Coburg

Ein Vorbild für Ingolstadt?

Seit knapp einem Jahr gibt es in Coburg am Rand der Fußgängerzone eine Markthalle - ein Besuch

16.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:51 Uhr
In der Coburger Markthalle: (oben, von links) David Schmitt, Pressesprecher der Stadt Coburg, Sebastian Hofmann, Manager der Markthalle, Christian Meyer, Geschäftsführer der Wohnbau Coburg. Birgit Ebert (unten rechts) betreibt in dem Areal eine Chocolaterie. −Foto: Pehl

Coburg/Ingolstadt (peh) Das Thema ist nicht neu, aber alle paar Jahre wieder aktuell.

Geht es nach dem Willen der CSU, soll es in Ingolstadt eine Markthalle nach dem Vorbild von Coburg geben. Doch die ist ganz anders, als man sich eine Markthalle vorstellt - und in Teilen der Bürgerschaft auch umstritten.

Gut 40000 Einwohner, eine schöne Innenstadt, viel Kultur, noch mehr Tradition, genügend Arbeitsplätze, günstige Mieten und ernährungstechnisch eine "Veste" (Bollwerk) gegen jede Form veganer Verköstigung: Das ist Coburg. Kein Wunder, dass die kreisfreie Stadt, bis 1918 Sitz eines Herzogtums und seit 1920 per Volksabstimmung Bayern zugehörig, bei den so beliebten Städterankings öfter ziemlich weit vorne landet. Seit vielen Jahren bemüht sich Coburg, seine Innenstadt Stück für Stück zu verschönern. Eines dieser Quartiere befindet sich am Albertsplatz, unmittelbar neben der Fußgängerzone. Dort wurde vor fast einem Jahr die Markthalle eröffnet.

1200 Quadratmeter umfasst die Fläche, wo neben einer Eisdiele, einem japanischen Restaurant, einer Bäckereifiliale, einem Geschäft für Schokoladenspezialitäten und einer Destillerie ein Modegeschäft den größen Raum einnimmt. Zur Markthalle zählen noch die beiden angrenzenden Läden, die jedoch über einen eigenen Eingang verfügen: Einer steht leer, im anderen ist das japanische Restaurant. Als die Markthalle im September des vergangenen Jahres öffnete, war die Belegung noch etwas anders: Das "Genussreich" mit regionalen Käse- und Wurstspezialitäten hat sich bereits zurückgezogen und auch die Destillerie wird es in dieser Form nicht mehr geben.

"Ursprünglich war das anders geplant", erinnert sich Christian Meyer, Geschäftsführer der Coburger Wohnbaugesellschaft, die die Markthalle betreibt. Im Zuge der Entwicklung dieses Quartiers und der Belebung des neu gestalteten Albertsplatzes wäre eine Nahversorgung geplant gewesen. Doch daraus wurde nichts: "Dafür ist Coburg zu klein", sagt Meyer. Auch einen Metzger hätte man gerne angesiedelt, doch dem standen die hohen Investitionen entgegen. An die 5000 Menschen leben wohl in der Kernstadt, wo es auch einen Netto und eine Norma gibt. Ein FOC oder einen Westpark hat Coburg nicht, aber natürlich die üblichen Geschäfte an der Peripherie.

Im Zuge der Quartiersaufwertung des Albertsplatzes wurde unter der Markthalle eine Tiefgarage gebaut, oben im Gebäude sind Wohnungen. "Der Albertsplatz ist ja gleich neben dem Marktplatz. Das ist jetzt ein Teil des Zentrums geworden", sagt David Schmitt, Pressesprecher der Stadt Coburg. Und das soll auch "bespielt" werden, wie es heutzutage so schön heißt. Der neue Markthallen-Manager Sebastian Hofmann hat auch schon Ideen entwickelt, was auf dem Platz und in der Halle alles passieren soll: Ein Firmenlauf soll dort starten, Konzerte und Aktionen im Rahmen des Coburger Klößmarktes sind geplant oder Poetry Slams.

Eine Idee Hofmanns dürfte den Ingolstädtern bekannt vorkommen: In dem kleineren der beiden Nebenläden (das Schokoladengeschäft zog in die eigentliche Halle um) sollen in einem Pop-up-Store in einem gewissen Wechsel Designer, Künstler und Kreative ein Domizil finden. "Das passt gut rein", findet Hofmann: "Und es zieht Leute an, die sonst nicht kommen würden. " Denn das ist eines seiner wichtigsten Ziele: "Wir wollen versuchen, jeder Altersgruppe gerecht zu werden und eine eigene Stilistik entwickeln. " So soll beispielsweise aus der Destillerie eine Weinbar werden, wo man so manches gute Tröpfchen verkosten kann. "Am Vormittag geht ja auch keiner zum Schnapstrinken rein", räumt Hofmann ein.

Wobei ihm durchaus klar ist, dass es sich bei der Coburger Einrichtung "nicht um eine klassische Markthalle handelt. Wir haben den Begriff weiter entwickelt. " Und da ist für Hofmann die richtige Mischung entscheidend, um die Skeptiker zu überzeugen. Und die gibt es immer noch. Vor allem ältere Coburger bemängeltem in Gesprächen das Fehlen regionaler Produkte. Andererseits herrscht in der Markthalle ein ständiges Kommen und Gehen, wobei durchaus auch viele Senioren unter den Besuchern sind. Kundenzählungen wurden laut Hofmann bisher nicht gemacht, seien aber geplant. Nicht zuletzt mit diversen Veranstaltungen will der Manager auch die Zweifler überzeugen und einen gewissen Erlebnischarakter schaffen. "Auf jeden Fall kann man auf der bisherigen Entwicklung aufbauen", zeigt er sich zuversichtlich.

Wohnungsbau-Geschäftsführer Christian Meyer räumt im Gespräch auch ein, dass vielleicht der Name nicht ganz optimal gewählt sei. Er setzt lieber auf den Untertitel "Genuss und Mode". Da Gastronomie und das Modehaus Jasmin Franz (das daneben noch seinen angestaammten Standort in Coburg weiter betreibt) unterschiedliche Öffnungszeiten haben, trennt im Inneren abends eine Glasscheibe die beiden Bereiche. Die Mieten bewegen sich laut Meyer übrigens im üblichen Rahmen. "Wir könnten mehr verlangen, aber dann haben wir eben keine Chocolaterie. " Deren Inhaberin Birgit Ebert stellt seit 30 Jahren Schokoladenprodukte her. "Ich wusste, dass es nicht einfach wird", beschreibt sie ihren Wechsel vom kleinen zum großen Stand. Aber sie hat natürlich durch die anderen Läden auch Laufkundschaft und darf sogar sonntags öffnen - was sie ab Herbst wohl auch machen wird.

Direkte Subventionierung will die Coburger Wohnungsbau aber auch nicht betreiben: "Es muss sich tragen", sagt Meyer. Eines ist für ihn besonders wichtig: "Die Politik muss hinter so einem Konzept stehen. " Er glaubt, mit der künftigen Mischung der Geschäfte einen guten Kompromiss gefunden zu haben, um möglichst viele Kunden anzulocken. "So eine Halle ist kein Selbstläufer", sagt Meyer: "Sie kann ein Gewinn sein, ist aber auf jeden Fall ein Mehrwert. Der Albertsplatz hat sich belebt. "
 

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