Thomas Greilinger

Als 19-jähriges Talent erlebte er das Finale mit München – jetzt will der Torjäger mit dem ERC erneut den Titel holen

16.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:48 Uhr

Thomas Greilinger (links) in Aktion: Der Handgelenksschuss des 32-Jährigen ist in der Deutschen Eishockey-Liga gefürchtet - Foto: ISPFD

Ingolstadt (DK) Thomas Greilinger ist Ingolstadts offensive Lebensversicherung. 136 Tore hat er für die Panther in sechs Jahren erzielt. Im Finale ist der gefürchtete Handgelenksschuss des 32-jährigen Nationalstürmers besonders gefragt.

Nach dem 5:3-Sieg im letzten Halbfinale gegen Hamburg stand für den gewöhnlich eher wortkargen Deggendorfer erst einmal ein Redemarathon an. Mehrere Fernsehteams forderten den begehrten Torjäger zum Interview an. „Ich war fast schockiert, als ich aus dem Kabinengang kam und die vielen Kameras sah. Das sind wir in Ingolstadt nicht gewohnt. Aber es ist ja schön, wenn das Interesse größer ist“, sagte Greilinger und meisterte die Medientermine gewohnt routiniert.

Danach war Schmusen angesagt. Während die Fans in der Saturn-Arena noch ihre Helden feierten und lautstark zu einer Ehrenrunde auf dem Eis aufforderten, liebkoste Greilinger zwischen Fernsehkameras und Medienvertretern seinen neun Monate alten Sohn Jonathan. Immer wieder drückte er ihm Küsschen auf die Wange und suchte gleichzeitig mit fragendem Blick nach dessen Zwillingsbruder Ben. „Er ist im letzten Drittel eingeschlafen“, erklärte Mama Sandra, die ihn in die Obhut anderer Angehöriger gegeben hatte.

Die auf dem Eis oft rauen Panther-Profis können also auch zärtliche Familienväter sein. Gestern zeigte Greilinger dann wieder seine andere Seite – er zerschoss im Training eine Glasscheibe. Der knallharte Handgelenksschuss ist die stärkste Waffe des Torjägers, der den Panthern zur Meisterschaft verhelfen soll. Vor der Finalserie gegen Köln meint Greilinger jedoch: „Wichtig ist in erster Linie, dass wir gegen die Haie defensiv gut stehen. Nur wenn uns zwei oder vielleicht drei Tore zum Sieg reichen, haben wir gute Chancen.“ Greilingers Respekt vor Köln ist groß. „Das Team ist seit zwei Jahren zusammen und für mich das beste der Liga. Die Haie bekommen kaum Gegentore und sind defensiv brutal stark“, sagt der 32-Jährige.

Andererseits sieht der ERC-Torjäger, der in der Viertelfinalserie gegen Krefeld als vierfacher Torschütze auftrumpfte, die große Chance, erneut den Titel zu holen. Schon als 19-jähriges Ausnahmetalent stand er mit den München Barons einmal im Finale, kam beim Sieg gegen Köln aber nur zu einigen Kurzeinsätzen. Jetzt ist er Leistungsträger und hat vielleicht die letzte Chance, noch einmal Meister zu werden. „Man darf sich darüber nicht so viele Gedanken machen. Wir wollen locker bleiben und einfach spielen. Wir haben nichts zu verlieren“, sagt Greilinger.

Dass jetzt im Fernsehen wieder Porträts über ihn gesendet werden und seine turbulente Karriere beleuchtet wird, tangiert ihn nicht. Die Geschichte vom schlampigen Genie, das mit großem Übergewicht in der Versenkung verschwand, ehe es bei den Panthern erfolgreich ein Comeback startete, ist bekannt. „Daran denke ich aber nicht mehr. Eher daran, dass uns im Januar jeder abgeschrieben hat und wir jetzt im Finale stehen. Als wir in den Pre-Play-offs mit Berlin den amtierenden Meister geschlagen haben, hat jeder gespürt, dass da noch mehr geht. Wir sind rechtzeitig ins Rollen gekommen“, meint Greilinger. Er könnte also auch ganz persönlich seine außergewöhnliche Karriere krönen.