Scheyern

"Ohne Wertschätzung keine Wertschöpfung"

Hochkarätige Referenten beim Unternehmertag 2012

12.10.2012 | Stand 03.12.2020, 0:58 Uhr

Strahlende Gesichter nach einem gelungenen Unternehmertag: Pater Anselm Grün (von links), stellvertretender Landrat Anton Westner, Landtagsabgeordnete Erika Görlitz, vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt und Wirtschaftsbeiratschef Bernd Huber. - Foto: Steininger

Scheyern (PK) „Ohne Wertschätzung gibt keine Wertschöpfung“: Bereits in seinem Grußwort hatte Stellvertretender Landrat Anton Westner (CSU) einen Wirtschaftsexperten in Sachen „Verhältnis Arbeitgeber – Arbeitnehmer“ zitiert und damit das Fazit des Unternehmertages vorweggenommen.

Das traf haargenau den Kern der nachfolgenden Referate, denen die zahlreichen Firmenchefs und Führungskräfte mit großer Aufmerksamkeit zuhörten. Stellvertretend für die Unternehmerseite begrüßte Bernd Huber, Vorsitzender des Wirtschaftsbeirates des Landkreises, unter anderem den Chef von Cassidian Manching, Senior-Vice-President Erik Jensen, und Stefan Hipp, Gesellschafter beim Babynahrungsmittelhersteller Hipp in Pfaffenhofen, als größte Arbeitgeber im Landkreis und Bundestagsabgeordneten Franz Obermeier und Landtagsabgeordnete Erika Görlitz (beide CSU) als Vertreter der Politik.

Mit Bertram Brossardt, unter anderem Hauptgeschäftsführer und Vizepräsident der „Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V.“ (vbw) und Pater Dr. Anselm Grün, Cellarar der Abtei Münsterschwarzach, Buchautor, Vortragsreisender, Managementberater und anderes mehr, waren zwei hochkarätige Referenten angetreten, deren Vorträge sich inhaltlich unterschieden, in der Summe aber ergänzten.

Das schuf einen Spannungsbogen, der keine Langeweile aufkommen ließ, thematisch wie auch stilistisch. Denn statistisches Zahlenwerk unterhaltsam zu präsentieren, ist eine leichte Übung für Bertram Brossardt. „Wirtschaft schafft Werte“ das, so meine man, stehe eher im Widerspruch als im Einklang miteinander. Dabei schaffe Wirtschaftskompetenz Werte – materielle wie immaterielle. Gerade den Landkreis Pfaffenhofen kennzeichne ein industrieller Mix, wie man ihn sonst kaum vorfände, einen hochinnovativen Mittelstand, Handwerk und eine traditionell starke Landwirtschaft und fast keine Arbeitslosen. Wirtschaft schaffe Lebenswert, Wirtschaft schaffe Nachhaltigkeit und Wirtschaft schaffe Heimat. Ersteres befriedige die Nachfrage der Bevölkerung nach Produkten und Dienstleistungen. Allerdings werde diese Nachfrage immer globaler und verschiebe sich immer mehr auf Schwellenländer. In Bayern habe man erfolgreicher als anderswo Konsequenzen daraus gezogen. Das untermauerte Brossardt mit Zahlen über die sich vervielfachenden Exporte wie nach China, Russland und anderen Märkten. Der Freistaat sei die sechstgrößte Volkswirtschaft in der EU und der Beschäftigungsmotor Nummer Eins in Deutschland. Andererseits sei Deutschland für zehn der wichtigsten EU-Mitglieder der wichtigste Exportmarkt. So sei Deutschland „der Wachstumsmotor unseres Kontinents“.

Der effiziente Umgang mit Ressourcen sei „unternehmerisches Standardrepertoire“, so der vdw-Hauptgeschäftsführer zum Thema „Nachhaltigkeit“. Das wirke sich volkswirtschaftlich wie auch ökologisch aus. Man habe heute, verglichen mit dem Jahr 1994, eine um über 40 Prozent gesteigerte Produktivität aufzuweisen, verbrauche aber die gleiche Energie wie damals. Die innovative deutsche Umwelttechnik habe sich Weltmarktanteile von bis zu 30 Prozent erarbeitet, und an ihren Standorten engagierten sich Unternehmen für eine bessere Infrastruktur. Dazu gehöre auch das Engagement der Metall- und Elektroindustrie, für die 5,8 Prozent Schulabgänger ohne Abschluss eine betriebsinterne Ausbildung zu schaffen. „Wirtschaft schafft Heimat“ – in Form von Arbeitsplätzen vor Ort oder auch für geeignete Fachkräfte aus dem Ausland, die über eine gute Arbeit eine neue Heimat fänden. Darüber hinaus trete die Wirtschaft auch in gesellschaftlicher Hinsicht in Erscheinung, sei es im Sponsoring kultureller Veranstaltungen oder von Sportvereinen und anderer Dinge. Für eine weitere Werteschöpfung aber bräuchten die Arbeitgeber vor Ort geeignete Rahmenbedingungen, die Unternehmern, Mitarbeitern und dem Nachwuchs genügend Chancen bieten, im Umfeld ihrer Heimat ihre Ziele zu verwirklichen.

Firmen, die Werte leben, seien langfristig erfolgreicher – das hätten Untersuchungen ergeben. Werte hätten mit Würde des Menschen zu tun und seien eine Quelle, Kraft zu schöpfen. Firmen mit Missachtung von Werten seien ein Zeichen für Menschen- und Selbstverachtung. Dort wolle keiner mehr arbeiten, die Firma werde wertlos. Mit diesen Worten hatte Pater Anselm mit seinem Referat „Führen mit Werten“ die Chefs und Führungskräfte der heimischen Wirtschaft von Anbeginn an voll im Griff. Laut dem griechischen Philosophen Platon sei für das Führen der erste Wert die „Gerechtigkeit“, sich selbst gerecht zu werden und die soziale Gerechtigkeit. Der zweite Wert sei die „Tapferkeit“. Das bedeute, Verantwortung zu übernehmen, auch auf die Gefahr hin, verletzt zu werden. Das „Maß“ sei der dritte Wert, so Pater Anselm. Firmen, die maßlos wuchsen, gingen oft zugrunde. Maßlos sei man oft an den Ansprüchen gegen sich selbst, das sei die Ursache für die Depressionen, die immer mehr zunähmen. Das „Burn-out-Syndrom“ erwachse nicht aus zu viel Arbeit, sondern dass man sich selbst unter Druck setze, immer beweisen müsse und zu viel Energie für die Fassade brauche. Man müsse das richtige Zeitmaß für rhythmisches Arbeiten finden, also mit Pausen. Man müsse auch nach der Arbeit die Türen schließen können und die Probleme dahinter lassen, anstatt sie ins heimische Wohnzimmer zu tragen.

Als vierten Wert nannte Anselm die „Klugheit“. Das bedeute, Entscheidungen zu treffen. Das mache aber auch angreifbar. Der Sieg habe viele Väter, die Niederlage nur einen.

Vertrauen sei produktiver als Misstrauen. Zu viel „Controlling“ sei für die Mitarbeiter eher lähmend. Die Wirtschaft werde immer mehr von Angst geprägt, viel Arbeitszeit vergehe mit dem Protokollieren zur eigenen Absicherung.

Auch sei die „Sprache“ wichtig, die Art, über und mit den Menschen zu reden. Die sei in vielen Firmen kalt, aggressiv oder vorwurfsvoll. Dabei schaffe die Sprache das Raumklima.

Im asiatischen Ausland habe man ihn darauf angesprochen, warum es den deutschen Firmen gut gehe mitten in der Europakrise. Seiner Meinung nach läge das neben vielen anderen Faktoren auch daran, dass ganz viele deutsche Firmen seit rund zehn Jahren ehrlich bemüht seien, Werte zu leben. Im Mittelstand habe dies ohnehin Tradition. Das mache den Wert der Firmen aus und mache sie auch wertvoll im Sinne einer gepflegten Kultur des Miteinanders.

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