"Hier passiert was für Natur- und Hochwasserschutz"

13.07.2008 | Stand 03.12.2020, 5:46 Uhr

40 Hektar für den Hochwasser- und Naturschutz zugleich. 33 davon als extensive Weide für Murnau-Werdenfelser Rinder. Der frühere Landrat Richard Keßler (rechts) erklärte den Besuchern gestern Nachmittag Hintergründe und Entstehungsgeschichte des Langen Weihers. Es sei gut gewesen, das Projekt in Angriff zu nehmen. - Foto: Frank

Hollenbach (DK) Nein, Bullen gibt es keinen auf der weitläufigen Weide, aber eine seltene Rinderrasse, ein Vielzahl Vögel, Amphibien in den Tümpeln, und am Zaun Überzeugungstäter, die zehn Jahre lang darauf hingearbeitet haben. Der Lange Weiher dient Hochwasser- und Naturschutz gleichermaßen.

Dafür, dass die Veranstaltung abgesagt war, war sie ziemlich angesagt. Rund 50 Interessierte, darunter eine Reihe Kommunalpolitiker, fanden sich gestern Nachmittag am Langen Weiher bei Hollenbach ein, um den größten Retentionsraum des Donaumooses (300 000 Kubikmeter) in Augenschein zu nehmen. 40 Hektar groß ist die Fläche, die der Donaumoos-Zweckverband unter seine Fittiche nahm. Etwa 33 Hektar davon werden extensiv mit den selten gewordenen Murnau-Werdenfelser Rindern beweidet. Sechs bis sieben Monate im Jahr, dann gehen die Rinder auf Gut Rohrenfeld in einem Laufstall ins Winterquartier, kalben dort (hoffentlich), um pünktlich im Frühjahr wieder auf die weitläufige Weide gebracht zu werden.

Die hat mit einer herkömmlichen Wiese wenig gemein. Künstliche Tümpel wurden angelegt, in denen die Wiederkäuer schon mal bis zum Bauch eintauchen, um Rohrkolben zu fressen. Insgesamt ist die Fläche stark vernässt, was Binsen und Schilf anzeigen. Die Rinder stört’s nicht, erklärt Franz Eller aus Neuburg, Jagdpächter und Rinderzüchter, der gemeinsam mit dem Tierarzt Rupert Ebner aus Ingolstadt, derzeit 32 Rinder und fünf Kälber am Langen Weiher grasen lässt. Auf freilaufende Bullen haben die beiden verzichtet, zu riskant. Die Tiere kommen sowohl mit dem feuchten Boden als auch dem eher minderwertigen Bewuchs gut zurecht, wachsen, gedeihen und scheren sich nicht um die Besuchergruppe, die sich trotz offizieller Absage entlang des Zaunes drängt. Der hält übrigens weder Rehe noch Hasen davon ab, aus der umliegenden Agrarsteppe auf diesen Flecken geballter Biodiversität einzuwechseln.

Vogelmonitoring startet

Während in den flachen Tümpeln Frösche quaken, schießen Schwalben im Tiefflug über die Weide. Brachvogel, Kiebitz, der Storch, Neuntöter, Rot- und Schwarzmilan, das seltene Braunkehlchen, sie alle sind hier zu beobachten. Zielvorgabe des Projektes ist, den Hochwasser-, Moorkörper- und Artenschutz unter Wahrung der landwirtschaftlichen Produktivität zu erhalten. Die Weidegemeinschaft Eller/Ebner muss zwar von ihrer Rinderzucht nicht leben, "ein Hobby mit wirtschaftlichem Charakter und zumindest einer schwarzen Null unterm Strich", soll es laut Eller dann aber doch sein.

Diese 40 Hektar, die als Hochwasser-Rückhalteraum dienen, sind das zweite Projekt im Donaumoos. Der Anfang wurde am Seeanger bei Pöttmes gemacht. Der Lange Weiher ist Projekt Nummer zwei, am Baierner Hölzl soll ein dritter Retentionsraum entstehen. 420 000 Euro hat die Anlage des Langen Weihers mit Flachteichen und Auslassbauwerk gekostet. 2006 wurde mit den Arbeiten begonnen. Die Murnau-Werdenfelser kämpfen in der zweiten Saison gegen die Verbuschung an. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Neuburger Auenzentrum unter Leitung von Professor Bernd Cyffka. Jetzt ist auch ein Vogelmonitoring gestartet, das zunächst auf drei Jahre befristet ist und mit Sicherheit interessante Erkenntnisse bringen wird.

Nachdem Willi Riß vom Donaumoos-Zweckverband die Veranstaltung wegen Regens abgeblasen hatte, nahm Landrat Roland Weigert einen anderen Termin war. Vor Ort waren Weigerts Stellvertreter Michael Kettner und sein Amtsvorgänger Richard Keßler. Keßler findet belustigt, einen Retentionsraum bei Regen einzuweihen, sei weder art- noch sachfremd. "Hier passiert konkret was für den Natur- und Hochwasserschutz", erklärt er, als er von Landratsstellvertreter Michael Kettner um Hintergrundinformationen gebeten wird. "Zehn Jahre habe ich politisch dafür gearbeitet", sagt Keßler und es sei gut gewesen, dieses Projekt in Angriff zu nehmen.

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