Folgenloser Alarm

Kommentar

26.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Hätte der schreckliche Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt verhindert werden können? Der frühe Alarm des Landeskriminalamtes von Nordrhein-Westfalen, der nun publik geworden ist, lässt Zweifel an den bisherigen Darstellungen aufkommen, alle Maßnahmen seien ausgeschöpft worden. Schon im März 2016, neun Monate vor der Tat, hatte das LKA auf Grundlage abgehörter Chats gewarnt, von Anis Amri gehe eine terroristische Gefahr aus.

Doch weder kam es zur Festnahme noch zur Abschiebung, ja nicht einmal die Einleitung eines Abschiebeverfahrens wurde ernsthaft betrieben.

Einmal mehr wird klar, dass insbesondere das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen nicht sofort durchgegriffen hat. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) versteckte sich hinter der Weiterleitung der Informationen ans gemeinsame Terrorabwehrzentrum, hinter der Anregung, der Generalbundesanwalt möge ermitteln.

Dass die Opposition die LKA-Warnung nun ausschlachtet und wenige Wochen vor der Landtagswahl in NRW Jägers Entlassung fordert, ist wohlfeiles politisches Kalkül. Doch hat es sich Jäger selbst zuzuschreiben, dass er erneut unter massiven Druck gerät: Mehr als drei Monate ist es her, dass Amri zwölf Menschen getötet hat. Doch weder ist bislang lückenlos aufgeklärt, wie es dazu hatte kommen können, noch hat jemand politische Verantwortung für das offenkundige Behördenversagen übernommen.

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