Roth

Kampf gegen Armut und Ausgrenzung

Öffentliche und Freie Wohlfahrtspflege füllen Sozialcharta mit Leben

27.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:56 Uhr

Die Sozialcharta der Wohlfahrtsverbände im Freistaat präsentieren Harald Hübner, Jürgen Meier, Rainer Mosandl, Knut Engelbrecht und Angela Schmidt (von links) - Foto: Schmitt

Roth (rsc) Zu Beginn des Jahres 2013 hat die „Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege in Bayern“ eine Sozialcharta für den Freistaat beschlossen und veröffentlicht.

Darin verlangen sämtliche Wohlfahrtsverbände anhand konkreter Forderungen den Ausbau sozialstaatlicher Leistungen und Einrichtungen. In Schwabach und dem Landkreis Roth hat sich nun die „Arbeitsgemeinschaft Öffentliche und Freie Wohlfahrtspflege“ dieses Programm zu eigen gemacht. „Wir werden uns in unseren jeweiligen Positionen dafür einsetzen, dass es verwirklicht wird“, erklärten die Mitglieder der regionalen Arbeitsgemeinschaft bei einem Pressegespräch in Schwabach. „Aufgrund unserer Erfahrungen ist es uns wichtig, sozialpolitische Entscheidungen mitzugestalten“, heißt es in dem Papier der regionalen Arbeitsgemeinschaft.

Angela Schmidt, Geschäftsführerin der Familien- und Altenhilfe in Schwabach, ist turnusgemäß die Vorsitzende des Gremiums. Weitere Vertreter sind Rainer Mosandl, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt Roth-Schwabach, Diakonievorstand Jürgen Meier sowie der Schwabacher Sozialreferent Knut Engelbrecht und Ottilie Tubel-Wesemeyer, Leiterin des Sozialamts des Landkreises Roth. Alle betonten, in Schwabach und dem Landkreis Roth wolle man im engen Schulterschluss zwischen öffentlicher und freier Wohlfahrtspflege handeln.

„Die Probleme sind so komplex, dass sie einer alleine nicht bewältigen kann“, sagte Angela Schmidt. Zugleich betonte sie, dass bereits in der Vergangenheit in der Kooperation gute Ergebnisse erreicht worden seien. Als Beispiel führte sie die seniorenpolitischen Konzepte in den Gebietskörperschaften und den jüngsten Flüchtlingsstrom an. „Ohne Wohlfahrtsverbände hätten wir die Aufnahme der Flüchtlinge nicht geschafft“, ergänzte Engelbrecht.

In diesem Rahmen ist es nach Meinung aller Beteiligter in einem ersten Schritt besonders wichtig, Kinder aus sozial benachteiligten Familien zu fördern, das ehrenamtliche Engagement in den Verbänden auszubauen, für Generationengerechtigkeit zu sorgen sowie Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen und zu betreuen. Ferner will man den Begriff Inklusion weiter fassen als er üblicherweise gebraucht wird. Nicht nur Menschen mit Behinderung sollen von Anfang an zu gesellschaftlicher Teilhabe befähigt werden. Auch Asylsuchende, Langzeitarbeitslose und andere sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen sollen Leistungen und Angebote erhalten, die eine dauerhafte Eingliederung in die Gesellschaft ermöglichen können. „Überall gibt es Luft nach oben“, stellte Angela Schmidt fest und sah für viele soziale Angebote „Kontinuität, Transparenz und Stadtteilbezug“ als Erfolgsvoraussetzung an.

Knut Engelbrecht wurde in Sachen städtischer Sozialpolitik recht konkret. Man wolle die Kinderbetreuung ausbauen, die Wohnungslosenunterstützung verbessern, eigene Angebote für Frauen und ihre Kinder einrichten sowie mehr bezahlbare Wohnungen anstreben. „Für alles reichen unsere Kräfte aber sicher nicht aus, weil die Finanzausstattung zu gering ist“, gab Engelbrecht zu bedenken.

Jürgen Meier zählte einige Felder mit eher geringem Handlungsbedarf auf. „Erziehungsberatung, sozialpsychiatrischer Dienst, Schuldner- und Suchtberatung, katholische Sozialarbeit – alles Pflichtaufgaben, die seit Jahren laufen und eine breite niedrigschwellige Hilfepalette darstellen“, sagte der Diakonievertreter. Über die konkrete Kooperation zwischen öffentlicher Hand und gemeinnütziger Wohlfahrtspflege sei in der Region in der Tat ein enges Netz ohne Doppelstrukturen entstanden, hieß es. Das gelte es fortzusetzen.

Rainer Mosandl will die Armut zum Thema machen. Seiner Ansicht nach wird insbesondere die Altersarmut steigen. „Ein soziales Bayern darf sich nicht mit Armut abfinden“, sagte Mosandl. Dazu gehöre auch eine Steuerpolitik, die die Vermögenden heranziehe, und eine Rentenpolitik, die das Alterseinkommen nicht ständig reduziere. Dabei müsse man Frauen besonders im Blick haben. „Denn laut meiner Zahlen ist das Armutsrisiko weiblich“, ergänzte Tubel-Wesemeyer.

Für Angela Schmidt ist es außerdem wichtig, für ein besseres Image sozialer Berufe einzutreten. Sie könne sich hier eine gezielte, regionale Kampagne in die Öffentlichkeit hinein vorstellen, sagte Schmidt. Viel zu oft würden nämlich aus ihrer Sicht der Stress, der Zeitmangel und die angeblich schlechte Bezahlung in den Mittelpunkt gerückt. „Viel zu wenig wird darüber gesprochen, dass es positive Berufe sind, bei denen man viel zurückbekommt“, klagte Schmidt.

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