"Das sind meine Mädels"

13.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:49 Uhr

Overath (DK) Gero Bisanz gehört zu den Pionieren im Frauenfußball. Als erster Bundestrainer hat er die DFB-Auswahl 1989, 1991 und 1995 zu drei EM-Titeln geführt. Eine Erfolgsgeschichte begann. "Er war eine absolute Respektperson. Vom Fachwissen her konnte ihm keiner etwas vormachen.

 Er ist ein ganz besonderer Mensch und war ein toller Trainer", sagt Doris Fitschen, die Managerin der Frauen-Nationalmannschaft, über den heute 75-Jährigen, der in Overath bei Köln lebt und 1996 nach 14 Jahren erfolgreicher Arbeit zurücktrat. Vor dem Testländerspiel der deutschen Nationalmannschaft am 21. Mai in Ingolstadt gegen Nordkorea sprach unsere Mitarbeiterin Christiane Müller mit ihm.

Herr Bisanz, Sie haben die deutschen Fußballerinnen zu ihren ersten internationalen Erfolgen geführt und Sie kennen die Vorurteile aus den Anfängen zur Genüge. Die Zeiten haben sich geändert. Wenn Sie heute das Team und seine Entwicklung sehen, was geht da in Ihnen vor?

Gero Bisanz: Ich freue mich sehr darüber, aber ich bin nicht überrascht. Die Mannschaft hat jetzt die Aufmerksamkeit, die sie verdient. Sie ist zweifacher Weltmeister und siebenfacher Europameister. Das hat ja wohl genug Aussagekraft. Ich verfolge noch alles. Wenn ich sehe, wie die Spielerinnen heute sind, haben sie alles, was sie für gute Leistungen brauchen. Sie sind selbstbewusst, charmant und nicht überheblich. Das ist für die WM im eigenen Land sehr wichtig. Heute haben sie Sponsoren und viel Aufmerksamkeit in den Medien. Das ist sehr schön. Damals mussten wir um Anerkennung kämpfen.

Mit Bundestrainerin Silvia Neid und Managerin Doris Fitschen stehen im WM-Jahr zwei Ihrer früheren Leistungsträgerinnen an der Spitze der Nationalmannschaft. Freut Sie das?

Bisanz: Natürlich. Das sind beides Spielerinnen, die ich geformt habe, zwei meiner Mädels. Sie haben es verdient, weil sie den Frauenfußball weiterentwickelt haben. Sie haben alles unter miserablen Umständen mit aufgebaut. Wenn ich sehe, was daraus geworden ist, macht es mich sehr glücklich. Silvia habe ich als ganz junge Spielerinnen gesichtet. Sie war damals erst 18 Jahre alt. Ich habe sie im November 1982 im ersten Länderspiel beim 5:1-Sieg gegen die Schweiz eingesetzt und sie hat sich gleich mit zwei Toren bedankt. Ich habe sie zur Spielmacherin geformt und ihr auf der Zehn Vertrauen gegeben. Sie macht ihren Trainerjob genauso gut oder sogar noch besser als ich.

Ist sie in Ihren Augen Ihre perfekte Nachfolgerin?

Bisanz: Meine direkte Nachfolgerin ist sie ja nicht, denn nach mir kam erst einmal Tina Theune-Meyer. Am Anfang habe ich sie nur bei Lehrgängen eingesetzt, dann ist es immer mehr geworden. Und irgendwann wollte ich das Heft nach dem Aufbau in andere Hände übergeben. Ich war ja nicht nur Frauen-Nationalcoach, sondern auch noch Trainerausbilder beim DFB. Ich fand es damals gut, dass eine Frau in meine Fußstapfen tritt. Silvia Neid wurde genauso aufgebaut und hat dann wiederum von Tina Theune-Meyer übernommen. Ich freue mich sehr, wenn eine Trainerin so erfolgreich arbeitet.

Wie haben Sie sich als Mann in den Pionierzeiten des deutschen Frauenfußballs gefühlt?

Bisanz: Ich habe den Frauenfußball von Anfang an ernst genommen, weil ich gemerkt habe, wie gerne die Mädels spielen und wie viel sie dafür opfern. Sie sind damals nach der Arbeit aus Siegen und Bergisch Gladbach nach Köln gekommen, um mit mir zwei Stunden Sondertraining zu machen. Das muss man sich mal vorstellen. Ich habe versucht, als Trainer alles zurückzugeben. Es war eine gute Symbiose.

Was haben Sie heute noch mit Fußball zu tun?

Bisanz: Eigentlich nichts mehr. Ich schaue mir mal das eine oder andere Bundesligaspiel in Köln oder in Leverkusen an, war beim Frauen-Pokalfinale und bin auch ab und an mal bei den Länderspielen der Frauen, wenn es nicht so weit von Köln entfernt ist.

Schaffen es die deutschen Frauen, zum dritten Mal in Folge den Titel zu verteidigen?

Bisanz: Das deutsche Team gehört zu den erfolgreichsten Fußball-Frauenmannschaften der Welt. Es hat mit Silvia Neid eine fähige Trainerin mit einem gut arbeitenden Funktionsteam sowie mit Doris Fitschen eine kompetente Managerin. Deshalb glaube ich, dass unsere Frauen erneut Weltmeister werden können. Das wünsche ich der Mannschaft und drücke ihr beide Daumen.

Wer sind die härtesten Konkurrenten?

Bisanz: Es gibt einige Teams, die alles daransetzen werden, hier in Deutschland gut abzuschneiden, wie die USA, Brasilien, Schweden, Frankreich und eventuell Nordkorea.

Haben Sie schon Karten?

Bisanz: Noch nicht, aber ich hoffe, dass ich noch welche bekomme. Ich wäre natürlich sehr gerne dabei.

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