Ingolstadt
Bleibt Stadler weitere fünf Jahre?

Heute verlängert der Aufsichtsrat wohl den Vertrag des Audi-Chefs morgen Hauptversammlung

16.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:07 Uhr

Ingolstadt/Neckarsulm (DK) Eine Hauptversammlung der Audi AG ist im Prinzip "a gmahde Wiesn" - wie man in Bayern so schön sagt. Weil 99,55 Prozent der Aktien im Besitz von Volkswagen sind, ist schon vorher klar, in wessen Sinne die Abstimmungen ausgehen werden. Langweilig werden dürfte es auf der diesjährigen Hauptversammlung des Ingolstädter Autobauers trotzdem nicht. Wenn morgen Vorstand und Aufsichtsrat auf dem Podium im Audi-Forum in Neckarsulm Platz nehmen, werden sie sich vor allem von den Aktionärsschützern einiges anhören dürfen: Diesel-Gate, der Ärger mit den chinesischen Händlern und der offenbar bevorstehende Verkauf der Tochter Ducati - an Themen mangelt es sicher nicht.

Vor allem Audi-Chef Rupert Stadler dürfte gehörig die Leviten gelesen bekommen. Wirklich kümmern dürfte ihn das aber nicht. Der Aufsichtsrat steht hinter ihm. Wenn das Gremium heute zu seiner Sitzung zusammenkommt, wird wohl auch über seine Vertragsverlängerung als Audi-Chef entschieden. Nach Informationen unserer Zeitung sieht alles danach aus, als ob sein Vertrag seit seinem Dienstantritt am 1. Januar 2007 zum zweiten Mal um volle fünf Jahre verlängert wird.

Sollte die Vertragsverlängerung wie zu erwarten durchgewunken werden, wird das bei den Aktionärsschützern auf wenig Gegenliebe stoßen. Andreas Breijs von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) wird in seiner Rede auf der morgigen Hauptversammlung nicht mit Kritik an der Personalie Stadler sparen. Breijs war schon sauer aufgestoßen, dass der Audi-Chef trotz aller Probleme vor etwa zwei Monaten vom Aufsichtsrat noch einmal ausdrücklich das Vertrauen ausgesprochen bekommen hatte. "Das kann ich nicht nachvollziehen", sagt Breijs. Er frage sich, wie ein Mann aus der "Piëch-Winterkorn-Ecke" nach dem Abgas-Skandal überhaupt noch im Amt sein könne. "Wer, wenn nicht Stadler, ist dafür verantwortlich" Besonders, dass Stadler von den Gewerkschaften gestützt werde, sei für ihn unverständlich.

Doch Stadler wird nicht das einzige Thema sein, das Breijs ansprechen will. Er wolle unter anderem auch wissen, warum der Jones-Day-Bericht nicht veröffentlich worden sei. Eine besonders spannende Frage sei, was mit den Diesel-Autos aus den USA geschehe, die Audi zurückkaufen muss.

Auch Felix Schneider von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) will den Umgang mit dem Diesel-Skandal kritisieren. "Die interne Aufarbeitung ist gescheitert", sagt der Aktionärsschützer. Eigentlich hätte er schon vergangenes Jahr gedacht, dass man einen Schlussstrich ziehen könnte. "Doch ständig kommen neue Überraschungen."

Und dann ist da noch die Sache mit Ducati. Die Audi-Tochter dürfte wohl schon bald verkauft werden. Bei Volkswagen will man das Portfolio bereinigen - ein Motorradbauer passt da offensichtlich nicht mehr ins Bild. Der Zukauf der italienischen Marke war vor allem ein Lieblingsprojekt von Ferdinand Piëch. Wirklich groß ins Gewicht fällt der Gewinn der italienischen Marke nicht aus: Gerade mal 25 Millionen Euro erwirtschaftete Ducati im vergangenen Jahr. Die operative Umsatzrendite lag mit 3,4 Prozent noch einmal deutlich unter der des Audi-Konzerns mit 5,1 Prozent.

Ebenfalls nochmals aufs Tableau kommen dürfte die Personalie Stefan Knirsch. Der Ex-Entwicklungschef verließ Audi im Zuge der Abgas-Affäre - mit einer Abfindung in Höhe von 3,8 Millionen Euro. Bei seinem Abschied war er gerade einmal ein dreiviertel Jahr im Amt. Laut Tagesordnung wird Knirsch auf der Hauptversammlung nicht entlastet. Wegen "der noch andauernden Untersuchungen in der Dieselthematik", wolle man dies vertagen.

Die anderen Vorstände sowie der Aufsichtsrat sollen dagegen entlastet werden. Ein Aktionär hat einen Gegenantrag eingereicht: Beiden Gremien solle die Entlastung verweigert werden. In der Diesel-Affäre habe man eine "umfassende und transparente Aufklärung" versäumt, heißt es in dem Antrag. Durch die Ermittlungen sei inzwischen deutlich geworden, "dass dem Vorstand die jahrelange systematische Manipulation kaum verborgen bleiben konnte".

Außerdem wird über einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag über die Autonomous Intelligent Driving abgestimmt - einer 100-prozentigen Audi-Tochter mit Sitz in München, die am Thema automatisiertes Fahren forscht. Auch über eine Personalie wird entschieden werden: Hiltrud Dorothea Werner wird offiziell in den Aufsichtsrat einziehen - bislang sitzt sie dort als gerichtlich bestellte Vertreterin.

Diesel-Krise hin, China-Ärger her - ein paar Dinge dürften auch heuer wieder sein wie jedes Jahr. Natürlich wird der "Klassiker" zur Sprache kommen: Der Gewinnabführungsvertrag mit Volkswagen. Zu viel Geld fließt nach Meinung der Kleinaktionäre nach Wolfsburg - stattdessen sollten die Anleger lieber eine höhere Dividende ausgezahlt bekommen. Und wirkliche Antworten auf die Fragen der Aktionäre wird es auch heuer vermutlich nicht geben. Doch gegen Mittag ist das dann vielen Gästen sowieso egal - sie zieht es Richtung Buffet. Es gibt schwäbische Spezialitäten: Auf der Karte steht unter anderem ein Linsengericht mit Spätzle - und Maultaschen.