Paris
Kein Geld mehr für Drohnen

EADS-Chef Enders stoppt Investitionen und fordert Regierungsaufträge

14.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:01 Uhr

Paris/München (DK) Absurd, lächerlich, unvernünftig: Bei Europas größtem Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS gibt es wenig Verständnis für die deutsche „Euro-Hawk“-Entscheidung. Künftig will das Unternehmen keine eigenen Gelder mehr in die Entwicklung unbemannter Flugzeuge stecken.

EADS-Chef Thomas Enders hat scharfe Kritik an der deutschen Debatte über die Drohne „Euro Hawk“ geübt. Es sei absurd, dass sich die Diskussion in Deutschland nur darum drehe, was Verteidigungsminister Thomas de Maizière wann gewusst habe, sagte Enders vor der Luftfahrtmesse „Le Bourget“ in Paris.

Warum das unbemannte Fluggerät „Euro Hawk“ keine Zulassung bekommen sollte, könne er nicht nachvollziehen. Bei ersten Tests mit der Technik vor zehn Jahren hätten die deutschen Flugaufsichtsbehörden keinerlei Sorgen geäußert, betonte Enders am Donnerstagabend. Die Drohne habe sich wie ein ganz normales Flugzeug verhalten.

De Maizière hatte das „Euro-Hawk“-Projekt Mitte Mai wegen Zulassungsproblemen bei der Flugaufsicht und einer drohenden Kostenexplosion gestoppt. Ihm wird vorgeworfen, erst nach der Investition von mehr als einer halben Milliarde Euro reagiert zu haben, obwohl sein Ministerium schon lange von den Problemen mit der Zulassung für den europäischen Luftraum wusste.

„Sie muss nicht im kontrollierten Luftraum fliegen, sie fliegt durch ihn und dann über ihm“, kritisierte Enders das Aus für das Projekt. „Es braucht vielleicht 15 Minuten und dann ist man auf 45 000 Fuß (13,7 Kilometer). Anschließend fliegen sie auf einer Höhe von 60 000 bis 65 000 Fuß nach Afghanistan. Sie belästigen niemand. Warum in aller Welt ist das in Deutschland nicht möglich“

Enders betonte, er wolle keine Konzerngelder mehr für die Drohnenentwicklung ausgeben. Nach Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe müsse es Regierungsaufträge geben, sonst gehe es nicht weiter. „Wir haben bereits zehn Jahre verloren“, kritisierte der EADS-Chef mit Blick auf die Zurückhaltung der Europäer. „Je länger es dauert, desto dominanter werden die Amerikaner auf dem Markt werden.“

Für „Euro Hawk“ hatte EADS die Aufklärungstechnik entwickelt, der Flieger selbst wurde vom US-Konzern Northrop Grumman gestellt. Bei der US-Luftwaffe ist dieser seit Jahren als „Global Hawk“ im Einsatz. „Das ist die fortschrittlichste, hochfliegende Langstreckendrohne der Welt. Sie hat tausende Flugstunden hinter sich“, kommentierte Enders. Die EADS-Rüstungstochter Cassidian konnte Drohnen-Projekte wie Talarion oder Barracuda bislang nicht zu Ende führen, da die anfangs interessierten europäischen Staaten keine Finanzierungszusagen geben.

Überlegungen, die „Euro-Hawk“-Aufklärungstechnik auf ein normales Flugzeug zu montieren, bezeichnete Enders als unvernünftig. Sie sei für einen unbemannten Flieger entwickelt worden, der bis zu 30 Stunden in der Luft bleiben könne und für Flugabwehr nicht erreichbar sei. Wenn die Bundesregierung aber unbedingt wolle, werde EADS ein Angebot machen, sagte Enders.

Bei Cassidian hieß es, der von Enders verkündetete Investitionsstopp werde zunächst wohl keine personellen Konsequenzen haben. Ein Unternehmenssprecher in München sagte, die mit dem Projekt „Euro Hawk“ befassten Ingenieure würden „für andere kleinere Aufträge eingesetzt“. Langfristig aber drohten die Fachkräfte das Unternehmen zu verlassen. Damit ginge dann auch „wichtiges Know-how unwiederbringlich verloren“.