Ingolstadt

Kaleidoskop der Gesellschaft

Ludwig W. Müller gastiert mit "Dönermonarchie" in Ingolstadt

24.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:23 Uhr

Im Mietshaus im multikulturellen Wiener Stadtteil Ottakring lebt der passionierte „Fremdsprachengelehrte“ Herr Müller - Foto: Knobloch

Ingolstadt (DK) Er bezeichnet sich selbst als „Word-aholic“, Selbstdarsteller und Kabarettist – das alles würden die Zuhörer wohl sofort unterschreiben. Ludwig W. Müller ist als Oberösterreicher mit Tiroler Wurzeln nicht nur prädestiniert, diverse Dialekte perfekt nachzuahmen, er ist auch der Vorsitzende des Vereins der Freunde des Schüttelreims, von welchen er im Laufe seines Gastspiels in der Ingolstädter Neuen Welt so einige in petto hat. Obwohl sein brandneues Programm „DichterVerkehr“ schon in den Startlöchern steht, ist Ludwig W. Müller zu den Kabaretttagen mit seinem Programm „Dönermonarchie“ angereist.

Doch selbst für Wiederholungstäter im Publikum dürfte allein die Sprachgewandtheit, gekoppelt mit den verschiedenen Rollen, in welche der Multilinguist schlüpft, erneut ein Ohrenschmaus gewesen sein. Unter der Regie von Christian Hölbling (einigen vielleicht bekannt als schräge Kultfigur Helfried) ist eine bunte Revue der Kulturen entstanden, die gerade in Wien, dem Drehkreuz zwischen Balkan und Alpenland, aufeinanderprallen.

Ludwig W. Müller beobachtet mit scharfen Blick, wer welche Eigenschaften aus welchem soziologischen Hintergrund mit sich bringt und lässt seine Figuren im gemeinsamen Ottakringer Mietshaus wortgewitzt miteinander kommunizieren. Im Mittelpunkt steht er selbst, als „Fremdsprachengelehrter“ geht er für die kaisertreue Hauseigentümerin Freifrau Friederike von Hohenau (herrlich Tee schlürfend dargestellt) der Frage nach, welcher der „Billigmieter mit Migrationshintergrund“ nun eigentlich Österreicher ist. Daraus entsteht ein wahres Schaulaufen der Charaktere: Von fränkischen Studenten und der türkischen Großfamilie über den Tiroler Vizeleutnant und den Tschechen Wesely bis hin zum kroatischen Allrounder Vrbi´c und Dr. Dr. Nagy aus Ungarn spiegeln die Figuren von Ludwig W. Müller augenzwinkernd ein farbenfrohes Kaleidoskop der modernen multinationalen Gesellschaft wider.

Ludwig W. Müller ist also nicht nur ein wandlungsfähiger Wortakrobat, sondern auch ein gewiefter Völkerverständiger, der am Ende als Ausweg für ein gelungenes Miteinander die „Dönermonarchie“ ausruft, schließlich seien die Türken schon 1683 mit ihrem starken Kaffee vor den Toren Wiens gestanden. Und die Österreicher seien ja an sich durchaus sprachbegabt, was sich besonders bei dem gerne im Ausland angewandten „Hausmeister-Österanto“ zeigte: „Ho una fragola“ – Noch Fragen? Nein, Applaus für Herrn Müller und seinen gelungenen Abend!

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