Schrobenhausen
"Tal der Tränen"

Sicherheitsexperte Mölling spricht in Schrobenhausen über die Rüstungsindustrie

06.11.2014 | Stand 02.12.2020, 22:01 Uhr

Schrobenhausen (DK) Die Rüstungsindustrie in Deutschland hat ein ernstes Problem: Die angestammte Kundschaft – also die Bundeswehr und die Militärs der befreundeten Staaten – hat immer weniger Geld zur Verfügung. Und Waffenexporte in andere Länder sind eine heikle Sache.

Der zuständige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat angekündigt, diese Geschäfte restriktiver handhaben zu wollen.

Auch dem Lenkwaffenkonzern MBDA, der mit 1100 Mitarbeitern in Schrobenhausen nach Airbus in Manching der zweitgrößte Rüstungsbetrieb in der Region ist, brennt das Thema auf den Nägeln. Für die zweiten „Schrobenhausener Gespräche“ zum Thema Rüstungsexporte hatte sich die Firma deshalb gestern Nachmittag einen ausgewiesenen Fachmann als Referenten geholt: Christian Mölling (Foto) ist Sicherheitsexperte der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, der vielleicht wichtigsten unabhängigen Politikberatungs-Organisation – auf Neudeutsch „Think Tank“ – in der Bundeshauptstadt.

Und Mölling schonte die versammelten Firmenvertreter wie die externen Gäste nicht. „Wir haben ein Tal der Tränen vor uns“, sagte er zur Zukunft der Rüstungsindustrie in Deutschland. Manchen im Saal mag es geschmerzt haben, dass der Gast aus Berlin in diesem Zusammenhang den zuständigen Politikern gleich die Handlungsempfehlung mitgab, sich rechtzeitig um Ersatzarbeitsplätze zu kümmern.

Etwas Gutes gewann Mölling den akuten Problemen der Branche aber doch ab: Die Politik könne das Thema nicht länger aussitzen. „Die Sache kommt“, so der Sicherheitsexperte. Bei einigen Rüstungsbetrieben sei das aus seiner Sicht eher eine Frage von Monaten als von Jahren. Der Handlungsdruck auf die Bundespolitik steigt also.

Und in Berlin, da ließ der Politikberater keinen Zweifel, liegt auch das Problem. „Mit Rüstungspolitik gewinnt man keine Wahlen“, fasste Mölling das bündig zusammen. Es gebe in der Bundeshauptstadt nur eine Handvoll Politiker, die sich überhaupt mit dem Thema auseinandersetzten. Vor allem das Thema Rüstungsexporte sei tabubesetzt. Dabei, so Mölling, fehle das Verständnis, dass Rüstung nicht nur mit Industriepolitik, sondern vor allem mit Sicherheitspolitik zu tun habe. Aktuelles Beispiel dafür: die Waffenlieferungen an die Kurden im Irak. Die Bereitschaft Deutschlands, mehr internationale Verantwortung in einer zunehmend unsicheren Welt zu übernehmen, hat aus der Sicht Möllings eben auch eine rüstungspolitische Dimension.

Der Sicherheitsexperte wünscht sich deshalb einen dauerhaften Rüstungsdialog in Deutschland. Der zum Beispiel die Frage klärt, welche Kernfähigkeiten die Rüstungsindustrie in Deutschland denn erhalten muss – und welche sich das Land in Zukunft auch leisten kann.