Georgensgmünd

Landrat Herbert Eckstein nach Schüssen auf Polizist fassungslos

19.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Andrang bei der Pressekonferenz wenige Stunden nach dem Schusswechsel. Hier geben Innenminister Joachim Herrmann, Landrat Herbert Eckstein, Polizeipräsident Johann Rast und Staatsanwältin Anita Traud Auskunft zu dem Schusswechsel in Georgensgmünd. - Fotos: Tschapka

Georgensgmünd (HK) Bestürzung im Landratsamt Roth: Einem 49-Jährigen aus Georgensgmünd wollten Mitarbeiter des Landratsamtes Roth mit Unterstützung der Rother Polizei und eines Sondereinsatzkommandos am Mittwochmorgen die Waffen abnehmen. Dabei kommt es zum Schusswechsel, ein Polizist wurde lebensgefährlich verletzt.

"So etwas ist nicht vorherzusehen. Wir hatten im Landkreis schon drei oder vier Einsätze eines Sondereinsatzkommandos - das läuft normalerweise immer glimpflich ab", sagt Landrat Herbert Eckstein.

Seine Mitarbeiter sind bereits vor 6 Uhr in Georgensgmünd und beobachten, wie Einsatzkräfte des SEK innerhalb weniger Minuten das Haus stürmen, hören die kurz aufeinanderfolgenden Schüsse. Es ist zunächst völlig unklar, was in dem Haus passiert. Erst um 7.37 Uhr klingelt bei Herbert Eckstein das Handy. Er erfährt von seinem Sachgebietsleiter von dem schrecklichen Ausgang des Zugriffs. Bei der schon lange vorher anberaumten Sitzung des Rother Zweckverbands um 9 Uhr versucht Eckstein, sich nichts anmerken zu lassen. Der Schusswechsel ist kein Thema, bis Roths Bürgermeister Ralph Edelhäuser während der Sitzung auf seinem Handy von der Schießerei erfährt und erschrocken vorliest, dass mehrere Polizisten getroffen wurden.

Eckstein nickt nur, vergräbt seinen Kopf zwischen den Armen, sitzt wenige Sekunden völlig regungslos am Tisch. "Ja, es wurden vier Polizisten verletzt", sagt Eckstein. "Einer davon schwer." Dann holt er kurz Luft. "Wir können nur beten, dass der schwer verletzte Polizist überlebt", sagt er leise. Jetzt erst blickt er wieder in die Runde. "Entschuldigung, das ist wohl auch der Grund, warum ich bei der heutigen Sitzung etwas aufgekratzt bin."

Eckstein bleibt nicht viel Zeit zwischen der Sitzung und der kurfristig einberufenen Pressekonferenz im Sitzungssaal des Landratsamts. Vor dem Gebäude stehen bereits vier Zivilfahrzeuge der Polizei, nur erkennbar an den schnell auf das Dach gesetzten Blaulichtern. Vor dem Sitzungssaal wartet Bert Rauenbusch, der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken. In Ecksteins Büro treffen weitere Polizeibeamte ein. Unter ihnen Polizeipräsident Johann Rast, dann die leitende Staatsanwältin Anita Traud. Innenminister Joachim Hermann sitzt noch im Hubschrauber.

Für 11.30 Uhr ist die Konferenz angesetzt, schon eine halbe Stunde vorher bringen zahlreiche Fernsehsender ihre Kameras im Sitzungssaal in Stellung. Eine Mitarbeiterin verteilt noch schnell große Namensschilder, lässt trotz der Hektik ein Schild noch einmal ausdrucken. Das Schild von Pressesprecherin Elke Schönwald muss neu gemacht werden. "Da ist ,Pressesprecherin' größer geschrieben als bei Hermann das ,Innenminister' - das geht gar nicht." Weiter Kamerateams treffen ein, die Journalisten der Zeitungen suchen sich abseits einen Platz, lassen den Fernsehreportern den Vortritt, die ein Mikrofon nach dem anderen an der Stirnseite des Sitzungssaales aufbauen.

Erst kurz vor 12 Uhr betreten Staatsanwältin, Landrat, Polizeipräsident und die Pressesprecherin die Bühne. Über eine Stunde lang werden sie von den Pressevertretern bestürmt.

Erst um 14 Uhr ist Landrat Herbert Eckstein wieder in seinem Büro, lässt die Wochen und Monate vor dem Zugriff Revue passieren. Bereits am 25. Mai bekam das Landratsamt Roth eine Mitteilung, dass der 49-Jährige keine Steuern mehr zahle und Polizisten sowie Zoll den Zutritt zu seinem Haus verweigere. "Hier ist er erstmals in unser Blickfeld geraten, hier wurde deutlich, dass er nicht zuverlässig ist", sagt Eckstein. Da der Mann immerhin 30 Waffen zu Hause lagert und auch im Besitz eines Waffenscheines ist, werden die Mitarbeiter des Landratsamtes hellhörig. Sie haben sich am 26. Juli auf den Weg gemacht, um die sichere Verwahrung der Waffen zu prüfen.

Sie wurden abgewiesen und auch ein weiterer Versuch eine Woche später blieb erfolglos. Nach dem üblichen Anhörungsschreiben wurde ihm der Waffenschein beziehungsweise die Waffenbesitzkarte, die bereits 1991 vom Weißenburger Landratsamt ausgestellt worden war, entzogen. Da er bis zur Frist am 8. September nicht reagiert hat, folgte schließlich der Durchsuchungsbeschluss, der jetzt vollstreckt werden sollte - mit den schrecklichen Folgen. Nach dem Anruf seines Mitarbeiters ist Eckstein erst einmal fassungslos. "Du hoffst nur, dass der Beamte überlebt, du fragst nach deinen Mitarbeitern - alles andere tritt in den Hintergrund."
 

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