Ingolstadt
"Die Gehälter in der Liga sind zu hoch"

01.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:44 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Für Jürgen Arnold ist Eishockey mehr als nur ein Hobby. Der 50-jährige Geschäftsmann aus Gaimersheim (Landkreis Eichstätt) leitet neben seiner Funktion als Geschäftsführer beim ERC Ingolstadt auch als Vorsitzender des Aufsichtsrats die Geschicke der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). U

nser Redakteur Stefan König sprach mit Arnold nicht nur über die neue Saison bei den Panthern, sondern auch über die Liga und die Problemfälle der vergangenen Monate.

Herr Arnold, am Freitag startet die DEL in eine neue Saison. Sind dann auch die Querelen der vergangenen Monate vergessen?

Jürgen Arnold: Man kann und darf die Ereignisse der vergangenen Monate nicht einfach so abhaken. Positiv ist sicher die Erkenntnis, dass durch diese Querelen die Klubs der Liga noch enger zusammengerückt sind. Und auch wenn wir intern in den nächsten Monaten noch Dinge aufzuarbeiten haben, bin ich im Moment erst mal froh, dass es am Freitag wieder auf dem Eis losgehen wird.

Der Fall Kassel ist in den vergangenen Tagen hinlänglich diskutiert und beleuchtet worden. Die DEL gab aber auch bei anderen Entscheidungen kein gutes Licht ab. Zum Beispiel im Fall München. Der Aufsteiger hat seine Unterlagen eindeutig zu spät eingereicht und ist nun trotzdem aufgenommen worden. Hat sich die Liga dem Druck der Münchner gebeugt?

Arnold: Nein. München hat den Weg über eine Klage beim Schiedsgericht gewählt. Das ist in unseren Statuten so geregelt und vollkommen legitim. Das Gericht hat einen Vergleich vorgeschlagen, dem wir zugestimmt haben. Aber nur deshalb, weil alle Unterlagen sofort nachgereicht worden sind. Im Endeffekt war es wohl eine Nachlässigkeit der Münchner. Von der Form her haben wir vollkommen richtig gehandelt, deshalb musste München ja auch alle Kosten tragen. Fristen sind uns heilig. Das wird auch späteren Bewerbern nun klar sein.

Nichts Neues waren dagegen die Drohungen von Günter Papenburg, den Standort Hannover zu schließen. Wie lange lässt sich die DEL von ihm noch auf der Nase herumtanzen.

Arnold: Über die Folgen seiner Äußerungen muss er sich selbst im Klaren sein. Wir als Liga wollen seinen Weg nicht kommentieren. Aber er kann seine Lizenz nicht nach Belieben kündigen. Sollte er das doch tun, wäre er schadensersatzpflichtig.

Aber Sie werden ihm doch mal sagen, dass er so der Liga keinen Gefallen tut?

Arnold: Sicherlich wird es noch Gespräche geben. Da können Sie sich sicher sein.

Wochenlang hat der Überlebenskampf der Kölner Haie die Liga in Atem gehalten. Nicht zum ersten Mal hat sich bei den Haien ein finanzielles Loch aufgetan. Hat die DEL bei der Lizenzierung nicht genau hingesehen?

Arnold: Trotz aller Prüfungen kann es natürlich immer passieren, dass einem Klub plötzlich zwei, drei Sponsoren wegbrechen oder die Einnahmen aus Zuschauern und Fanartikelverkauf wegen sportlichem Misserfolg sinken. Das kann niemand genau vorher wissen. So ist es den Kölnern gegangen. Nun haben Sie wieder neue Investoren gefunden und es sieht gut aus.

Die DEL startet nun mit 14 Mannschaften. Ist das die ideale Größe?

Arnold: Es müssen mindestens zwölf Mannschaften sein. Auf eine genaue Zahl will ich mich nicht festlegen, aber es wird, wie in der Wirtschaft auch, sicher noch einen Bereinigungsprozess geben.

Die Verhandlungen mit dem Deutschen Eishockey-Bund über einen Kooperationsvertrag stehen bevor. Was spricht gegen einen Auf- und Abstieg?

Arnold: Der Auf- und Abstieg wird ein Thema sein, aber eher in Gesprächen mit der 2. Liga, nicht mit dem DEB. Aber man darf ihn nicht isoliert sehen. Wir brauchen eine tragfähige Gesamtlösung. Nachwuchs, Profiliga mit einem vernünftigen Unterbau und die Nationalmannschaft stehen dabei im Fokus.

Wird es eventuell eine zweite Profiliga, eine DEL II, geben?

Arnold: Ich möchte den Gesprächen nicht vorgreifen. Aber wir brauchen eine einheitlichere Philosophie der verschiedenen Ligen.

Kölns Geschäftsführer Thomas Eichin hat die Einführung einer Gehaltsobergrenze vorgeschlagen. Ähnlich der NHL. Ist das sinnvoll?

Arnold: Wenn er eine Begrenzung der Gehälter meint, gebe ich ihm zu 100 Prozent recht. Leider sind bei uns die Gehälter nicht so transparent wie in den USA, und das deutsche Arbeitsrecht macht das praktisch unmöglich. Nachdem dann zusätzlich noch ein riesiger Kontrollapparat aufgebaut werden müsste, macht so etwas keinen Sinn.

Es kommt oft der Vorwurf auf, dass die Spieler zu viel verdienen. Ist das so?

Arnold: Ja. Die gesamte Liga krankt daran, dass die Gehälter zu hoch sind. Nur wenn es uns gelingt, dass Gehaltsniveau um circa 20 Prozent nach unten zu fahren, haben wir eine ausgeglichene Liga, die gut wirtschaften kann. Ansonsten werden noch weitere Vereine finanzielle Probleme bekommen. Eine gewisse Einsicht ist bei den Gesellschaftern auch schon zu erkennen. Wobei ich festhalten möchte, dass ich den Spielern gerne auch höhere Gehälter zugestehen würde, wenn diese denn auch eingespielt werden würden. Das ist aber leider nicht immer so, und reich wird in der DEL ohnehin kein Spieler. Das sind keine Fußballdimensionen.

Wäre dann der nächste Schritt eine Reduzierung der Kontingentstellen?

Arnold: Keine Frage. Obwohl wir die Sportart sind, die den größten Anteil an deutschen Spielern in der ersten Liga hat. Wenn wir im Profibereich mehr guten Nachwuchs einsetzen könnten, dann wäre das doch klasse. Ich wäre dann sofort für eine weitere Reduzierung. Sie darf nur nicht zur Inflation der Gehälter von deutschen Spielern führen. Auch die Reduzierung der Anzahl der Klubs in der DEL und der 2. Liga eröffnet da vielleicht neue Spielräume.

Der Bezahlsender Sky steckt tiefer denn je in den roten Zahlen. Haben Sie Sorge um Ihren Fernsehpartner?

Arnold: Natürlich betrachten wir das mit einer gewissen Sorge. Wir sind aber im engen Kontakt mit dem Sky-Vorstand, zu dem wir seit jeher ein sehr gutes Verhältnis haben.

Was halten Sie von den neuen Übertragungszeiten? Freitag um 20.20 Uhr und Sonntag und 19.05?

Arnold: Positiv ist, dass der Donnerstag als Spieltag wegfällt. Die Zuschauerzahlen ließen doch etwas zu wünschen übrig und logistisch war das immer ein enormer Aufwand. Hintergrund ist ja auch, dass dadurch aktuelle Highlights von anderen Spielen des Tages gezeigt werden können. Das finde ich hervorragend.

Lassen Sie uns zum ERC kommen. Wie gesund sind die Panther?

Arnold: Der ERC hat schwierige Jahre hinter sich, das ist ja nicht unbekannt. Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich waren wir eher auf dem absteigenden Ast. In der vergangenen Saison haben wir aber in beiden Bereichen den Turnaround geschafft. Entwicklungen wie in Frankfurt oder Kassel wird es bei uns nicht geben. Wenn es wirtschaftlich nicht läuft, dann werden wir rechtzeitig die nötigen Schritte einleiten.

Der Etat ist sogar leicht erhöht worden, heißt es. Er soll nun bei etwas über sechs Millionen Euro liegen.

Arnold: Wir haben zum Glück weitere Sponsoren für den ERC gewinnen können. Deshalb haben wir den Etat leicht erhöhen können. Das ist richtig. Ins Detail möchte ich aber nicht gehen. Aber nur soviel: Auch der Nachwuchs hat dieses Jahr deutlich mehr von uns bekommen.

Wie abhängig ist der Verein noch von seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Leopold Stiefel? Der ehemalige Media-Markt-Chef zieht immer noch im Hintergrund die Fäden. Was ist, wenn er wirklich einmal kürzer treten wird?

Arnold: Der wirtschaftliche Erfolg ist nach wie vor maßgeblich mit Leopold Stiefel verbunden. Aber er und wir wissen, dass wir für die Zukunft unabhängiger planen müssen. Die Weichen hierfür wurden schon vor Jahren von ihm gestellt.

Media-Saturn besitzt noch für diese Saison einen Vertrag als Trikotsponsor. Wie geht es weiter?

Arnold: Diese Verhandlungen führt ausschließlich Leopold Stiefel. Ich wünsche mir für den ERC natürlich, dass das Engagement noch viele Jahre so weitergeführt wird.

Welche Rolle spielt Audi in Ihren Planungen? Ist es denkbar, dass die vier Ringe mittelfristig auf der Panther-Brust glänzen?

Arnold: Audi hat sich mittlerweile zu einer tragenden Säule des ERC entwickelt, dieses Engagement gibt dem Club großen Rückhalt und Planungssicherheit.

Mit Reinhard Büchl und Ihnen besetzen im Moment immer noch zwei Gesellschafter die Geschäftsführung. Wie lange noch?

Arnold: Diese Saison wird sich nichts ändern. Der Reformprozess beim ERC ist noch nicht vorbei. Einen fixen Termin gibt es nicht. Aber es ist klar, dass der ERC irgendwann einmal wieder von einer Person geführt wird, die nicht aus dem Gesellschafterkreis stammt.

Wie sieht es bei Sportdirektor Jim Boni aus? Sein Vertrag läuft aus. Hat es schon Gespräche über eine Verlängerung gegeben?

Arnold: Unseren Erfolg haben wir sicher zu einem großen Teil ihm zu verdanken. Klar, wollen wir mit ihm verlängern.

Wie lautet das Ziel für diese Saison?

Arnold: Die direkte Qualifikation für die Play-offs ist das Ziel. Unser Kader ist sportlich sicher noch einmal ein wenig stärker als in der vergangenen Saison.