München

Sketche aus Absurdistan

Hommage zum 30. Todestag von Philip Arp im Theater am Sozialamt

16.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:47 Uhr

Bizarre Szenen: In dem Stück "Die Affengruppe ist gar nicht vorgekommen" wird an den Theatergründer Philip Arp erinnert. - Foto: Lobinger

München (DK) Ein Schwabinger Original war er und ein würdiger Nachfolger des großen Karl Valentin. Mit feinem Witz und großer Eindringlichkeit stellte er als Schauspieler hauptsächlich Sonderlinge und Wider-den-Stachel-Löcker dar, die das Publikum stets zum Schmunzeln und herzhaften Lachen brachten.

Vor allem jedoch war der 1929 in der Münchner Vorstadt Au geborene Hermann Fischer, der sich Philip Arp nannte, ein geistreicher, ein begnadeter Autor von Persiflagen, Farcen, herrlich schrägen Grotesken und absurden Gedankensplittern.

Ob er als Prof. Dr. Tivoli-Brücke die feierlich gestelzten und - natürlich - völlig inhaltsleeren Festvorträge bei Empfängen und Kongressen parodierte oder über den lautlosen Mittelpunkt bei Schallplatten nachdachte, ob er mit bajuwarischem Schalk im Nacken endlich auch ein Museum für "Mu-Seen" forderte oder darüber sinnierte, was passiert, wenn ein "einträchtiger Trachtenverein einen Zwiefachen" tanzt: Satirische, herrlich hintersinnige Szenen und aberwitzige Monologe waren alle seine Sketche.

Nicht die platte Gaudi war sein Metier, sondern der höhere, der verquer-vertrackte Unsinn und der in seinem hintersten Gehirnstübchen ausgeheckte Nonsens. Er spielte mit Worten und Begriffen, wandelte das Alltägliche ins Skurrile und das Banale ins Absurde: Poesie und Satire mit Tiefgang waren immer das Ergebnis. Über den Sinn des Einwickelpapiers (das seiner Meinung nach eigentlich Auswickelpapier heißen müsste) machte er sich in seinen Texten ebenso tiefschürfende Gedanken, wie er den zerrissenen Menschen der "Uns-Zeit" analysierte. Die neuesten Forschungen über den Zusammenhang von Regen und Reden stellte er ebenso schlüssig dar, wie er auch eine moderne Grundrechnungsart austüftelte, bei der es entweder keine Lösung gibt oder gleich mehrere Ergebnisse möglich sind. Und als Promoter einer Wachskerze, die tatsächlich wächst, eines (analog dem Teebeutel) aus dem Bierbeutel destillierten Bieres und vieler anderer revolutionärer Erfindungen aus dem Patentamt von Absurdistan war er unermüdlich tätig.

Aus Anlass des 30. Todestages dieses Gründers des Theaters am Sozialamt im idyllischen Schwabinger Hinterhof in der Haimhauserstraße gegenüber der Lach- und Schießgesellschaft haben Arp-Lebens- und Gesinnungsgefährtin Anette Spola und Lorenz Seib nun einige der besten "Arpiaden" ausgegraben und zusammen mit dem in vogelwilden Kostümen (von Valentina Pino Reyes) gewandeten Ensemble unter dem sinnfreien Titel "Die Affengruppe ist gar nicht vorgekommen" entwickelt: Maria Peschek macht sich Gedanken über den anonymen Besitzer von München, Charlotte von Bomhard referiert als schusseliger Festredner über das Gift im Buchstaben I, und Ines Honsel stolpert beim Diktat als zickige Tippse nicht nur über die Tücken einer Schreibmaschine, nachdem Philip Arps Introitus über den Kassettenrekorder zu hören war.

Während die von Claudia Karpfinger geschaffenen und wild bemalten Kulissen und Türen für all die bizarren Auftritte ständig hin- und hergeschoben werden, stöckelt Alex Röhrle als Trivialphilosoph mit dem schier unerschöpflichen Thema über den Zusammenhang von Zeit und Baum über die Bühne, Helmut Dauner macht sich Gedanken über "Wovon", und Bernhard Dabinnus referiert köstlich über das Unnormale im Normalen. Und in der Umbaupause, in der freilich keine Umbauten auf der Bühne stattfinden, reicht die TamS-Prinzipalin Anette Spola dem Publikum Eiskonfekt. Schmunzelnd und verschmitzt versteht sich. Köstlich.

Bis 29. Juli, Mittwoch bis Samstag; Kartenreservierung: Telefon (0 89) 34 58 90.

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