Nürnberg
Krumme Geschäfte?

Ex-Media-Saturn-Manager muss sich wegen Bestechlichkeit vor Gericht verantworten

31.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:08 Uhr
Angeklagt wegen Bestechlichkeit: Der ehemalige Media-Saturn-Manager Willi F. mit seinem Anwalt Jürgen Lubojanski. F. soll von Bauträger Heinz W. geschmiert worden sein. −Foto: Oppenheimer

Nürnberg (DK) Vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth muss sich derzeit ein ehemaliger Media-Saturn-Manager verantworten – wegen Bestechlichkeit im Zuge von Immobilienkäufen. Die Fälle liegen über zehn Jahre zurück.

Am Freitag sagten Ex-Media-Saturn-Chef Roland Weise und Ex-Gesellschafter Leopold Stiefel aus. Es geht um Schmiergeld – und nicht gerade wenig: Insgesamt 1,7 Millionen Euro soll der 63-jährige Nürnberger Bauträger Heinz W. (Namen von der Redaktion geändert) über mehrere Jahre einem bei Media-Saturn für die Beschaffung von Grundstücken und Immobilien zuständigen Manager gezahlt haben. Der heute 53 Jahre alte Ex-Media-Saturn-Mann Willi F. soll das Geld als Gegenleistung dafür kassiert haben, dass er W.’s Angebote nicht in den Papierkorb wandern ließ. Beide müssen sich nun vor der 3. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth verantworten – wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit und Bestechung.

Der Zeitraum um den es sich im Verfahren dreht, beginnt Mitte der 90er Jahre – eine Zeit in der Media-Saturn anfing, extrem aggressiv zu expandieren. 2005 schied F. aus dem Unternehmen aus. Dass die mutmaßlichen Bestechungsfälle bereits so lange zurückliegen, hinderte das Gericht nicht daran, hochrangige Zeugen vorzuladen. Media-Saturn-Mitgründer und Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals musste bereits aussagen – am Freitag folgten nun dessen Weggefährte, der Ex-Gesellschafter Leopold Stiefel, sowie Ex-Media-Saturn-Chef Roland Weise, den der Mutterkonzern Metro vor drei Jahren von Bord schickte.

Der bestens gelaunte und locker wirkende Stiefel erzählte dem Gericht aus einer Zeit, in der es noch keinen Internet-Handel gab: „Wir wollten 50 bis 70 Standorte pro Jahr eröffnen“, sagte Stiefel. Um die dafür dringend benötigten Objekte zu beschaffen, wurde Willi F. eingestellt. „Ich habe ihn als vertrauenswürdig eingeschätzt“, sagte Stiefel. Doch dann habe F. sich verändert: „Er wollte alles allein entscheiden.“

Beim Griff nach der Macht stand dem Manager aber vor allem die Vertriebsabteilung im Weg, deren Urteil in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des Standorts großes Gewicht bei der endgültigen Entscheidung für oder gegen ein Objekt hatte. Das letzte Wort hatte die Geschäftsführung der Holding – der Beschluss der Gesellschafter galt laut Stiefel dann als Formsache. Weil der Vertriebschef aber nicht klein beigeben wollte, kam es immer wieder zu Streitigkeiten.

Als dann der Name von F., der vor allem in Nürnberg tätig war, plötzlich im Zusammenhang mit einem Standort-Deal nahe Darmstadt auftauchte, sei der Gesellschafter Erich Kellerhals misstrauisch geworden, sagte Stiefel. Kellerhals schreib einen Brief an Stiefel und Weise, in dem er auf mögliche Ungereimtheiten hinwies: Es seien wohl persönliche Interessen im Spiel. Eine interne Untersuchung wurde eingeleitet, doch handfeste Beweise für Mauscheleien von F. fanden sich nicht. „Es gab nichts Greifbares“, sagte Stiefel. „Hätten wir gewusst, dass er Geld abschöpft, wäre er keinen Tag länger bei uns gewesen.“

Trotzdem habe man den Vertrag mit F. aufgelöst. Mehr als fragwürdig ist allerdings die Tatsache, dass der Manager im Anschluss an den „Rauswurf“ einen gut bezahlten Beratervertrag erhielt. Laut Stiefel deshalb, weil F. die bereits erworbenen Objekte weiter habe betreuen sollen. „Er hatte ja gute Kontakte.“

Ex-Media-Saturn-Chef Weise bestätigte Stiefels Aussagen in den meisten Punkten: „Ich hatte den Eindruck, dass F. größenwahnsinnig wurde“, sagte Weise in der polizeilichen Vernehmung. Allerdings hätten sich auch die Klagen der Mitarbeiter über F. gehäuft. Die Stimmung in der Mannschaft sei schlecht gewesen, nicht nur, weil der Manager gerne in Protz-Manier mit einem dicken Mercedes-Cabrio vor der Kantine vorfuhr. Auch seine Arbeit sei „nicht mehr so exzellent gewesen“, so Weise. „Mein Bild von ihm hat sich kolossal gewandelt.“ Also habe er ihn „rausgeworfen“. Innerhalb des Unternehmens wurde allerdings kommuniziert, F. hätte aus eigenen Stücken gekündigt. Was nun stimmt, blieb offen.

Weise, nun laut eigener Aussage als selbstständiger Unternehmensberater tätig, zeigte sich wie zu seinen Zeiten als Media-Saturn-Chef gewohnt energiegeladen. Er erklärte wild gestikulierend, zwang mit lautstarken Beispielrechnungen zu Mieten und Rentabilität sogar akustisch zeitweise die Anwälte in die Defensive. Bei besonderer Erregung hob es ihn gar kurzzeitig vom Stuhl.

Auch Weise rechtfertigte den Beratervertrag mit der Bedeutung von F. „Wir wollten eine geordnete Übergabe“, so Weise. Es habe auf die Schnelle keinen Ersatz gegeben. „Wer hätte das sonst machen sollen“

Der Prozess soll am Mittwoch fortgesetzt werden.