Ingolstadt

"Das Objekt soll seine Geschichte erzählen"

Unter und an der Gießereihalle geht es jetzt an die Ausschachtungen fürs Kunst- und Designmuseum

16.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:56 Uhr

So soll es 2020 in der Gießereihalle aussehen: Die alten gusseisernen Stützen sollen nach Sanierung wieder eingebaut werden; der Boden wird Einblicke ins Unterschoss gewähren. ‹ŒGrafik: Büro Querkraft

Ingolstadt (DK) Noch knapp drei Jahre bis zur Eröffnung des neuen Kunst- und Designmuseums in und vor allem unter der alten Geschützgießerei - Zeit, dass es hier in die Tiefe geht. Während die Leute vom Bau sich an eine technisch anspruchsvolle Mission machen, erwarten die Archäologen noch spannende Funde.

Schon Ende 2019, so der bisherige Plan, soll das Museum für Konkrete Kunst von der Tränktorstraße zum neuen Standort an der Esplanade umziehen und dort noch um eine große Designsammlung erweitert werden. Öffnen soll es dann Anfang 2020 - mit ebenerdigem Eingang, Kasse, Museumsshop und Gastronomie in der alten Gießereihalle und mit großzügigen Ausstellungsräumen darunter.

Dieser Platz im Untergrund muss erst einmal geschaffen werden. Baureferent Alexander Ring hat jetzt an Ort und Stelle erläutert, wie aufwendig sich das Projekt für Ingenieure und Bauarbeiter gestalten wird. Schließlich geht es darum, in und nördlich neben der Halle bis zu sieben Meter tief in den Boden zu kommen, ohne dass die alten Fundamente aus dem 19. Jahrhundert und die gar nicht mal so dicken Ziegelmauern der Halle darüber ins Wanken geraten.

Gelingen soll das mit einer besonderen Absicherung der tragenden Pfeiler, mit einer Baugrube, deren Spundwände nach außen, also tief im umliegenden Erdreich, verankert werden, und mit Hilfe einer Fachwerkverstrebung unterhalb des Hallendachs, die es auch ermöglichen soll, die alten gusseisernen Stützen, die jetzt die Dachkonstruktion abfangen, zu entfernen. In der Umbauphase wird demzufolge zunächst ein großer Leerraum entstehen, in dem die Struktur des Museums nach und nach Gestalt annehmen wird. Der alte Hallenboden wird gegenwärtig bereits von Archäologen untersucht (siehe Bericht unten). Diese Exploration soll parallel zu den Ausschachtungen weitergehen und wird voraussichtlich noch bis ins nächste Frühjahr andauern.

Die gusseisernen Stützen sollen übrigens saniert und so aufbereitet werden, dass sie später (zumindest teilweise) wieder eingebaut werden können. Wie auf dem obigen Architektenentwurf gut zu erkennen, soll der Charakter der Halle erhalten und auch ihr vormaliges Erscheinungsbild konserviert werden, während zugleich ein verglaster Einschnitt im künftigen Betonboden Einblicke in die unterirdischen Museumsräume geben soll.

Die Erinnerung an die alte Geschützgießerei soll also trotz neuer Funktion der Halle aufscheinen. Es gehe darum, dass "historische Orte erkennbar sind und Geschichte ablesbar bleibt", erläuterte Kulturreferent Gabriel Engert beim selben Termin das sogenannte Dokumentenkonzept der Stadt für historische Bauwerke, das auch für zwei weitere große Umnutzungsprojekte gelten soll: für das Kavalier Dallwigk und das Georgianum. In alle drei Bauten werden zum einen Zeitkapseln eingelassen, die der Nachwelt Nachrichten über die jetzige Epoche und die Beweggründe für die Umbauten hinterlassen (in der Gießereihalle ist das bereits geschehen), und zum anderen sollen in den neu genutzten Räumen Erinnerungstafeln angebracht werden. Es seien aber auch noch andere Formen der geschichtlichen Rückbesinnung denkbar, so Engert, beispielsweise durch Foto- oder Videodokumentationen. OB Christian Lösel betont, dass es "eine Frage der Stadt- und Baukultur" sei, die frühere Funktion von Gebäuden in Erinnerung zu halten: "Das Objekt soll seine Geschichte erzählen."

Natürlich aber soll die spätere Eingangshalle zum Museum auch modernes Stadtleben erlauben. Lösel und Engert schwärmen bereits von der Begegnungsfläche im Erdgeschoss, die auch ein Restaurant beherbergen soll. Die Stadt, so Lösel, möchte schon bald einen Gastronomen "an Bord nehmen", um mit ihm gemeinsam die Details zu planen. Der Rathauschef: "Wir wollen etwas Passgenaues machen, das Optimum schaffen."

URL: https://www.donaukurier.de/archiv/das-objekt-soll-seine-geschichte-erzaehlen-3419931
© 2024 Donaukurier.de