Hilpoltstein

"Über kurz oder lang ist nahezu jeder betroffen"

Fachtag "Wohnen im Alter" Referenten stellen verschiedene Konzepte zum Leben daheim vor Kommunen in der Pflicht

18.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:06 Uhr

Hilpoltstein (HK) Unter dem Motto "Wie man sich bettet, so liegt man" kamen rund 60 Interessierte zum Fachtag "Wohnen im Alter" ins Haus des Gastes in Hilpoltstein. Dort wurden unterschiedliche Ansätze vorgestellt. Der Fachtag war Teil der bayernweiten Aktionswoche "zu Hause daheim."

"Das Thema ist mir eine Herzensangelegenheit. Bei rund 55 000 Menschen im Landkreis, die 50 Jahre und älter sind, hat das Thema Wohnen im Alter eine echte Brisanz. Über kurz oder lang ist nahezu jede/jeder betroffen und muss eine Entscheidung treffen", sagte Landrat Herbert Eckstein.

In drei Vorträgen wurden dann unterschiedliche Aspekte des Wohnens im Alter vorgestellt. Reinhard Streng, Bürgermeister von Langenfeld in Mittelfranken, stellte die Entwicklung des kleinen Dorfes vor. Das geförderte Projekt Mehrgenerationenhaus gab dort den Startschuss zu einer breit angelegten Entwicklung. Mittlerweile verfügt Langenfeld im Ortskern über zwölf neue, barrierefreie Wohnungen, eine Tagespflege für Senioren und eine ambulant betreute Wohngemeinschaft. "Wesentlich hierbei war, so viele Bürgerinnen und Bürger wie möglich an diesem Prozess teilhaben zu lassen. Das heißt, so oft wie möglich und praktisch überall die Vorhaben zu bewerben", erklärte Reinhard Streng. "So ist es uns gelungen, viele Ortsansässige zu Engagierten zu machen. Mit dieser Beteiligungsstruktur lässt sich viel erreichen", sagt Streng.

Achim Friedrich aus Königsbrunn stellte "Mehrgenerationenwohnen" für junge und alte Menschen mit und ohne Behinderung vor. Der Generationenpark Königsbrunn ist eine große Wohnanlage mit über achtzig Wohnungen, davon sind acht behindertengerecht ausgebaut. Die Wohnungen haben zwischen ein und vier Zimmer. "Das Anbieten unterschiedlicher Wohnungsgrößen sorgt automatisch dafür, dass sich Senioren aber auch Familien für diese Wohnungen bewerben", betonte Sozialpädagoge Friedrich. "Wichtig war uns von Anfang an eine gute Betreuung dieser großen Hausgemeinschaft", so Friedrich weiter. Dies wird durch eine "Kümmerin" sichergestellt, eine Sozialpädagogin, deren halbe Stelle von der Stadt Königsbrunn finanziert wird. Gemeinschaftsräume, wie ein Café, verschiedene Terrassen und Rasenflächen runden das Konzept ab.

Der letzte Beitrag ging auf private Initiativgruppen ein. Angelika Majchrzak-Rummel, Vorsitzende des Vereins "Der Hof - Wohnprojekte Alt und Jung" erklärte die Vor- und Nachteile, die sich aus solch einem Projekt ergeben können. Auch Tipps für einen erfolgreichen Aufbau hatte sie parat.

Vor allem die Kommunen nahm sie in die Pflicht. Sie wies darauf hin, dass es für Städte und Gemeinden eine Win-win-Situation sein könne, private Initiativen zu unterstützen. "Kommunen könnten Baugrundstücke auf Erbbaurecht zur Verfügung stellen, auch um dem fehlenden Wohnraum entgegenzuwirken", stellte Angelika Majchrzak-Rummel fest. "Umnutzung von Schulen oder anderen leerstehenden Gebäuden ist auch eine gute Alternative", ergänzte sie.

Private Initiativen sind meist sehr motiviert und haben unterschiedliche Beweggründe, sich in dieses doch aufwendige Unterfangen zu begeben. Aufgrund der Gruppenprozesse sei es aber wesentlich, sich immer wieder den Blick einer unbeteiligten Person zu holen. Das könne gut über eine Moderation durch eine Fachkraft oder eine Patenschaft über ein bereits existierendes Projekt geschehen, erklärte Angelika Majchrzak-Rummel.

Nach jedem der drei Vorträge gab es eine lebhafte Diskussion unter den Besuchern. Neben einigen Bürgermeistern aus dem Landkreis folgten auch Seniorenbeiräte und -beauftragte, Fachleute und interessierte Bürger der Einladung zum Fachtag.

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