''Seltsames Rechtsverständnis''

IG Metall kritisiert nach Mitarbeiterentlassungen Audi und zwei IT-Dienstleister

18.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:11 Uhr

Ingolstadt (DK) „Empört“ reagiert die IG Metall (IGM) auf die Kündigung mehrerer Mitarbeiter zweier IT-Dienstleister, die für Audi tätig sind. Sie seien entlassen worden, nur weil sie auf dem Rechtsweg Klarheit über ihr Beschäftigungsverhältnis wollten. Die Situation präsentiert sich – lässt man die Gegenseite ebenfalls zu Wort kommen – indes weit differenzierter, als die IGM-Erklärung vermuten lässt.

Es geht um rund 15 Angestellte, die seit vielen Jahren in der Informationstechnik tätig und für ihre Unternehmen über Werkaufträge bei Audi beschäftigt waren. Da sie räumlich in der Technischen Entwicklung des Autoherstellers untergebracht waren und die dortigen Büros samt Einrichtung benutzten, gingen sie laut Mitteilung der IG Metall Ingolstadt davon aus, dass „ein sogenannter Scheinwerkvertrag“ besteht. Als im März 2015 ein befristeter Auftrag ihrer Firma auslief, bewarben sie sich deshalb um eine Übernahme durch die Audi AG, weil ihr eigentlicher Arbeitgeber zunächst nicht mit einem Folgevertrag rechnen konnte.

Ein solcher kam dann aber doch zustande. Gleichwohl bemühten sich die 15 Beschäftigten weiterhin, von Audi übernommen zu werden, offenbar ohne Erfolg. Sie hatten ihre Interessen zunächst von einem Rechtsanwalt und ab Juli von der IG Metall vertreten lassen. Im Dezember reichten sie über die Gewerkschaft Klage gegen Audi ein, um die Situation klären zu lassen. Als das bekannt geworden sei, habe Audi ihnen den Zutritt zum Werk verboten, außerdem sei den Betroffenen von ihren Arbeitgebern, den IT-Dienstleistern, fristlos gekündigt worden, hieß es. Auch dagegen klagt die Gewerkschaft.

Nach Ansicht von Anja Brecht, handelt es sich bei diesem Vorgehen um „eine verbotene Maßregelung“, sie beruft sich auf das Bürgerliche Gesetzbuch. „Ohne Zweifel gehört es zu den Rechten von Arbeitnehmern, auch gerichtlich feststellen zu lassen, in welchem Beschäftigungsverhältnis sie stehen“, argumentiert die IGM-Arbeitsrechtsanwältin. Das Vorgehen von Audi und den IT-Dienstleistern zeuge „von einem seltsamen Rechtsverständnis“. Johann Horn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall, spricht gar von einem „Skandal“. Nach langwierigen, vergeblichen Versuchen, eine außergerichtliche Lösung zu suchen, sei das Vorgehen der Betroffenen „in einem demokratischen Land völlig normal“.

Die Mitarbeiter sind seit Januar ohne Arbeit, sie mussten von heute auf morgen ihre Ausweise, Schlüssel und alle Betriebsmittel abgeben. Einige waren zwölf Jahre und länger über ihre Firmen bei Audi beschäftigt. „Uns wirft man hinaus, und andere, die nichts mit dem Projekt zu tun hatten, werden von Audi übernommen. Das soll einer verstehen“, sagte einer der Gekündigten.

Audi gab sich bedeckt, was die Vorwürfe betrifft. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine Angaben zu einem laufenden Verfahren machen“, erklärte Unternehmenssprecherin Elise Pham. Der hauptbetroffene IT-Dienstleister ließ wissen, dass er die Mitarbeiter gerne behalten hätte. „Wir hatten ihnen nach der Auftragsverlängerung durch Audi sogar eine Gehaltserhöhung angeboten. Aber sie wollten unbedingt wechseln“, sagte die Geschäftsführerin. „Wir sind ab dem Zeitpunkt, als sie von der IG Metall vertreten wurden, nicht mehr an sie herangekommen. Sie wussten außerdem, was bei einer Klage auf sie zukommt. Ein Audi-Rechtsanwalt hatte sie schon im Sommer darauf hingewiesen. Wir haben sie entlassen, weil wir gegenüber unserem Hauptauftragsgeber ein Zeichen setzen mussten.“

Der Ausgang des Verfahrens liegt nun beim Arbeitsgericht. Ein Zeitpunkt für die Entscheidung ist noch nicht abzusehen.