Abenberg

Nicht jeden Morgen die Welt retten

Bundesumweltminister Peter Altmaier in Abenberg: Hohes Tempo bei Energiewende ist möglich

10.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:31 Uhr

Beim Thema Energiewende blüht Bundesumweltminister Peter Altmaier richtig auf - Foto: Leykamm

Abenberg (HK) Mit ihm sei die Energiewende unübersehbar geworden: Diese Anspielung auf die steigende Zahl an Solar- und Windkraftanlagen wie auf seine eigene körperliche Präsenz hat Bundesumweltminister Peter Altmaier schon oft zu hören bekommen. Auf der Burg Abenberg geht er damit ganz offensiv um.

Dabei wirkt er beim Neujahrsempfang der CSU Abenberg gar nicht mal so raumgreifend, wie es so manches Fernsehbild dem Zuschauer suggeriert. Sehr weit greifend ist allerdings die politische Großbaustelle, mit der es der 54-Jährige zu tun hat. Von Bayern im allgemeinen und Franken im Besonderen hält er diesbezüglich recht viel.

Kaum ein anderes Bundesland habe so früh die große Bedeutung regenerativer Energieerzeugung erkannt, lobt der Minister. Deswegen sei er auch sehr gerne zur Burg Abenberg gereist, als ihm eine entsprechende Anfrage seiner Bundestagskollegin Marlene Mortler auf den Schreibtisch geflattert sei. „Wir großen Bundesländer müssen eben zusammenhalten“, so der gebürtige Saarländer schelmisch. Aber er setzt noch einen drauf und lässt den Respekt vor dem Freistaat gleich eine Spitze gegen berühmte Söhne seiner eigenen Heimat folgen: Honecker habe die DDR ruiniert und „an Lafontaine knabbert die SPD bis heute.“

Unter weißblauem Himmel hingegen solle man sich nicht zu sehr über die Bürde des Länderfinanzausgleichs ärgern. Schließlich fließe viel Geld in Form von Einspeisevergütungen zurück. Das ist eines der vielen Reizthemen in Sachen Energiewende, dessen ist sich Altmaier bewusst. Deswegen müsse sie beherzt angepackt werden. Latte macchiato auf dem Rother Marktplatz könne man dann ja noch später gemeinsam trinken, so Altmaier, der die Kreisstadt aus der Zeit seiner Bundeswehrausbildung noch in guter Erinnerung hat. Als Moralapostel will er aber auch nicht dastehen. „Ich gehöre nicht zu denen, die jeden Morgen die Welt retten wollen“, so der Minister.

Auch wenn Probleme wie der Klimawandel natürlich unter den Nägeln brennen. Auf ihn müsse global reagiert werden. Allerdings sei in aufstrebenden Ländern der Umweltschutzgedanke nicht zu vermitteln, solange dort nicht Westniveau im Lebensstandard erreicht sei. „Deswegen dürfen Wohlstand und Umwelt kein Gegensatzpaar sein“, sagt Altmaier in Abenberg. Weder auf der Welt noch in Deutschland, dessen Wettbewerbsfähigkeit durch die Energiewende nicht leiden dürfe, sondern gesteigert werden könne. Denn sie sei „die größte Innovationschance nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wiedervereinigung“. Doch um dieses Potenzial zu heben, brauche es ein Gesamtkonzept. Für diese Aussage wäre er allerdings „fast gesteinigt worden“. Trotzdem müsse beides geschehen: der dezentrale, regionale Stromnetzausbau sowie der überregionale.

Dabei gäbe es allerdings „technische Probleme zu überwinden, von denen man 80 Jahre lang gar nicht wusste, dass sie existieren“, so Altmaier. Als Beispiel nennt er das „Starkwindszenario“. Bei einem solche werde durch die Windkraftanlagen zu viel Strom erzeugt, was laut Experten ein sehr großes Risiko fürs Netzgleichgewicht darstelle. „Fragen Sie mich aber nicht warum. Ich bin kein Ingenieur, sondern nur Jurist“, bekennt der Minister. Was für ihn aber sicher ist: „Strom muss bezahlbar bleiben!“ wiederholt er sein Vorhaben zur Deckelung der Preise. Trotzdem sei ein hohes Tempo bei der Energiewende möglich. Altmaier blüht bei seinem Thema Nummer eins richtig auf, redet länger als geplant und droht sogar seinen Flieger nach Berlin zu verpassen. Dorthin müsse er nun schnell zurück, um dort „nicht bequeme, aber richtige und notwendige Entscheidungen zu treffen“.

Trotzdem stellt er sich noch den Fragen im Raum. So hat der Vorsitzende des Energiebündels Roth-Schwabach „Ungereimtheiten“ im Zahlenspiel der Ministerpläne ausgemacht. Werner Emmer solle ihm doch einfach „einen Brief schreiben“, ermuntert Altmaier, „das ist keine einfache Rechnung!“ Robert Frank, Bezirksvorsitzender des CSU-Arbeitskreises Energiewende, hinterfragt die Praxis Ausgleichsflächenausweisung beim Netzausbau, was der Minister ebenso gerne aufgreift. Die Grußworte seiner Parteikollegen bekommt er allerdings nicht mehr mit. Auch nicht die Rückendeckung Mortlers: „Ich kann jeden seiner Sätze unterstreichen, auch wenn das einigen passt“, so die Abgeordnete. Altmaier sei für sie „nicht nur ein Twitter-, sondern ein echter Freund.“

 

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