Ingolstadt
Neuer Ärger für Rupert Stadler

MyRight kündigt Strafanzeige wegen Betrugs gegen den Audi-Chef an

10.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:39 Uhr

Audi-Chef-Rupert Stadler im Mai bei der Hauptversammlung in Neckarsulm. Jetzt droht ihm eine Strafanzeige. - Foto: Oppenheimer

Ingolstadt (DK) Für Audi-Chef Rupert Stadler wird die Luft im Zuge der Abgas-Affäre immer dünner: Der Rechtsdienstleister MyRight will gegen ihn Strafanzeige wegen "gewerbsmäßigen Betrugs" erstatten. Der Grund: seine Unterschrift unter angeblich Millionen falscher Übereinstimmungsbescheinigungen.

Von einer Übereinstimmungsbescheinigung dürften die wenigsten bisher etwas gehört haben - allerdings bekommt jeder Autokäufer dieses Papier seit einigen Jahren bei der Fahrzeugübergabe mit ausgehändigt. Es besagt, dass der Hersteller dem Käufer versichert, dass das Auto zum Zeitpunkt seiner Herstellung mit den in der EU geltenden Rechtsvorschriften übereinstimmte. Doch das sei nicht immer der Fall gewesen, sagt My-Right-Anwalt Christopher Rother von der Kanzlei Hausfeld. "Das Kraftfahrt-Bundesamt hat in seinen Bescheiden gegen Volkswagen und Audi festgestellt, dass die Fahrzeuge, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sind, nicht mit dem genehmigten Typ übereinstimmen."

Nun hat das Landgericht Krefeld laut MyRight ein Urteil veröffentlicht, das besagt, dass die Ausstellung einer falschen Übereinstimmungsbescheinigung einen Betrug zulasten des Fahrzeugkäufers darstellt. Der Käufer eines im Januar 2013 ausgelieferten Q5 mit einem 2,0-Liter-Dieselmotor Typ EA 189 wollte vor Gericht einen Rücktritt vom Kaufvertrag erstreiten. Die Rückabwicklung wurde wegen der abgelaufenen Gewährleistungsfrist vom Gericht abgelehnt. Allerdings steht dem Kläger Schadensersatz zu.

Beim Rechtsdienstleister MyRight interessiert man sich allerdings vor allem für etwas anderes: "Mit dem Urteil hat erstmals ein deutsches Landgericht ausgesprochen, dass die Ausstellung falscher Übereinstimmungsbescheinungen durch die Audi AG einen Betrug im Sinne des Strafgesetzbuches darstellt", sagt Anwalt Rother. Seiner Aussage nach unterschreibt Vorstandschef Stadler bei Audi höchstpersönlich jede Übereinstimmungsbescheinigung. Deshalb wolle man nun Strafanzeige gegen ihn erstatten wegen "des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs durch millionenfache Ausstellung falscher Übereinstimmungsbescheinigungen".

Hunderte Kunden seien auf den Rechtsdienstleister wegen des Wunsches nach einer Anzeige zugekommen, sagt Rother. Insgesamt sind bei MyRight rund 32 000 Menschen registriert. "Zwei Drittel VW- und ein Drittel Audi-Kunden", so der Anwalt. Derzeit würde die Strafanzeige gegen Stadler vorbereitet und in den kommenden Wochen bei der Staatsanwaltschaft München eingereicht. Bislang ist laut Rother noch keine Strafanzeige gegen Stadler erstattet worden. "Betrug ist eine Straftat und kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden", sagt er. "Aber es handelt sich um Millionen falsche Übereinstimmungsbescheinigungen. Und in besonders schweren Fällen sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren vor." Audi erklärte auf Anfrage unserer Zeitung, es liege noch keine Anzeige vor und zu Spekulationen wolle man sich nicht äußern.

Für Rother ist der Abgas-Skandal der "größte Betrugsfall der Geschichte." Es gehe um einen Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe. Er glaubt, dass es für Stadler eng werden wird - wenn man ihm einen Vorsatz nachweisen kann. Schließlich hätten die Kunden die Autos nie gekauft, wenn sie gewusst hätten, dass sie im Prinzip gar nicht zugelassen werden dürften. "Dann würde ich als Gericht das Strafmaß ausschöpfen. Stadler hat die Bescheinigungen schließlich unterschrieben."

Natürlich gelte auch für Stadler die Unschuldsvermutung. Er könne sich aber nur schwer vorstellen, dass die ganzen Manipulationen nur von einem kleinen Ingenieur ausgingen, sagt Rother. "Da fehlt mir ein bisschen die Fantasie."