Wolfsburg
Punktsieg für Winterkorn

Aufsichtsratspräsidium stärkt VW-Chef im Machtkampf mit Ferdinand Piëch den Rücken

17.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:24 Uhr

Wolfsburg (AZ/dpa) Überraschung im VW-Machtkampf: Ferdinand Piëch hat im Ringen an der Führungsspitze eine Schlappe hinnehmen müssen. Trotz der Attacken des Aufsichtsratsvorsitzenden bleibt Martin Winterkorn als VW-Chef im Amt. Sein bis Ende 2016 laufender Vertrag soll sogar verlängert werden. Das verlautete am Freitag aus Konzernkreisen.

Es habe sich um eine Entscheidung des sechsköpfigen Aufsichtsratspräsidiums gehandelt, das sich am Donnerstag zu einem Krisentreffen in Salzburg getroffen hatte. Winterkorn (Foto) stand erheblich unter Druck, nachdem VW-Patriarch Piëch „Spiegel online“ vor einer Woche gesagt hatte: „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“ Nun äußerte sich die VW-Führung zum ersten Mal in dem schwelenden Machtkampf – und stellte sich hinter den Vorstandschef. In der Mitteilung hieß es nun: „Das Präsidium legt großen Wert darauf, dass Herr Professor Dr. Winterkorn seine Funktion als Vorsitzender des Vorstands auch weiterhin so aktiv und erfolgreich wie bisher verfolgt.“ Hierbei habe er die „uneingeschränkte Unterstützung des Gremiums.“ Der Kontrakt des Managers läuft Ende 2016 aus.

Offen ist, bis wann Winterkorns Vertrag verlängert werden soll. Unklar ist auch, wie es an der Spitze des Aufsichtsrats weitergehen könnte. Winterkorn galt bis zu der Piëch-Kritik als designierter Nachfolger des VW-Patriarchen als Chefkontrolleur. Piëchs Mandat als Aufsichtsratschef läuft noch zwei Jahre.

Bei Audi nimmt man das Festhalten an dem VW-Chef mit Erleichterung zur Kenntnis. „Er ist einer der fähigsten Manager der Automobilbranche“, sagte Audi-Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch. Winterkorn habe als Audi-Chef und später bei VW maßgeblich am Erfolg des Unternehmens mitgewirkt. Winterkorn war beim Treffen des Aufsichtsratspräsidiums mit von der Partie. Bei den Beratungen ging es nach dpa-Informationen auch um strategische Fragen rund um den Kurs des Vorstands. Das Präsidium gilt als Machtzentrum und bereitet entscheidende Weichenstellungen des Kontrollgremiums vor.

Für den Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer ist „die Schlacht“ bei VW nicht vorbei. Die geplante Verlängerung sei nur ein „Etappensieg“ für den 67-jährigen Winterkorn und ein Signal, „um zunächst einmal wieder Ruhe in den Konzern zu bringen“. Wie es mittelfristig weitergehe, müsse sich erst zeigen. „Noch ist ja kein Vertrag unterzeichnet“, sagte Dudenhöffer.

Ähnlich sieht das der Automobilexperte Stefan Bratzel: „Piëch hat eine kleine Schlacht verloren, aber der Krieg ist noch lange nicht entschieden“, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Winterkorn bleibe allerdings geschwächt. Scharfe Kritik übte Bratzel an der Attacke Piëchs. „Der Stil war völlig unangemessen.“ Das Aufsichtsratspräsidium habe dem Patriarchen nicht durchgehen lassen, dass er „die Autorität des Konzernlenkers so beschädigt“ habe. Seite 2 und 11