Abschied von einem Ausnahme-Unternehmer

Media-Markt-Gründer Erich Kellerhals ist tot

27.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:01 Uhr
Erich Kellerhals ist tot. −Foto: DK-Archivfoto

Ingolstadt (DK) Erich Kellerhals war Mitgründer des Elektronikriesen Media-Markt. Aus einem kleinen Laden in Ingolstadt erschuf er einen Weltkonzern. Bis zuletzt kämpfte der 78-Jährige um die Macht im Unternehmen. Nun ist er gestorben.

Eines kam für Erich Kellerhals niemals, aber auch wirklich niemals in Frage: aufgeben. Bis zuletzt kämpfte der Mitgründer und Minderheitsgesellschafter des Ingolstädter Elektronikriesen MediaMarktSaturn mit all seiner Kraft um die Macht im Unternehmen. Viele Beobachter des jahrelangen Streits mit Metro glaubten zu wissen, den gebürtigen Ingolstädter könne in seinem Tatendrang nur eines stoppen: der Tod. So ist es nun tatsächlich gekommen. Wie aus Kellerhals’ Umfeld zu erfahren war, starb der 78-Jährige am ersten Weihnachtsfeiertag – angeblich das Herz.

Es ist das traurige Ende einer Karriere, wie sie nur ganz wenigen Menschen gelingt: 1963 gründet Erich Kellerhals gemeinsam mit seiner Frau Helga in Ingolstadt ein Geschäft, das Fahrräder, Ölöfen und Elektrogeräte im Sortiment hat. Über die Jahre entstehen neun Standorte in ganz Bayern. Später stoßen Walter Gunz und Leopold Stiefel hinzu – letzterer meldet sich auf eine Zeitungsanzeige. 1979 wird in München der erste großflächige Laden eröffnet – ab diesem Zeitpunkt firmiert das Unternehmen unter dem Namen Media-Markt. Damals beschäftigt der Elektronikhändler immerhin 140 Mitarbeiter, der Umsatz liegt bei rund 30 Millionen D-Mark. Weil die Grundstückspreise in den Städten immer weiter steigen, entscheidet man sich, Geschäfte auf der grünen Wiese zu eröffnen. Die Banken sind von dieser Idee wenig begeistert. „Alle haben uns abgeraten“, sagt Kellerhals in einem Interview mit unserer Zeitung. „Die Namen der Banker sind mir übrigens noch in gut in Erinnerung.“ Die Banker liegen falsch. Das Konzept wird ein voller Erfolg: „Die Kostenstruktur war solide, die Preise für die Verbraucher haben einfach gepasst.“

"Alle haben uns abgeraten."

Erich Kellerhals über das Konzept von Media-Markt

Grundlage des Erfolgs ist ein dezentrales Beteiligungsmodell: Die Geschäftsführer der Märkte sind am Unternehmen beteiligt. 1988 sind bereits neun Media-Märkte in Betrieb. Um das schnelle Expansionstempo halten zu können, entscheiden sich Kellerhals und seine Mitgesellschafter damals dazu, die Mehrheit der Anteile an die Kaufhof AG (später Metro) zu verkaufen – die wiederum bringt die Elektronikkette Saturn mit in das Unternehmen ein. Obwohl Kaufhof mehr als 75 Prozent der Anteile besitzt, behält Kellerhals ein Mitspracherecht – und genau daran wird sich mehr als zwei Jahrzehnte später ein endloser Streit entfachen.

Doch zunächst einmal kommen viele Jahre des Erfolgs. Media-Saturn expandiert in zahlreiche Länder, die Umsätze wachsen in den Himmel. Erst der aufkommende Online-Handel bremst das Unternehmen. Ein erster Versuch, in den Internethandel einzusteigen, scheitert. Der zweite Anlauf soll gelingen – doch er zieht sich hin. Zu lange. Während dieser Zeit gewinnen Händler wie Amazon mächtig Marktanteile. Das Hauptproblem von Media-Saturn ist die Frage, wie man die Marktleiter am Online-Geschäft beteiligt.

Richtig brenzlig wird die Situation, als die China-Expansion scheitert. 2010 eröffnet mit viel Tamtam der erste Media-Markt in Shanghai. Bis zum Jahr 2015 sollen im Reich der Mitte 100 Media-Markt-Läden entstehen – es werden keine zehn. Etwa zu dieser Zeit beginnt Kellerhals’ Fehde mit dem Mehrheitsgesellschafter Metro. Man schiebt sich gegenseitig die Schuld für die Probleme zu, bezeichnet sich gegenseitig als „Bremser“. Der damalige Metro-Chef Eckhard Cordes will sich schließlich von Kellerhals nicht mehr reinreden lassen und versucht, dessen Mitspracherecht in der Gesellschafterversammlung über die Einrichtung eines Beirats auszuhebeln – daraufhin eskaliert der Streit. Jahrelang treffen die Parteien vor verschiedensten Gerichten aufeinander – auch noch, als Cordes schon nicht mehr im Amt ist und dessen Nachfolger Olaf Koch die Metro-Geschäfte leitet.

Nach außen gibt sich Erich Kellerhals immer gelassen. Über den Streit sagte er einmal: „Es setzt mir nicht zu, aber ich bin doch sehr enttäuscht von unseren Partnern.“ Selbst als Kellerhals 2014 ausnahmsweise persönlich am Ingolstädter Landgericht zum Prozess erscheint, macht er äußerlich einen zufriedenen Eindruck. Doch wie es in einem Menschen aussieht, darüber kann man nur spekulieren. Vor allem, wenn die Gerichte meist zugunsten von Metro entscheiden. Hatte Kellerhals zu Beginn des Metro-Streits noch gerne in Interviews gegen seine Gegner ausgeteilt, fühlte er sich zuletzt von der Presse meist falsch dargestellt. Wollte man seine Sicht der Dinge erfahren, konnte man die aber recht einfach nachlesen: Seit einigen Jahren betrieb der Milliardär eine recht einfach gestaltete Homepage, auf der er regelmäßig ordentlich gegen die Metro vom Leder zog – und zwar bis ins kleinste Detail. Dieser Gepflogenheit widmete sich Kellerhals bis kurz vor seinem Tod: Der letzte Eintrag auf seiner Internetseite datiert vom 5. Dezember.

„Sein Tod ist ein großer Verlust. Unser Mitgefühl gilt seiner Ehefrau und seiner Familie.“

Christian Lösel Oberbürgermeister von Ingolstadt

Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) würdigte Kellerhals als „eine der großen Unternehmerpersönlichkeiten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Sein Tod ist ein großer Verlust. Unser Mitgefühl gilt seiner Ehefrau und seiner Familie.“ Einer der letzten Auftritte von Kellerhals in Ingolstadt war erst im September – als Gast beim 70. Geburtstag des Unternehmers Reinhard Büchl.

Auch Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) würdigte Kellerhals: "Ich war mit Erich Kellerhals seit vielen Jahren befreundet. Er war ein faszinierender Mensch und ein Kaufmann von internationalem Format. Mit der Gründung von Media Markt hat er Wirtschaftsgeschichte geschrieben. Erich Kellerhals gehört zu den ganz großen Söhnen der Stadt Ingolstadt. Wir verdanken ihm viel und sind unendlich traurig."

In einem Interview im Jahr 2011 hatte unsere Zeitung Erich Kellerhals gefragt, was er wohl in zehn Jahren machen werde. Seine Antwort: „Media-Saturn weiterhin mitgestalten – wenn ich gesund bleibe.“ Dieser Wunsch sollte ihm verwehrt bleiben.

Erfolgsgeschichte

Erich Kellerhals wurde am 8. November 1939 in Ingolstadt geboren. 1963 gründete er mit seiner Frau Helga in der Ingolstädter Innenstadt ein Geschäft, das unter anderem Radios und Fernseher im Angebot hatte. 1979 eröffnete er in zusammen mit Leopold Stiefel und Walter Gunz in München den ersten Media-Markt, viele weitere Filialen folgten. Heute hält die Familie Kellerhals nur noch eine Minderheitsbeteiligung. Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ schätzt das Kellerhals-Vermögen auf zwei Milliarden Euro.