Ingolstadt

Der Fitmacher

20.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr

Foto: Stefan Boesl

Ingolstadt (DK) Ein Trainerstab besteht nicht nur aus Chef- und Co-Trainer. Auch der Konditions- und Athletikbereich spielt eine immer größere Rolle. Seit 2011 kümmert sich Jan-Philipp Hestermann um die U 21-Fußballer des FC Ingolstadt.

2 Stunden, 32 Minuten und 11 Sekunden waren es am 2. Juli in Gmund am Tegernsee. Eine Stunde und 30 Minuten sind es im Normalfall im ESV-Stadion in Ingolstadt. Beide Male geht es um Ausdauer, beide Male spielt Jan-Philipp Hestermann eine große Rolle. Im Juli startete er beim Triathlon in Gmund, im Gegensatz dazu steht der Athletiktrainer der Schanzer aber im Stadion des FC Ingolstadt II nicht im Mittelpunkt. "Da ich selbst nicht mehr Fußball spiele, habe ich mir neben meiner Arbeit beim FCI eine zweite Herausforderung gesucht", erklärt Hestermann und berichtet weiter: "Um meine Grenzen auszuloten, bin ich seit einigen Jahren Triathlet und im Wasser, auf dem Rad und zu Fuß auf der Jagd nach der Bestzeit."

Bereits mit 28 Jahren hing der gebürtige Niedersachse seine Fußballschuhe an den Nagel. Nach Stationen in seiner Heimat spielte er unter anderem für die FT Starnberg. "Damals habe ich mir schon meine Gedanken gemacht, wie ich den Wechsel vom Feld hinter die Kulissen meistern werde, schließlich spielte ich leidenschaftlich gerne Fußball", erinnert sich der 34-Jährige. Ein Wandel, der sich im Nachhinein als problemlos erwies: "Es ging alles sehr schnell, und ich hatte im Endeffekt überhaupt keine Probleme, da ich im Fitnessbereich meine neue Leidenschaft gefunden hatte." Das Bedürfnis, auf den Platz zurückzukehren, "hatte ich nie".

Hestermann stieß 2011 zu den Schanzern. Geplant war das eigentlich nicht. "Ich bin ausgebildeter Lehrer", erklärt er. Für sein Studium zog er vor zwölf Jahren nach München, studierte dort Sport und "hatte auch den Plan, Lehrer zu werden und zu bleiben". Die Idee, in den Fitnessbereich zu wechseln, sei spontan gekommen. Hestermann arbeitete sich in die Materie ein.

Die Möglichkeit, in Ingolstadt zu arbeiten, eröffnete ihm ein alter Bekannter. Der ehemalige Trainer der Schanzer, Josef Albersinger, ging auf den damals 28-Jährigen zu. "Joe kannte ich schon länger und hatte deshalb bereits zu Beginn einen guten Draht. Als sich dann die Möglichkeit ergab, in Ingolstadt zu arbeiten, zögerte ich nicht." Zudem ist er sich sicher: "Wäre diese Anfrage nicht gekommen, würde ich heute noch als Lehrer arbeiten."

Da Hestermann zu Beginn seiner Laufbahn in Ingolstadt noch nicht hauptberuflich aktiv war, ging er zunächst noch seinem Beruf als Lehrer nach. Erst 2015 änderte sich dies - und der FCI stellte ihn hauptberuflich an. Ein nachvollziehbarer Zug aufgrund der vielen Mannschaften, die der Athletiktrainer betreut: "Ich bin nicht nur für die zweite Mannschaft zuständig", erklärt Hestermann. "Ich betreue die Jugendmannschaften von der U 16 bis zur U 19 und verbringe ansonsten aber die meiste Zeit bei der U 21." Auch Stefan Leitl, jetziger Interimstrainer der Profi-Mannschaft, meint: "Jan ist ein junger und zielstrebiger Typ, der sehr strukturiert ist. Die Zusammenarbeit hat deswegen immer hervorragend funktioniert."

Seine Aufgabe erklärt Hestermann so: "Es geht nicht zuletzt um die Steuerung der Trainingsbelastung, um Schlaf und um die Ernährung." Dinge, die der Athletiktrainer oftmals nur bedingt beeinflussen kann und daher eher zu Ratschlägen statt strikter Vorschrift neigt. Speziell im Bereich der Nahrung sei Hestermann "kein Fan von Ernährungsplänen", schließlich "gibt es Strategien, die für den einen funktionieren, aber bei anderen Spielern keinen Sinn ergeben". Um zu sehen, wie die jungen Fußballer auf verschiedene Methoden reagieren, sei in seinem Beruf neben der Fach- auch viel Sozialkompetenz gefragt. "Es kommt auf eine gesunde Mischung aus Feingefühl und Härte an." Da im Endeffekt vor allem die Selbstdisziplin der Spieler gefragt sei, bringe es nichts, einem Spieler etwas aufzuzwingen. "Viele Spieler finden den Athletikbereich schlicht und einfach nicht schön, daher reicht es mir, wenn ein Spieler später zu mir sagt: ,Deine Arbeit hat mich weitergebracht'." Ab und zu käme es zudem vor, dass sich ehemalige Spieler melden und selbst im Fitnessbereich einsteigen wollen. "Das ist das größte Lob, das ich bekommen kann."

Seit dem Beginn der Karriere nach der Karriere hatte Jan-Philipp Hestermann stets mit jungen Menschen zu tun. Eine Tatsache, die ihm auch aufgrund seines eigentlichen Berufs nicht ungelegen kommt. Dennoch möchte sich der Triathlet noch weiterbilden: "Mein Ziel ist definitiv, später einmal im Profibereich gearbeitet zu haben", nennt er seine Ambitionen für die Zukunft und erläutert: "Es ist einfach eine andere Art der Arbeit. Als Profitrainer geht es um das Ergebnis, das auf dem Platz erzielt wird." In einem Nachwuchsleistungszentrum hingegen stehe vor allem die Entwicklung der einzelnen Spieler im Vordergrund. Auch die Datenerfassung in den ersten beiden Ligen befinde sich auf einem höheren Niveau. "Durch Datentracking und andere Methoden sieht man immer, wie der Körper eines Spielers mit der Belastung umgeht", meint Hestermann.

Um selbst stets auf dem neuesten Stand der Lehre zu sein, habe sich Hestermann mit dem Triathlon ganz gezielt etwas gesucht, das ihn an seine Grenzen treibt und die Trainingsintensität hochhält. "Ich wollte sehen, wozu mein Körper in der Lage ist und neue Ansichten gewinnen." Vor allem sei es ihm aber wichtig gewesen "den Jungs ein Vorbild zu sein", schließlich "wollte ich nicht Dinge verlangen, die ich selbst nicht umsetzen kann".

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