Hundszell

Farbfleck auf der Landkarte der Weltmusik

Luz Amoi überraschen im Bauerngerätemuseum Hundszell mit ihrem brandneuen Programm "Kirschblütenzeit"

23.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr

Virtuoses Spiel: Luz Amoi, hier: Dominik Kogl (Kontrabass) und Johannes Czernik (Sopransaxofon), verweben bayerisch-alpenländische Volksmusik mit Klängen Afrikas oder Nordamerikas. - Foto: Leitner

Hundszell (DK) Es nennt sich "Kirschblütenzeit" und ist ein brandneues Programm, das Luz Amoi bei ihrem Auftritt im ausverkauften Saal des Bauerngerätemuseums Hundszell an diesem Abend ihrem Publikum bieten. So neu ist es, dass noch nicht einmal eine CD-Version von all den Stücken existiert, mit denen das Quintett einen weiteren und für das Ensemble konsequenten Schritt geht weg von der althergebrachten Volksmusik, hin zur sogenannten Volxmusik.

Jener Form also, bei der es nicht mehr nur um lokal abgegrenzte und über Generationen vererbte Musik geht, sondern um die ganze Welt als globales Dorf.

Ein Zwiefacher, ein Walzer, eine Polka also als Farbflecken auf einer sich permanent verändernden Landkarte? Durchaus, nur dass der Ausgangspunkt eben nicht wie bei Mari Boine die Samen sind, nicht wie bei Ali Farka Touré die Musik Malis und nicht wie bei Pura Fé das indigene Erbe Nordamerikas, sondern der bayerisch-alpenländische Raum und somit der hierzulande angestammte, der, den wir kennen, der somit nicht exotisch ist. Zumindest für uns nicht, für all die Musiker von anderswo - und deren Publikum - vermutlich aber schon.

Ab und zu weht sie noch herüber, die alte Zeit. Bei der "Oidn Kath" etwa, oder wenn Bandchef Stefan Pellmeier von dunklen Nächten ohne Straßenbeleuchtung erzählt und seiner Liebe als Bub zu den Stallhasen hinter dem Haus. Meist aber geht es um all die musikalischen Einflüsse, die die Band aufsaugt und über die traditionelle Basis stülpt, um das Mischungsverhältnis zwischen Nähe und Ferne, Gemütlichkeit und Exotik. Und so wird aus einem Walzer eine Bossa-Nova-Nummer, wechseln sich angejazzte Pop-Nummern ab mit dem Erbe Paul Simons aus dessen "Graceland"-Phase, meint man sich bei Klezmer, kubanischer Rumba oder bei irischen Jigs wiederzufinden, klingt Stefanie Pellmeiers Geige plötzlich nach einer waschechten Square-Dance-Fiddle, obwohl das betreffende Stück doch eigentlich als Musette-Walzer angefangen hatte.

Das Kunststück liegt darin, dass sich bei all den Vermischungen, Richtungs- und Orientierungswechseln kein Bruch ergibt. Es klingt alles so, als sei es von alters her miteinander verwachsen, was seinen Grund darin hat, dass das Ensemble nicht einfach so verschiedene Weltgegenden frontal aufeinanderprallen lässt, sondern all die Eigenkompositionen bewusst so anlegt, dass das Konzept auch funktioniert. Damit bedient das Ensemble ein Publikum, das mit ihm das Wagnis eingeht, ohne Angst über den Tellerrand zu schauen, das aber andererseits - wie die Band - auch um seine eigenen Wurzeln weiß.

Drei Zugaben belegen an diesem Abend, dass Luz Amoi damit ziemlich genau ins Schwarze treffen.

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