Ingolstadt
Audi steht unter Strom

Absatzrekord, Investitionen wie nie und ein "sehr ordentliches Jahresgeschäft" – Autobauer zieht Bilanz

09.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:34 Uhr

Ingolstadt (DK) Ein Jahr des Übergangs sollte 2014 für Audi werden – möglicherweise mit einigen Bremsspuren. Die VW-Tochter hat aber die Herausforderungen allem Anschein nach besser bewältigt als erwartet. Vorstandschef Rupert Stadler zieht heute in Ingolstadt Bilanz – und das wohl recht entspannt.

Einen Rekord hat Audi auf alle Fälle schon einmal in der Tasche: Im vergangenen Jahr verkauften die Ingolstädter Autobauer weltweit rund 1,74 Millionen Autos. Das waren 10,5 Prozent mehr als 2013 und knapp 80 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Die Marke mit den vier Ringen erfreut sich also rund um den Globus wachsender Beliebtheit.

Allerdings haben sich auch bei der VW-Tochter die Krisen in Nah- und Mittelost sowie in der Ukraine und Russland bemerkbar gemacht. Vor allem der einst mit großen Hoffnungen verbundene russische Markt lässt wegen der westlichen Sanktionen und der Wirtschaftskrise im Lande immens nach. Zudem verliert der chinesische Markt, auf dem die Ingolstädter mittlerweile fast ein Drittel ihrer Autos unterbringen, nach Jahren des Booms an Schwung. Dafür geht es in den USA tüchtig bergauf, und selbst in Europa sehen die Verkaufszahlen wieder besser aus.

Damit kommt die Marke von zwei Millionen verkauften Autos im Jahr rasant näher. Audi-Chef Rupert Stadler stapelte kürzlich zwar noch etwas tief: Das Absatzziel habe man „irgendwo im Sichtbereich Richtung 2020“. Doch wenn die Truppe von Vertriebschef Luca de Meo so weitermacht wie bisher und der Euro niedrig bleibt, könnten die Ingolstädter bereits Ende 2016 die Korken knallen lassen.

Das haben die Münchner Konkurrenten allerdings schon im vergangenen Jahr getan: BMW verkaufte mit seiner Kernmarke sowie Mini und Rolls-Royce weltweit 2,1 Millionen Autos – knapp acht Prozent mehr als im Jahr zuvor. Und mit einem Plus von knapp 13 Prozent auf 1,65 Millionen abgesetzte Fahrzeuge dreht Mercedes-Benz dank einer Vielzahl neuer Modelle wieder kräftig auf. Das Rennen um die Spitzenposition im Premiumsegment bleibt also spannend.

Aber es geht dabei nicht nur um Verkaufszahlen. Ebenso wichtig und noch spannender ist die Frage, wie gut die Hersteller an ihren Karossen verdienen. Bislang hatte Audi hier die Nase vorne. Doch verloren die Ingolstädter mangels neuer, gewinnträchtiger Modelle dabei an Schwung: Die operative Umsatzrendite sackte 2013 von zuvor 11,0 auf 10,1 Prozent ab.

Bei voraussichtlich gut 53 Milliarden Euro Jahresumsatz und einem operativen Ergebnis in der Größenordnung von etwa 5,4 Milliarden Euro im vergangenen Jahr sollte Audi eine Rendite etwas über dem Niveau von 2013 herausgefahren haben. Audi-Chef Stadler sprach jüngst im Rückblick auf 2014 immerhin von einem „sehr ordentlichen Jahresgeschäft“.

Ob die VW-Tochter damit bei der Profitabilität vorausfährt, steht gleichwohl dahin: Mercedes-Benz blieb im vergangenen Jahr zwar mit acht Prozent Rendite auf Distanz, BMW könnte Audi jedoch überholt haben. Denn die Münchner hatten 2014 einen Lauf: In den ersten sechs Monaten schnellte deren operative Umsatzrendite auf 11,7 Prozent hoch, während sich die Ingolstädter Wettbewerber mit zehn Prozent begnügten.

Es gibt also weiter einiges zu tun für Audi. Dabei nimmt das Lastenheft noch an Umfang zu: Nicht nur das Thema CO2-Minderung gewinnt mit schärferen EU-Vorgaben an Dringlichkeit. Auch die weitere Vernetzung des Autos sowie das autonome Fahren erhöhen den Druck – zumal nun auch noch die US-Giganten Google und Apple im Rückspiegel auftauchen und ins Autogeschäft drängen. So legt die VW-Tochter für den Zeitraum von 2015 bis 2019 mit 24 Milliarden Euro ein Investitionsprogramm auf, das seinesgleichen sucht in der Unternehmensgeschichte.

Auf dem Autosalon in Genf fuhr Audi jetzt eine Flotte von sieben Weltneuheiten auf, an der sichtbar wird, wohin unter anderem die Reise geht. Zwar stechen noch immer die PS-Boliden der neuen R8-Sportwagen oder des RS3 Sportback hervor, doch kommt die Marke mit den vier Ringen mit den Plug-in-Hybriden Q7 e-tron quattro, R8 e-tron oder dem Konzeptauto Audi Prologue Avant zunehmend elektrisch voran. Auch beim Thema Brennstoffzelle ist wohl einiges zu erwarten, kauften die Ingolstädter erst kürzlich einen ganzen Packen entsprechender Patente auf. Zudem steht mit dem A7 Sportback h-tron auch schon ein Wasserstoffauto auf den Rädern. Und in den USA ließ Audi schon einmal einen A7 namens Karl autonom von Stanford im Silicon Valley zur Elektronikmesse CES nach Las Vegas fahren.

Die Zukunft lässt also bei der Marke mit den vier Ringen einiges erwarten. In Sichtweite ist jedoch der Start der margenträchtigen A4-Reihe. Nachdem die Neuauflage des Mittelklasseautos zwecks Nachschärfung der Linien noch einmal in die Technische Entwicklung geschickt wurde, soll es nun ab Herbst den Konkurrenten Paroli bieten. Ebenso steuern der TT Roadster, der überarbeitete Q3 sowie der RS Q3 neu auf den Markt. Und dann wird in Neckarsulm schon der Start des neuen A8 vorbereitet. Die Zeiten des „Übergangs“ sind mit diesem Jahr bei Audi wohl vorbei.