Bremen

Früher war mehr Gift

Vor dem heutigen Spiel: Der einstigen Rivalität zwischen Werder und Bayern ist wenig geblieben

21.04.2012 | Stand 03.12.2020, 1:35 Uhr
Heiß her ging es zwischen Bayern München und Werder Bremen häufig: Doch in den vergangenen Jahren ist die Brisanz aus dem Nord-Süd-Duell gewichen. Unvergessen ist das schwere Foul von Klaus Augenthaler an Rudi Völler (rechts). Völler verletzte sich dabei schwer. −Foto: imago

Bremen (DK) Auf dem Radarschirm von Bayern München ist Werder Bremen verschwunden. Die erbitterte Rivalität zwischen Roten und Grün-Weißen, die in den 80er und 90er Jahren Fußball-Deutschland in ihren Bann zog, ist einem entspannten Verhältnis gewichen. Heute treffen beide Klubs aufeinander.

Wer dem FC Bayern München auf die Pelle rückt oder gar an ihm vorbeizieht, bekommt es zwangsläufig mit Uli Hoeneß zu tun. Kürzlich feuerte der streitbare Bayern-Präsident seine Giftpfeile Richtung Dortmund ab, deren Borussia sich anschickt, dem „Stern des Südens“ zum zweiten Mal in Folge die Meisterschale wegzuschnappen.

Das sorgt bei Hoeneß für einen dicken Hals, wie seine Attacke gegen BVB-Chef Hans-Joachim Watzke belegt. „Die Märchen, die Herr Watzke erzählt, mit seinen 45 Millionen Personalkosten. Die kann er denen erzählen, die keine Ahnung haben“, unterstellte Hoeneß den Westfalen, deutlich höhere Gehälter zu zahlen, als offiziell bekannt ist.

Werder spielte bei dieser Tirade eine Nebenrolle – als abschreckendes Beispiel. „Er muss aufpassen, dass er kein zweiter Willi Lemke wird“, sagte der Bayern-Boss über Watzke.

Ein Vergleich mit Hoeneß’ Erzfeind Lemke – das darf Watzke als Ritterschlag empfinden. Immerhin waren die verbalen Rempeleien, die sich Hoeneß auf dem Höhepunkt des hanseatisch-bajuwarischen Konflikts mit dem damaligen Werder-Manager Lemke lieferte, auch ein Ausdruck der Furcht vor dem Konkurrenten von der Weser.

Der hielt nicht nur auf dem Rasen mit den Münchnern mit – Lemke verstand sich mindestens ebenso gut aufs Austeilen wie sein Intimfeind. „Hoeneß lässt alle spüren, dass sie seiner Meinung nach nur Schuljungen sind. Der einzige Klub, der erfolgreich arbeitet, ist der FC Bayern, davon ist er unbeirrbar überzeugt. Eine Arroganz, die nicht zu überbieten ist“, sagte Lemke, der sich als Aufsichtsratsvorsitzender bei Werder nur noch selten zum Tagesgeschäft äußert.

Dabei hätte es der Fehde zwischen Lemke und Hoeneß nicht bedurft, das Nord-Süd-Duell bot auch so genug Spannung und unvergessliche Momente. Zum Beispiel das brutale Foul, mit dem Klaus Augenthaler seinem Gegenspieler Rudi Völler im November 1985 eine monatelange Pause bescherte. Oder der verschossene Elfmeter von Michael Kutzop am 22. April 1986 beim 0:0 gegen die Bayern, der Werder letztlich den Titel kostete.

Zwei Jahre später klappte es dann doch mit der Meisterschaft, die Bayern hatten als Zweiter das Nachsehen. So wie in der Saison 1992/1993, als Werder Meister vor den Bayern wurde – versüßt durch einen 3:1-Sieg in München und einen 4:1-Heimtriumph im Weserstadion. Oder eben der DFB-Pokal-Triumph über den Erzrivalen aus Bayern im Jahr 1999. Doch kurze Zeit später flogen bereits nicht mehr so viele Giftpfeile zwischen beiden Teams. Beim letzten Bremer „Zwergenaufstand“ gegen die Münchner, dem Titelgewinn 2004, war der Umgang miteinander deutlich respektvoller. Kein Wunder, denn Lemke war als Bildungssenator in die Politik gewechselt, was Hoeneß zu süffisanten Bemerkungen über das Pisa-Schlusslicht Bremen nutzte.

Seit 1999 gibt Klaus Allofs als Lemkes Nachfolger bei Werder Bremen den Ton an – Sticheleien kommen kaum noch vor. Dass Werder vor den Bayern landet, allerdings auch nicht.

 

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