Endlich

Oide Wiesn

27.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:52 Uhr

Endlich hat es uns wieder – das Eichstätter Volksfest, das Fest zum Gernhaben, die Wiesn, wie der Volksmund so liebevoll wie zärtlich zu sagen pflegt. Ja mei, schließlich weiß man, was man hat: Tradition, Tradition und nochmals Tradition – den traditionellen Autoscooter, das nicht minder traditionelle Riesenrad und natürlich das ebenso traditionelle Kinderkarussell mit dem allerdings ziemlich neumodischen Namen Miniatur-Sport-Korso.

Und damit sich auch niemand verirrt auf dem Festgelände, steht selbstverständlich alles seit Jahrhunderten am selben Platz. Schon clever, unser Volksfestausschuss, der das Wohlfühlkonzept in etlichen Marathonsitzungen ausgeknobelt hat.

Aber wirklich clever genug? Und schon schweift mein Blick über den Tellerrand hinaus und führt direkt nach München. Dort steht nämlich das Pendant zum Eichstätter Volksfest quasi unter Denkmalschutz. Ich sage nur: Oide Wiesn! Jenes Anhängsel des Massenspektakels Oktoberfest, auf dem es etwas gmiatlicher und eben brauchtümlicher zugehen soll: historische Fahrgeschäfte, historische Stände, historische (Show)Kapellen. Nostalgie pur eben.

Aber wie schon erwähnt: In der Landeshauptstadt sind sie halt doch ein wenig cleverer, denn die verlangen für das Jahrmarkt-Panoptikum Eintritt. Eine Steilvorlage für Eichstätt, möchte ich meinen, lieber Volksfestausschuss. Zaun drumrum um die Wiesn und zwei Kassenhäuschen aufgestellt. Vor allem die Touristen werden in Scharen strömen: Waaas, gibt’s denn das wirklich noch?

Nein, nein, ich will dem wackeren Volksfestausschuss nicht Unrecht tun: Schließlich gibt es ja heuer als echte Neuerung den Weinstadl. Der verwöhnt uns nicht nur mit dem Stadlsteak in pikanter Zigeunersoße, sondern auch mit Currywurst mit Pommes – dazu wird wahlweise Zeller Schwarze Katz oder Schwarzer Abt gereicht –, und nachher gibt’s wahlweise zum Nachgurgeln Willi oder Ficken („Partyschnaps“ aus Wasser, Neutralalkohol, Invertzucker, Jostabeere-Grundstoff und Zitronensäure).

Apropos alkoholhaltige Getränke: Wiesn-Zenzi goes Boxerhalle, sag’ ich nur, um zur Top-Innovation im Umfeld der Wiesn zu kommen. DAS Event für alle „Zuckerpuppn und Wiesnhosn“, wie es in der Werbung heißt. Häh? Nach langwierigen Recherchen habe ich herausgefunden, dass es sich bei der Wiesn-Zenzi nicht um die neue Wiesnkönigin mit Namen Kreszentia handelt, sondern um einen Birnenlikör – voll trendy! Und bei den Wiesnhosn geht es offenbar nicht um die Beinkleider, sondern um Volksfestbesucher weiblichen Geschlechts, was vermutlich auch auf die Zuckerpuppn zutreffen dürfte. Vom Alpenrausch geht’s hier nahtlos über zur Rauschsafari. Gute Chancen also, den offerierten Go-Go-Dance gleich doppelt zu sehen. Viel Vergnügen und...

Pfüat Gott, Ihr

Schlossleutnant

Lorenz Krach

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