Ingolstadt
Der schwierige Weg zurück

ERC-Stürmer Marc Schmidpeter kämpft nach einem Muskelabriss um seine Karriere in der DEL

30.11.2016 | Stand 02.12.2020, 18:58 Uhr

Foto: Eckhard Eibner

Ingolstadt (DK) Gestern auf den Tag genau vor zwei Jahren tobten die Panther-Fans in der Saturn-Arena, als ERC-Stürmer Marc Schmidpeter die Panther gegen die Eisbären Berlin mit 2:1 in Führung schoss. Es war das erste und bisher einzige Tor des heute 21-Jährigen in der Deutschen Eishockey-Liga.

Der ERC Ingolstadt gewann 3:2, der talentierte Außenstürmer bekam als DEL-Neuling beim damaligen Trainer Larry Huras viel Eiszeit und machte sich berechtigte Hoffnungen auf eine Profi-Karriere.

Am 30. November 2016 steht der 1,88 Meter große Angreifer mit einem Wettkampfgewicht von 95 Kilogramm wieder in der Saturn-Arena auf dem Eis. Allerdings jubelt ihm niemand zu, nicht einmal seine Teamkameraden spielen mit. Vielmehr absolviert Schmidpeter unter Anleitung von Fitnesstrainerin Maritta Becker alleine seine Übungen. "Komm, noch zweimal, dann hast du's geschafft", motiviert die 271-fache Ex-Nationalspielerin ihren Schützling. Und wieder sprintet Schmidpeter an der Blauen Linie los bis hinter das Tor und zieht dann eine Achterbahn um die beiden Bullykreise herum, vorwärts und rückwärts. Man hört das Kratzen der Kufen auf dem Eis, sonst nichts. 20 Sekunden dauert die Belastung, dann folgen zehn Sekunden Pause. Nach sechs Wiederholungen hat es der ERC-Stürmer geschafft, fällt keuchend auf die Sitzbank und darf sich drei Minuten erholen. "180 Puls", sagt Becker. Das sind 95 Prozent von Schmidpeters Maximalbelastung. Keine Frage, der Bursche quält sich. "110. Das ist gut", sagt Becker zufrieden, als der Puls nach der Pause schnell nach unten geht. "Marc wäre nicht so weit, wenn er nicht so viel Eigeninitiative mitbringen würde", lobt sie ihren "Stammkunden", den sie seit Mitte September auf seinem Weg der Genesung unterstützt.

Klaglos spult der in der Landshuter Eishockeyschule groß gewordene ERC-Profi sein Pensum herunter. Das heißt: vormittags 90 Minuten im Kraftraum, danach 30 bis 60 Minuten auf dem Eis mit Technik- und Lauftraining, nachmittags geht's wieder in den Kraftraum. All das im Rhythmus von zwei Tagen mit hoher Belastung und einem Tag regenerativen Trainings mit Radfahren, Laufen und Dehnen. Der siebte Tag ist frei.

An das Malheur, das am 6. August die lange Leidenszeit auslöste, erinnert sich der 21-Jährige ganz genau. "Im ersten Testspiel gegen Prag war ich schon am gegnerischen Verteidiger vorbei und machte mit dem Bein eine weite Vorwärtsbewegung, als mir ein anderer voll dagegenfuhr. Dann lag ich am Boden und konnte nicht mehr aufstehen", erzählt Schmidpeter. Der Oberschenkelmuskel war komplett abgerissen und musste an der Hüfte neu fixiert werden. "Die erste Zeit nach der Operation war schlimm. Auf Krücken konnte ich nichts tun, nicht einmal kochen. Zum Glück hatte meine Freundin Antonia Semesterferien. Sie hat mir viel geholfen", sagt Schmidpeter.

Seit mittlerweile zehn Wochen arbeitet der ERC-Stürmer an seinem Comeback. Erst in der Reha, dann mit eishockeyspezifischem Training und nun ständig zunehmender Belastung. "Ich merke, dass ich jetzt wirklich vorankomme, aber ich will nichts überstürzen. Ich möchte lieber völlig gesund und selbstbewusst zurückkehren", meint Schmidpeter, der seit kurzem zusätzlich das Eistraining beim Juniorenteam mitmacht und allmählich wieder ein Gefühl für Eishockey bekommt.

Eigentlich hatte sich der gebürtige Fürstenfeldbrucker, der in Dorfen und Landshut aufwuchs, vorgenommen, in seiner dritten Profi-Saison beim ERC den Durchbruch zu schaffen. 2014/15 kam er auf 26 DEL-Einsätze und sein Premierentor ("Mit so viel Eiszeit hatte ich damals gar nicht gerechnet"), ehe es nach dem Ende der Verletzungsmisere in Ingolstadt beim DEL2-Partner Landshut (14 Spiele, 2 Tore) für ihn weiterging. 2015/16 liehen die Panther das Talent an ihr neues DEL2-Kooperationsteam Kaufbeuren aus, bei dem Schmidpeter in 51 Spielen 10 Tore und 12 Vorlagen erzielte. "Ich konnte Über- und Unterzahl spielen und war Leistungsträger. Das hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Jetzt hoffe ich, dass ich mich auch beim ERC ins Team reinarbeiten kann", sagt Schmidpeter und hat seine Rolle schon im Kopf. "Ich bin physisch und läuferisch gut, habe einen guten Schuss, kann defensiv arbeiten und spiele gerne Unterzahl. Nur ein Spielmacher bin ich nicht", meint der Außenstürmer, der trotz seines Studiums (International Management im sechsten Semester) an seiner Eishockeykarriere festhalten will. Wenn er bald ins Mannschaftstraining einsteigen kann, wäre ein Comeback quasi als Weihnachtsgeschenk denkbar. Am 26. Dezember spielen die Panther zu Hause gegen die Eisbären Berlin, und an diesen Gegner hat Schmidpeter ja keine schlechten Erinnerungen.