Ingolstadt
Bruchlandung

Wegen großer finanzieller und technischer Risiken wird Euro Hawk nicht gekauft

14.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:08 Uhr

Der Prototyp der Euro Hawk in Manching. Hier wurde die US-Drohne mit deutscher Aufklärungstechnik bestückt. Und von hier startet sie zu ihren Testflügen - Foto: Stache/AFP

Ingolstadt/Berlin (DK) Die Beschaffung der Aufklärungsdrohne Euro Hawk für die Bundeswehr ist gescheitert, das Verteidigungsministerium hat die Reißleine gezogen. Diese Entscheidung hat Auswirkungen auf die Bundeswehr und die Rüstungsschmiede Cassidian in Manching.

Dort wurde die Drohne, die vom US-Hersteller Northrop Grumman stammt, umgebaut und mit deutscher Aufklärungstechnik ausgestattet. Von hier aus startete der Riesenvogel zu bislang drei Testflügen.

Und es wird wohl noch einige weitere geben: Denn nach dem Willen des Verteidigungsministeriums sollen zumindest Tests der Aufklärungstechnik an Bord der Euro Hawk abgeschlossen werden. Das Ministerium nennt als Termin für das Ende der Tests den 30. September, bei Cassidian peilt man eher das Ende des Jahres an.

Denn so schwerwiegend für Cassidian die Absage an das Projekt Euro Hawk ist: „Wir haben wichtige Erfahrungen sammeln können“, heißt es in dem Unternehmen. Und: „Wir können die Aufklärungstechnik bieten, die die Bundeswehr braucht.“

Mit der Euro Hawk sollte nämlich eine sogenannte Fähigkeitslücke geschlossen werden: Der Bundeswehr fehlt ein Aufklärungsflugzeug für die Marine. Dabei geht es nicht um den Einsatz von Foto- oder Radarsystemen: Es werden zum Beispiel Funk-, elektronische oder auch akustische Signale abgehört. Bis vor wenigen Jahren hatte die Marine dafür Flugzeuge vom Typ Breguet Atlantique aus den 60er Jahren im Einsatz. Als die am ihrer Lebenszeit angekommen waren, wurden schon mit Blick auf eine Beschaffung von unbemannten Aufklärungsflugzeugen als Übergangslösung Flugzeuge vom US-Typ Lockheed Orion angeschafft, die wurden zwar in Sachen elektronischer Ausrüstung modernisiert, stammen aber ebenfalls aus den 60er Jahren. Ein moderner Ersatz ist überfällig.

Mit dem Einsatz der Euro Hawk versuchte das Verteidigungsministerium das fehlende Wissen der europäischen Industrie beim Bau großer Drohnen (die Spannweite der Euro Hawk liegt bei 40 Metern) zu überbrücken. Allerdings gab es schon früh warnende Stimmen, zumal die Euro Hawk bestimmte Anforderungen an eine Zulassung für den Einsatz im europäischen Luftraum nicht erfüllen kann. Spätestens Ende 2011 – nur wenige Monate nach Überführung des ersten Prototyps aus den USA nach Manching – hatte sich auch in Berlin die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Zulassung wenn überhaupt nur mit zusätzlichen Kosten von mindestens 500 bis 600 Millionen Euro erreicht werden könnte. Dennoch wurde das Projekt bis jetzt weiter betrieben.

Inzwischen mehren sich die Stimmen – vor allem in den Reihen der Opposition –, die klagen, hier sei „bewusst eine Milliarde Euro in den Sand gesetzt worden“. Sicher ist, dass vorliegenden Unterlagen zufolge bislang rund 900 Millionen Euro in das Gesamtprojekt geflossen sind. Davon fallen etwa 350 Millionen für die Drohne selbst an, der Rest floss in die Aufklärungssysteme beziehungsweise den Einbau in die Euro Hawk. Außerdem hat die Bundeswehr schon mal vorab den Flugplatz im schleswig-holsteinischen Jagel für den Einsatz der Riesendrohne, die im Jahr 2014 starten sollte, umbauen lassen. Auch dafür flossen mehrere Millionen.

Vielleicht wissen wir heute Abend mehr: Tagsüber trifft sich der Verteidigungsausschuss des Bundestages, um sich mit den Themen Euro Hawk und Aufklärungsdrohnen für die Bundeswehr zu befassen.