Eichstätt

"Ein echter Hingucker"

04.03.2011 | Stand 03.12.2020, 3:05 Uhr

Museumsleiter Albert J. Günther vor einer Vitrine mit militärischen Ausrüstungsgegenständen der Römer.

Eichstätt (pp) Im zweiten Teil der Museumsserie steht das Museum für Ur- und Frühgeschichte auf der Eichstätter Willibaldsburg im Mittelpunkt. Beheimatet ist es im ersten Obergeschoss des Südflügels des Gemmingenbaus der Willibaldsburg und lockt jährlich 55 000 bis 60 000 Besucher an.

Das Museum, das vom Historischen Verein Eichstätt betrieben wird, hält Informationen über die Entwicklungsgeschichte der Region von der Steinzeit bis zum Frühmittelalter bereit.
 

Zu den bisherigen Höhepunkten – ein lebensgroßes Mammutskelett aus Buchenhüll mit Steinzeitmensch (das übrigens vom neuen Kreisheimatpfleger Dr. Karl Heinz Rieder 1977 als Student zusammengesetzt wurde), eiszeitliche Höhlenhyänen und Rentiere sowie die Abteilung mit einzigartigen Römerfunden – ist jetzt ein weiteres museales Prunkstück hinzugekommen: Ein lebensgroßer römischer Kohortensoldat ("Auxiliarsoldat") mit typischer Bewaffnung, Bekleidung und Ausrüstung ziert als Rekonstruktion nun die Ausstellungsräume.

Finanziert wurde die Maßnahme vom Landkreis Eichstätt, vom Historischen Verein als Museumsbetreiber und der Eichstätter Kulturstiftung Volksbank/EICHSTÄTTER KURIER. Verwaltet und geleitet wird das Museum als überregionales Geschichtsmuseum des Historischen Vereins von Restaurator und Museumsfachmann Albert J. Günther.

"Die Willibaldsburg ist ein optimaler Museumsstandort. Der Historische Verein, der heuer übrigens sein 125-jähriges Bestehen feiern kann, steckt viel Geld in sein Museum und die Sammlungen, wobei wir schon auch durch Landkreis, Stadt und Geldinstitute sowie der Landesstelle für die nicht staatlichen Museen in Bayern unterstützt werden. Die Rekonstruktion des römischen Soldaten war uns ein großes Anliegen, sie erfolgte nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen", erzählt der Eichstätter Museumsleiter.

Alle metallenen Ausrüstungsteile sind beispielsweise Kopien von Originalfunden aus Pfünz, Böhming, Nassenfels, Pförring und vom Limes. "Da steckt eine Menge Arbeit drin, von der Planung bis zur Ausstellung ist es ein weiter Weg", so Günther.

Die Präsentation des Soldaten sei für das Museum "eine großartige Bereicherung" und für die Besucher "ein echter Hingucker". Detailgetreu wurden Kettenhemd, Helm mit Wangenklappen und Nackenschild sowie ein Ovalschild mit entsprechender Bemalung gefertigt. Auch an der Bewaffnung mit Langschwert, Dolch und Lanze mangelt es dem neuen Ausstellungsobjekt nicht – waren doch Gürtel und Schwertriemen wichtige Attribute eines römischen Soldaten und diese reich verziert.

In der römischen Abteilung ist das Großmodell des römischen Kastells Pfünz (um 200 nach Christus) mit rund 500 handbemalten Zinnfiguren Anziehungspunkt für Museumsgäste. Die Funde aus der Römerzeit sind sehr vielfältig, hervorzuheben ist die einzige Groma nördlich der Alpen, ein römisches Vermessungsgerät.

Das Museum ist zeitlich nach Kultur- und Geschichtsepochen geordnet: Die Ausstellungsräume entsprechen dabei den Epochen der Chronologie-Tabellen, so dass Raum 1 für die Altsteinzeit steht und der Geschichtsablauf der heimischen Archäologie mit dem frühen Mittelalter im letzten Raum endet. Ausnahmslos anhand von einmaligen Originalstücken wird damit die Epoche vom ersten Auftreten des Menschen im Eichstätter Raum bis zur Christianisierung fast lückenlos abgedeckt.

Besonders stolz ist Albert J. Günther auch auf die ausgestellte Grabanlage eines Ehepaares aus der Merowingerzeit (8. Jahrhundert), das anlässlich von Straßenbauarbeiten 1989 in Pfünz entdeckt wurde. Der hallstattzeitliche Grabhügel mit einem Steinkranz von 20 Metern Durchmesser lag an einem strategisch wichtigen Übergang über die Altmühl. Der Mann ist als berittener Krieger mit Vollbewaffnung ausgestattet. Nicht weniger reichhaltig ist das Frauengrab ausgestattet, mit reichem Schmuck- und Trachtenzubehör. Der Museumsbesucher kann darüber hinaus Funde aus Römerlagern und Zivilsiedlungen bestaunen. Militärische Ausrüstungsgegenstände und echte "Mammuthaare" gibt es auf der Burg auch, allerdings hinter Glas.

"Es könnten noch viele interessante Objekte ausgestellt werden, doch leider fehlt der Platz", bedauert Albert Günther. Für die nächsten Jahre plant der Verein eine weitere Überarbeitung der Ausstellung, "die Schau soll für die Besucher attraktiv und zugleich informativ sein, keine geistige Belastung". In den Depots der Burg schlummern noch weitere faszinierende Objekte und Bodenfunde aus dem gesamten Landkreis, die auch noch den Weg ins Museum oder in Sonderausstellungen finden sollen.

Weitere Informationen gibt es bei: Museum für Ur- und Frühgeschichte auf der Willibaldsburg, www.museumfuerurundfruehgeschichte.de, hier gibt es auch Auskunft über Sonderausstellungen. Öffnungszeiten: 1. April bis 30. September von 9 bis 18 Uhr, 1. Oktober bis 31. März von 10 bis 16 Uhr.

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