München
Gedrucktes Zweirad

Airbus will seine Flugzeuge leichter machen und zeigt an einem Elektromotorrad, wie das geht

20.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:47 Uhr

Foto: Patrik Stäbler

München (DK) Flugzeuge sollen dank 3 D-Druckern leichter, umweltfreundlicher und billiger werden. Nun hat Airbus-Chef Thomas Enders einen Prototypen vorgestellt, der komplett aus dem Drucker stammt - jedoch kein Flugzeug, sondern ein Motorrad.

Legere Stiefel, Jeans, einen Gürtel mit wuchtiger Silberschnalle und - so viel Klischee muss sein - eine schwarze Lederjacke: Thomas Enders hat den Anzug heute im Schrank gelassen, und das hat einen Grund. Der Chef des Flugzeugbauers Airbus ist nach München gekommen, um einen Prototypen vorzustellen. Genauer gesagt: um ihn als Erster Probe zu fahren.

Normalerweise seien Jungfernflüge bei Airbus den Testpiloten vorbehalten und nicht dem Firmenchef, sagt Enders und grinst. "Ich bin froh, dass es hier mal anders ist." Wenig später sitzt der 57-Jährige am Steuer jenes Gefährts, das um einige Nummern kleiner ist als die üblichen Airbus-Prototypen - und dennoch in gewisser Weise die Zukunft des Konzerns darstellt. Die Rede ist vom "Light Rider": ein Motorrad mit Elektroantrieb, 80 km/h schnell, gerade einmal 35 Kilo leicht. Das Besondere daran: Die Maschine der Airbus-Tochter Apworks ist weltweit das erste Motorrad aus dem 3 D-Drucker.

Konkret bedeutet das, dass die Einzelteile nicht wie sonst üblich gegossen, gespritzt, gestanzt oder gefräst wurden. Vielmehr wird beim 3 D-Druck das Material - in diesem Fall eine Aluminiumlegierung - in dünnen Schichten aufgetragen, Millimeter für Millimeter. Die mit Metallpulver befüllten Druckgeräte halten sich dabei exakt an ein digitales Modell, das zuvor am Computer entwickelt wurde.

Zwei große Vorteile sieht Enders in der "additiven Fertigung", wie Fachleute den 3 D-Druck nennen. Zum einen die Gewichtsersparnis: So hätten Studien gezeigt, dass ein Airbus A 350 eine Tonne leichter werde, wenn man rund 140 Metallteile nicht mehr herkömmlich, sondern im 3 D-Druck herstelle. Für den Laien mag das bei einem A 350-Gesamtgewicht von 160 Tonnen nicht allzu viel erscheinen. Doch für Enders ist diese Einsparung "gewaltig". Denn: "Bei Flugzeugen zählt fast jedes Kilo", erklärt der Airbus-Chef. "Weniger Gewicht heißt mehr Reichweite, einen geringeren Verbrauch und weniger Emissionen." Oder in Geld ausgedrückt: Bei geschätzten 32 000 Verkehrsflugzeugen, die in den nächsten 20 Jahren gebaut werden, liege das Einsparpotenzial bei 20 Milliarden Dollar, so Enders.

Zum anderen könnten 3 D-Drucker die Kosten für die Beschaffung von Ersatzteilen drastisch reduzieren. Sie werden bislang in wenigen Werken hergestellt und dann rund um den Globus verschickt. "Schon in einigen Jahren werden wir 3 D-Drucker an den Hauptverkehrsknoten haben und die Ersatzteile vor Ort herstellen", glaubt Enders.

Sein Unternehmen setzt bereits voll auf 3 D-Druck: Anfang des Jahres hat Airbus die Serienproduktion von Bauteilen aus Titan begonnen, bald soll Edelstahl folgen, nächstes Jahr Aluminium. Und schon jetzt stammen zig Kunststoffteile in den Flugzeugen aus dem Drucker. Wobei Enders überzeugt ist: "We ain't seen nothing yet - wir stehen also erst am Anfang."

Mit dem Elektromotorrad will Airbus nun zeigen, welche Möglichkeiten die Technologie heute schon bietet. Wobei der "Light Rider" auch in Serie gehen soll; eine auf 50 Stück limitierte Version ist geplant. Der Preis von 50 000 Euro lässt sogar den Airbus-Chef schlucken. Als ein Mitarbeiter ihm nach der Probefahrt ein Infoblatt in die Hand drückt, kommentiert der Konzernboss erstaunt: "Dafür könnte ich mir ja einen Porsche kaufen."