Wolfsburg (DK
Sammelklagen gegen VW-Topmanager

Führungsleute sollen sich wegen Abgas-Skandals verantworten auch Audi-Chef Stadler

24.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:09 Uhr

Wolfsburg (DK) Neben Volkswagens Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn ist auch sein Nachfolger Matthias Müller ins Visier der US-Anwälte geraten. Der Topmanager und mehrere seiner Kollegen - unter ihnen auch Audi-Chef Rupert Stadler - sollen in drei Sammelklagen persönlich zur Rechenschaft gezogen werden.

Die Klagen wurden am Montag beim zuständigen Bezirksgericht in San Francisco eingereicht.

In den Klagen, über die zuvor bereits die "Bild"-Zeitung berichtet hatte, geht es zumeist um Vorwürfe wegen Betrugs, Vertragsbruchs, irreführender Werbung und Wettbewerbsverzerrung. Neben zahlreichen US-Autobesitzern klagen auch VW-Vertragshändler und andere Autohäuser, die sich als Opfer des Skandals um die Manipulation von Abgas-Werten bei Diesel-Fahrzeugen sehen.

Die Vorwürfe gegen die Wolfsburger Autobauer sind heftig: "Volkswagens illegaler Komplott entstand aus Gier und der Ambition, den weltweiten Automarkt um jeden Preis zu dominieren", heißt es in den 719, 74 und 90 Seiten langen Klageschriften. Die Rede ist von einem der "unverschämtesten Unternehmensverbrechen der Geschichte". Ein VW-Sprecher in Wolfsburg sagte dazu, dass der Konzern die Klagen zur Kenntnis genommen habe. Ihr Inhalt werde intern bewertet, eine Stellungnahme dazu könne es aber nicht geben, sagte der Sprecher unter Verweis auf die laufenden Verfahren.

Nicht nur Müller soll sich verantworten, sondern auch andere Spitzenentscheider von Unternehmen, die in die Affäre um manipulierte Abgaswerte Hunderttausender Diesel-Autos verwickelt sein sollen. Dabei handelt es sich unter anderem um Audi-Chef Rupert Stadler und Volkmar Denner, den Vorstandsvorsitzenden des Zulieferers Bosch.

Darüber hinaus zielt die Klage auf die US-Chefs von Audi und Porsche und die ehemaligen VW-Ingenieure Ulrich Hackenberg und Wolfgang Hatz. Hinzu kommen der über den Skandal gestürzte Ex-VW-Boss Winterkorn und der US-Chef von VW, Michael Horn. Sie waren bereits zuvor als Beklagte im Visier der US-Anwälte. Ein Audi-Sprecher sagte zu der Klage gegen Stadler, das Unternehmen kenne die genauen Hintergründe nicht und könne daher das Verfahren noch nicht kommentieren.

VW hatte nach Betrugsvorwürfen, die vom US-Umweltamt EPA am 18. September 2015 publik gemacht worden waren, Manipulationen in großem Stil bei Emissionstests eingeräumt. Das US-Justizministerium hat deshalb im Januar eine Zivilklage im Auftrag der EPA gegen den Konzern eingereicht - alleine hier droht eine Strafe von bis zu 46 Milliarden Dollar (etwa 42 Milliarden Euro).

Mehr als 500 Zivilklagen von US-Verbrauchern wurden im Dezember in Kalifornien gebündelt, um die Mammutverfahren zu vereinfachen. Dahinter stehen Autofahrer und Vertragshändler, die sich getäuscht sehen. Außerdem klagen Autohäuser auf Schadensersatz. Da VW seine vermeintlich umweltfreundliche "Clean-Diesel"-Technologie aggressiv vermarktet habe, hätten sie weniger wirklich saubere Wagen verkauft, argumentieren sie.

VW steht in dem Skandal an diversen Fronten unter Druck. Die Wolfsburger haben sich mit den US-Behörden noch immer nicht auf einen Plan zur Beseitigung der "Defeat Device" genannten Manipulationsprogramme in fast 600 000 betroffenen Autos einigen können. Um US-Kunden zu besänftigen, nahm der Konzern bereits viel Geld für Einkaufsgutscheine und gratis Pannenservice in die Hand. Zudem hat VW den US-Staranwalt Kenneth Feinberg beauftragt, eine außergerichtliche Lösung zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zu entwickeln.