Firmenübergabe
Betrieb sucht Nachfolger

Generationenwechsel

15.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr
Bernhard Eichiner −Foto: Johannes Hauser

Fast 30 000 Unternehmer in Bayern planen ihren Ruhestand. Wie wichtig die Digitalisierung während der Firmenübergabe an die Nachfolger ist, erläutert Bernhard Eichiner von der IHK.

Wenn sich ein einzelner mittelständischer Unternehmer in Bayern mit 60 Jahren Gedanken über seine Zukunft macht, überlegt, wann er in Ruhestand gehen möchte, und ob er sich einen Nachfolger für seinen Betrieb suchen, ihn verkaufen oder vielleicht auch komplett aufgeben soll, dann sind die Folgen dieser Überlegungen noch überschaubar. Wenn aber fast 30 000 Unternehmer, die 60 Jahre und älter sind, das Gleiche tun, dann sind die möglichen Auswirkungen zu weitreichend, um sie zu ignorieren.

„Deshalb gibt es die ,Offensive Unternehmensnachfolge Bayern‘“, sagt Bernhard Eichiner, betriebswirtschaftlicher Berater der IHK für München und Oberbayern. „Das ist eine Initiative des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, der bayerischen Industrie- und Handelskammern und der Handwerkskammern mit weiteren Partnern aus dem Bereich der Wirtschaftsförderung. Die Offensive will sensibilisieren, Übergabe und Nachfolge aus einzel- und volkswirtschaftlicher Sicht in den Fokus rücken und damit auch das Nachfolgegeschehen ankurbeln.“

Drängend werde das Thema durch die demografische Entwicklung, erklärt Eichiner. „Die geburtenstarken Jahrgänge der Unternehmer kommen in das Ruhestandsalter, die Gründungsneigung und Nachfolge innerhalb der Familie nehmen weiter ab und die junge Generation Y hat oftmals andere Ziele. Das heißt, die Schere zwischen Übergebern und potenziellen Übernehmern wird größer. Damit stehen in der Konsequenz funktionierende Wirtschaftsstrukturen, Unternehmen, Arbeitsplätze und Existenzen zur Disposition.“ Eichiner war einer der Experten des DK-Wirtschaftsforums zum Thema Betriebsnachfolge, das im Februar im DK-Verlagshaus stattfand. Gemeinsam mit Herbert Maier, Marktregionsleiter Unternehmerkunden Süd bei der Commerzbank, die Mitveranstalter der Podiumsdiskussion war, dem Ingolstädter Steuerberater Andreas Krenzin und dem Eichstätter Jungunternehmer Markus Meier gab er den Besuchern Tipps für ihre eigene Unternehmensnachfolge. Die Gelegenheit, im Anschluss Fragen zu stellen, hätten etliche von ihnen genutzt, erzählt Eichiner. Gerade erst habe er in der IHK-Geschäftsstelle in Ingolstadt ein Beratungsgespräch mit einem der Zuhörer geführt. „Die Besucher kamen aus den verschiedensten Branchen, die Bandbreite reichte vom Bestattungsunternehmen bis zur Aktiengesellschaft im Bereich Automotive mit 1000 Beschäftigten.“

Eichiner hatte die Unternehmer an diesem Abend gemahnt, den Betrieb für ihren Nachfolger attraktiv zu machen. Die Schlagworte Modernisierung und Digitalisierung zogen sich wie ein roter Faden durch die Diskussion. „Bei Nachfolgelösungen innerhalb der Familie gibt es häufig Reibungspotenzial, wenn es um die Modernisierung geht, da der Übergeber meist noch operativ im Betriebsablauf eingebunden ist. Oftmals werden die Ideen der Nachfolgegeneration negiert und kritisch hinterfragt. Getreu dem Motto: ,Das Unternehmen lief die letzten 60 Jahre so gut, wir haben Krisen überstanden und das Alte hat sich bewährt, da brauchen wir keine Modernisierung‘“, konkretisiert Eichiner. Hier sei es wichtig, dass sich Übergeber und Nachfolger im Vorfeld darüber Gedanken machen, nicht das komplette Unternehmen auf einmal zu modernisieren, sondern zunächst einzelne Teilbereiche, die bereits die jüngere Generation verantworten kann.

Die zunehmende Digitalisierung sei ein fortschreitender Prozess, der alle Branchen betreffe, fährt der IHK-Berater fort. Als beispielhafte Unternehmensbereiche nennt er Logistik und Lager, Produktion, Vertrieb und Verwaltung. Für den Bereich Logistik und Lager führt Eichiner die klassischen Transportmittel wie Gabelstapler und Routenzüge an, die von einem Mitarbeiter bedient werden. „Hier setzen sich immer mehr halbautonome und fahrerlose Transportsysteme durch. Hinzu kommen auch intelligente Warenwirtschaftssysteme, die die Lagernavigation optimieren und den Prozess des Wareneingangs, Warenausgangs und der Lagerung effektiver gestalten.“

Auch beim Vertrieb habe sich in relativ kurzer Zeit viel verändert. „So verschiebt sich der stationäre Handel mehr und mehr auf E-Commerce-Tätigkeiten. Erst die Digitalisierung lässt es zu, ein Massenprodukt individuell an den Kunden anzupassen.“ Ein zusätzlicher Online-Handel für einen stationären Einzelhändler müsse aber nicht immer sein. „Hier gibt es Möglichkeiten, die von Kommunen gesponsert werden, wie zum Beispiel Online-Schaufenster. Die Sichtbarkeit im Internet gewinnt aber immer mehr an Bedeutung – vor allem im Hinblick auf den Generationenwechsel.“

Experte für Nachfolgefragen

Als Vertreter der IHK für München und Oberbayern nahm Bernhard Eichiner an der Podiumsdiskussion im Verlagsgebäude des DONAUKURIER teil. Eichiner ist betriebswirtschaftlicher Berater der IHK und berät unter anderem bei Themen wie Existenzgründungen, Nachfolge und Unternehmensstrukturierungen. Der gelernte Kaufmann im Groß- und Außenhandel studierte Betriebswirtschaftslehre und hält einen LL.M. (Master of Laws) im Wirtschafts- und Steuerrecht.