Ingolstadt
Eskalation beim Elektronik-Riesen

Media-Saturn: Streit der Gesellschafter spitzt sich zu – Geschäftsführung verkündet Stellenabbau in Ingolstadt

30.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:45 Uhr
Die Media-Saturn-Zentrale in Ingolstadt. −Foto: Archivfoto: Rössle

Ingolstadt (DK) Beim Ingolstädter Elektronik-Riesen Media-Saturn eskaliert der Gesellschafterstreit erneut. Man wirft sich gegenseitiges Versagen vor. Am Rande der Zwistigkeiten wurde gestern auch noch der Abbau von mindestens 200 Stellen bei der Media-Saturn-Holding in Ingolstadt bekannt.

Es begann mit einer Provokation: Vergangene Woche gab Media-Saturn-Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals auf seiner Homepage eine Stellenanzeige für den Chefposten bei Media-Saturn auf. Der amtierende Chef, Horst Norberg, scheide bald aus dem Amt, hieß es da, weshalb man nun einen Nachfolger suche – bevorzugt aus eigenem Hause. Die eigentliche Nachricht war nur halbherzig zwischen den Zeilen versteckt: Hauptsache, keiner vom Hauptanteilseigner Metro AG aus Düsseldorf. Ein Affront gegenüber Norberg, den Kellerhals mittlerweile ganz offensichtlich für zu Metro-loyal hält, vor allem aber gegenüber der Metro selbst. In Düsseldorf nahm man die Kellerhals-Offerte wutschnaubend zur Kenntnis, bewahrte aber nach außen Ruhe: Man wolle sich dazu nicht äußern, hieß es.

Gestern war es dann allerdings mit dem Schweigen vorbei, denn Kellerhals legte in einem Statement noch einmal nach: „Ich bin in tiefer Sorge darüber, wie Media-Saturn derzeit von der Metro verwaltet wird. Ich sage bewusst verwaltet, weil von unternehmerischer Führung derzeit keine Rede sein kann.“ Im Übrigen sei er von der medialen Resonanz auf seine Stellenanzeige völlig überrascht worden, schließlich sei es „die ureigene Aufgabe der Eigentümer, sich frühzeitig um die Besetzung solcher Schlüsselpositionen zu kümmern.“

Er, so Kellerhals, habe kein Verständnis, dass solch wichtige Weichenstellungen auf die lange Bank geschoben würden, „weil andere Führungskräfte im Metro-Konzern erst einmal damit beschäftigt sind, ihre eigenen persönlichen Ziele zu erreichen“. Vor allem Metro-Chef Olaf Koch trat Kellerhals kräftig vors Schienbein. In Anspielung auf den umstrittenen Beirat (siehe Kasten) heißt es: „Herr Koch sitzt dort missmutig mit seinen Anwälten und lässt Vorlagen abnicken. Es werden damit Prozesse und unwirksame Beschlüsse produziert, aber keine unternehmerischen Entscheidungen diskutiert.“

In einem Rundumschlag watschte Kellerhals auch die Media-Saturn-Chefetage heftig ab: „Die unbefriedigende Performance der Geschäftsführung wird offenbar hingenommen, um sich deren Loyalität zu sichern.“ Aussagen, die deutlich machen, dass hier ein Mann verzweifelt um die Macht kämpft und offenbar nicht bereit ist, auch nur einen Millimeter zurückzuweichen.

Weil diese erneute Attacke von Firmengründer Kellerhals offensichtlich selbst dem sonst eher schweigsamen Metro-Chef Koch zu viel war, holte man in Düsseldorf gestern zum verbalen Gegenschlag aus: „Wir halten die diversen Eskapaden eines Herrn Kellerhals für ungewöhnlich und schädlich für Media-Saturn“, heißt es in einer Stellungnahme. „Zum Beispiel ist es schlicht unprofessionell, einen Nachfolger des amtierenden Media-Saturn-Chefs per Internet-Anzeige zu suchen.“

Man bedauere es sehr, dass man aufgrund der unsachlichen Äußerungen von Kellerhals zu dieser Stellungnahme gezwungen sei, heißt es im Metro-Statement. Zum Ende richtete man noch eine Forderung an den Firmengründer: „Auch sollte er es endlich unterlassen, das Unternehmen Media-Saturn und damit letztlich auch alle Mitarbeiter durch unsachliche, öffentliche Vorwürfe zu beschädigen.“

Damit nicht genug: Auch die zwischen den Fronten Kellerhals und Metro eingeklemmte Geschäftsführung um Horst Norberg meldete sich gestern zu Wort: In einer verschwurbelten Mitteilung verkündete man die Neuausrichtung der Media-Saturn-Unternehmensgruppe. Man wolle sich nun noch stärker als Multichannel-Händler positionieren, weshalb man zahlreiche Aktivitäten in einer „Media-Saturn-E-Business-GmbH“ bündeln wolle.

Im Zuge der nebulös formulierten Neuausrichtung kommunizierte man auch gleich ein „Programm zur Reduzierung der Kosten in den Verwaltungsbereichen“. Was in PR-Sprache als „Personalanpassungen“ formuliert ist, ist nichts anderes als ein Stellenabbau am Standort Ingolstadt. Aus Unternehmenskreisen wird von 280 gestrichenen Arbeitsplätzen berichtet, von „Rasenmähermethode“ ist die Rede. Eine Media-Saturn-Sprecherin wiegelte dagegen ab: Es handele sich bei den Streichungen um „rund 200“ Stellen, „was angesichts von 65 000 Mitarbeitern sehr wenig ist, auch wenn es natürlich im Einzelfall schmerzlich ist“. Der Stellenabbau werde über „Fluktuation und sozial verträgliche Maßnahmen organisiert“.